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2297 - Unter dem Kondensator-Dom

Titel: 2297 - Unter dem Kondensator-Dom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Budul beflissen, würden an seinem Institut unterrichtet. Man bemühe sich, ihnen nicht bloß Wissen zu vermitteln, sondern auch ihren Charakter zu formen und ihnen die Grundwerte der trakischen Gesellschaft beizubringen: Hingabe an den Berufsstand und das Gemeinwesen, Sorgfalt und Ordnung am Arbeitsplatz, Mäßigung und shonguthene Selbstdisziplin in allen Lebensbereichen. „In dem Alter, in dem wir sie bekommen, sind sie natürlich besonders bockig und abenteuerlustig", sagte er und klapperte mit den vier Fingern seiner linken Kunsthand, was einem Augenzwinkern entsprach. „Also bieten wir ihnen vielerlei Möglichkeiten, sich auszutoben, vor allem Kampf spiele. Kennt ihr >Armabschlagen    Hajmo dachte an die Komiker im Kolosseum und wechselte rasch das Thema. „Diese Büste - stellt sie Geront Detrakk dar?"
    Er hatte gestern eine Statue mit denselben markanten Gesichtszügen gesehen. Der vorspringende, entfernt an die Schnauze einer Hyäne erinnernde Kiefer war schmal und wenig ausgeprägt, das Augenband wurde von einer gezackten Narbe unterbrochen. „In der Tat." Der Schulleiter neigte den Kopf. „Ich bin beeindruckt, dass du eines unserer Idole aus grauer Vorzeit kennst."
    „Die Geschichte deines Volkes übt eine große Faszination auf mich aus; insbesondere die ruhmreiche gemeinsame Vergangenheit der Kybb und Motana. Als unsere Völker noch verbündet waren."
    „Das ist schon fast nicht mehr wahr. Und, wie du dir denken kannst, seit Jahrtausenden nicht mehr Teil des Lehrstoffs."
    „Aber dir ist diese Ära ein Begriff?"
    „Ich habe mich nie gegen die offizielle Doktrin gestellt. Das wäre ja verboten, und ich hänge an meinen Prothesen." Die Finger klapperten. „Lass es mich so ausdrücken: Privat pflegte ich immer eine Vorliebe für unorthodoxe Studienrichtungen."
    Abermals keimte Zuneigung für den hellstachligen Kybb-Traken in Hajmo auf. Und abermals behielten Stress, Ängstlichkeit und Skepsis die Oberhand.
    Pintar schien den Inbegriff des wohlwollenden, ein wenig verschmitzten Mentors zu verkörpern. Wenn man weiße Haartracht mit Weisheit gleichsetzte womit man schon bei Menschen total danebenliegen konnte. Gar Außerirdische nach dem ersten Eindruck zu beurteilen war der fatalste Fehler, den ein Xenopsychologe begehen konnte. Vor der Fallgrube des Anthropomorphismus wurde bereits bei der Einschreibung gewarnt.
    Hajmo verwarf also sogleich wieder den verlockenden, tröstlichen Gedanken, unverhofft einen verwandten Geist getroffen zu haben, und sagte unverbindlich: „Ich bin zuversichtlich, dass sie dass wir bald wieder Seite an Seite im Dienste der Schutzherren von Jamondi für Frieden, Freiheit und Prosperität eintreten werden."
    Pintar Budul sah ihn forschend an. „Klingt gut. Glaubst du das wirklich?"
    Hajmo fühlte sich ertappt. Die Floskel war ihm leicht von den Lippen gegangen; er hatte sie nicht zum ersten Mal heruntergebetet. „Ich hoffe es sehr", ergänzte er etwas leiser. „Und ich versichere dir, dass ich mich nach bestem Wissen und Gewissen dafür einsetzen werde."
    Die Nachbilder der mandelförmigen, durchdringend hellblauen Augen brannten auf Hajmos Netzhaut, noch lange nachdem der Schulleiter den Kopf gesenkt hatte.
    Spex empfand das Äquivalent von Übelkeit. Diese Süßholzraspelei zerrte an seinen Neuronalsträngen.
    Die Techniken des Tarnens, Täuschens, Blendens und Vorspiegelns waren ihm wohlvertraut.
    Seine ganze Existenz als parasitärer „Geist in der Maschine" baute darauf auf, dass das jeweilige Wirtssystem und dessen Betreiber nicht spitzkriegten, was/wer sich bei ihnen eingenistet hatte.
    Doch im virtuellen Raum lief das Protokoll nie so furchtbar geschwätzig und schwulstbeladen ab. Und vor allem viele Millionen Mal schneller. Während Siderips für analoge Verhältnisse flinkes Mundwerk einen einzigen Konsonanten hervorwürgte, hätte das Specter eine Unzahl hoch komplizierter Rechenoperationen ausführen können.
    Bloß: Wozu?
    Alle potenziellen Resultate kannte es, auswendig wie inwendig.
    Spex langweilte sich. Diese Zerdehnung der Zeit ins grauenhaft grob gerasterte Ermessliche verlangte ihm eine Engelsgeduld ab, die es nicht besaß, auch in seiner früheren, leiblichen Inkarnation nie besessen hatte.
    Zum
     
    3816.
     
    Mal zählte es die aus Filanas Blickwinkel sichtbaren Stacheln des Schulmeisters: 6179; vier waren seit dem letzten Durchgang abgefallen. Die gleichzeitige Kontrolle von Siderips kurzen, krausen Haaren erbrachte ein ähnlich sensationelles

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