2296 - In der Hölle von Whocain
gemeint hatten. Doch dem Gefasel von Austausch und Versöhnung der Kulturen traute er ohnehin nicht.
Attache der Motana? Botschafter am Hof der Stellaren Majestät? Ha! Da steckte so gut wie sicher irgendeine Teufelei 'dahinter.
Aber sollte er etwa, bis er herausgefunden hatte, worum es wirklich ging, auf einen kleinen Spaß verzichten?
Das Kolosseum war nach Geront Detrakk benannt, einem legendären Trakenführer, der in grauer Vorzeit auf Tan-Eis regiert hatte. Es besaß die Form eines Dreiecks mit abgerundeten Ecken und lag unter freiem Himmel.
Auch die Zuschauerränge, die zweihunderttausend Kybb Platz boten, waren nicht überdacht, wurden aber von mächtigen Ventilatoren schneefrei gehalten. Wer über einen Dienstgleiter verfügte, landete damit auf einem der oberen Decks und sah sich von dort die Spiele an. Die breite Masse auf den eisigen Bänken hielt sich mit Raufereien und Vergorenem warm.
Die beste Stellfläche auf dem höchsten Deck, über der Ecke der Heimmannschaft, wurde für Eins-Kataloge freigehalten. Dorthin dirigierte Letoxx das Antigrav-Oval.
Wie er erwartet hatte, war der Ehrenplatz unbesetzt. Viele Führungspersönlichkeiten befanden sich in Gefangenschaft der Besatzer.
Außerdem hatte er beim Anflug den Ankündigungstafeln entnommen, dass heute keine besonderen Attraktionen auf dem Programm standen. Darum war das Kolosseum auch nur zu zwei Dritteln gefüllt.
Normalerweise brach die Menge in Jubel aus, wenn jemand auf dem reservierten Areal landete. Nicht so jetzt. Angesichts des lächerlich aufgeputzten Fluggeräts und der darauf befindlichen Motanoiden hielten sich die Ovationen in Grenzen. In den verhaltenen Applaus mischten sich Unmutsäußerungen und spöttisches Gelächter.
Nachdem sie aufgesetzt hatten, sagte Letoxx zu Siderip: „Wir müssen dem Volk winken, Kollege Attache. Das wird von uns erwartet."
Er liebte es nicht, sich vor der niederrangigen Meute zu produzieren. Doch ihm blieb keine Wahl.
Dass er mit den Siegern der Schlacht um Tan-Jamondi kollaborierte, würde sich so oder so herumsprechen. Da war es besser, der schlechten Nachrede gegenzusteuern, wenn sich eine günstige Gelegenheit bot.
Er nahm Siderip bei der Hand und zog ihn mit sich zur Vorderkante der Plattform, Zwischen den närrisch bunten Fahnenmasten blieben sie stehen. Die Menge verstummte erwartungsvoll.
Aber nur kurz. Von irgendwoher kam ein Trinkbehälter geflogen, prallte vom Schutzschirm ab und trudelte zurück in die Tiefe. Höhnisches Gejohle quittierte die Aktion.
Letoxx winkelte den linken Unterarm ab und ließ ihn am Ellbogengelenk mehrmals um die Längsachse rotieren. Diese Geste, die auf dem zentralen Holowürfel in Nahaufnahme zu sehen war, brachte großmütige Belustigung zum Ausdruck.
Das verblüffte den Pöbel und stopfte den Spöttern das Maul. Weitere Wurfgeschosse blieben aus.
Nun legte er die Hand mit gespreizten Fingern auf die Brust. Er zischte Siderip, dessen weiche Fingerchen er immer noch mit seiner Rechten umschlossen hielt, aus dem Mundwinkel zu: „Mach es mir seitenverkehrt nach!"
Der Terraner tat ihm den Gefallen. Sodann streckten sie symmetrisch, nahezu synchron, die freien Arme waagrecht aus. Das besagte, dass sie Gleichgestellte waren, keiner dem anderen unterworfen.
Geraune erhob sich, denn Letoxx hatte damit signalisiert, dass er mitnichten den Status eines Gefangenen bekleidete. Vielmehr ging deutlich erkennbar die Initiative von ihm aus. Dass der Vertreter der Besatzungsmacht ihn wie eine willfährige Puppe imitierte, bekam selbst der letzte Prothesenputzer mit.
Der Clou kam jetzt.
Letoxx reckte die Rechte in die Höhe. Vorsichtig, denn er hätte Siderips linken Arm mit Leichtigkeit auskegeln können. Gern hätte er das getan, oder dem Schmächtigen die Finger zu Brei zerquetscht.
Doch das wäre töricht gewesen. Unnötig sowieso.
Seine kurze, wortlose Kundgebung erfüllte auch ohne Anwendung körperlicher Gewalt ihren Zweck. Das Zeichen, das er setzte, riss das Publikum förmlich von den Bänken. Die Massen tobten vor Begeisterung.
Kurz wechselte Letoxx in den Trakenmodus, um die Stimmung im Kolosseum noch intensiver zu erleben. Die elektromagnetische Euphorie, emittiert von fast dreihunderttausend Kunstarmen, ging ihm durch Mark, Bein und Schaltkreis. Für einen Moment genoss er das Gefühl, ganz oben zu stehen; vergaß die missliche Situation, in der er steckte, und den Widerwärtigen, Stachellosen an seiner Seite.
Dann stellte er zurück auf Optik, und
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