2297 - Unter dem Kondensator-Dom
ihr Auftreten ohnehin unverändert: Der Kulturattache der Motana von Jamondi und sein Gefolge unternahmen, unverdrossen von den Anschlägen des Vortags, eine weitere Goodwill-Tour im Sinne der Völkerverständigung.
Ihr ungewöhnliches, mit bunten Fahnen und Transparenten geschmücktes Fluggerät sowie die wallenden Kostüme waren der Darstellung einer Motana-Abordnung aus der Zeit vor den Kybernetischen Nächten nachempfunden. Hajmo versprach sich von diesem Aufzug, dass er bei den Kybb eine positiv besetzte Assoziation hervorrief. Ob deren „kollektives Gedächtnis" allerdings, wie der junge Xenopsychologe hoffte, viele Jahrtausende zurückreichte, blieb dahingestellt.
Gorm maßte sich diesbezüglich kein Urteil an. Er war Soldat. Seine Order lautete, Siderip und Karonadse bestmöglich zu beschützen. Dass die Eskorte um die Shifts verstärkt worden war, linderte seine Besorgnis ein klein wenig.
Trotzdem gingen sie ein hohes Risiko ein. Die Flotten der Allianz beherrschten das Tan-Jamondi-System; doch der dicht besiedelte dritte Planet Tan-Eis war ein Pulverfass sondergleichen.
Ein militärischer Einmarsch in großem Maßstab wäre von den Kybb ziemlich sicher als Provokation aufgefasst worden und hätte den Widerstand erst recht angeheizt. Die gewählte Vorgehensweise stellte einen Kompromiss dar, mit dem Gorm leben konnte.
Im Gegensatz zum letzten Mal hatten sie nicht schon vorab über die Medien verbreiten lassen, wohin sie sich wenden würden. Ihr Ziel war auch nicht die Megalopolis Whocain, sondern eine Trakenstadt jüngeren Ursprungs namens Kinksoin, auf der anderen Hemisphäre gelegen.
Und sie würden keine Sportstätte und keine Universität besichtigen, sondern eine Kaserne.
Aus der Höhe von dreitausend Metern über Grund erschienen Gorm die Unterschiede zu Whocain marginal. Klotzige Gebäudekomplexe erstreckten sich in alle Himmelsrichtungen. Kalte Blautöne überwogen.
Die gesamte Oberfläche war verbaut, nicht die Spur einer Vegetation zu erkennen. Von der ursprünglichen Natur des Planeten hatten die Kybb nur Schnee und Eis übrig gelassen. „Da vorn ist es", sagte Hajmo. „Du kannst uns anmelden, Filana."
Der sechseckige Innenhof der Kadettenschule war eine von wenigen Freiflächen. Gorms Untergebene orteten auf Hochtouren. Erst nachdem sie sichergestellt hatten, dass keine unmittelbare Bedrohung vorlag, landete der kleine Konvoi.
Die MELBAR KASOM und zwei weitere VESTA-Kreuzer bezogen über ihnen Position.
Shifts, Kampfroboter und Raumsoldaten sicherten das Gelände. Es kam zu keinen Zwischenfällen.
Die Überrumpelungstaktik schien aufzugehen. Vorerst
3.
Die Schule, das Leben und der Rest Sie verbrachten nur zwei knappe Stunden in der Ausbildungskaserne. Hajmo Siderip erschien es wie eine halbe Ewigkeit.
Nachdem sich der Schulleiter einigermaßen vom Schock des unerwarteten, erst im letzten Moment angekündigten Besuchs erholt hatte, improvisierte er einen Rundgang für die Delegation. Sein sehr helles Stachelkleid glitzerte vor Schweiß. Er roch nach einer Mischung aus Gewürznelken und Buttersäure, bewegte sich würdevoll und benahm sich erstaunlich entgegenkommend. Sein Name war Pintar Budul. „Ihr interessiert euch also für unser Bildungswesen", sagte er. „Das ist schön. Die Bereitschaft, vom und über den anderen zu lernen, macht den ersten Schritt zur Versöhnung aus, nicht wahr?"
Budul sprach das Jamisch melodiöser, weniger keifend und abgehackt als die meisten seiner Artgenossen. Unter anderen Umständen wäre Hajmo der Schulleiter auf Anhieb sympathisch gewesen. Doch Argwohn, Nervosität und die Furcht vor weiteren Anschlägen überwogen.
Wie traurig, dachte er. Eine winzige terroristische Minderheit vergiftet das Gesprächsklima und bringt uns dazu, selbst im gutwilligsten Gegenüber einen hinterhältigen Meuchelmörder zu wittern. „Ganz meine Meinung", antwortete er. Sowohl Gorm als auch Filana zogen es vor zu schweigen. Dies war eindeutig Hajmos Zuständigkeitsbereich. „Aus genau diesem Grund haben wir unsere Initiative gestartet."
Seine Worte kamen ihm schal und verlogen vor. Hajmo liebte es, sich mit Angehörigen fremder Völker auszutauschen. Gewöhnlich konnte er gar nicht genug davon kriegen. Doch hier und jetzt musste er sich zwingen, den Kybb-Traken nicht brüsk abzuwimmeln. Oder ihn ähnlich feindselig anzustarren wie Rok Irakun, Hajmos persönlicher Leibwächter, der nicht von seiner Seite wich.
Zwanzigtausend Kadetten, erklärte Pintar
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