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2297 - Unter dem Kondensator-Dom

Titel: 2297 - Unter dem Kondensator-Dom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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einer halben Ewigkeit als kaputt und völlig wertlos eingestuft", erklärte er. „Aber ich bringe es nun mal nicht über die Prothesen, irgendetwas wegzuwerfen, und meine Vorgänger dürften dieselbe Einstellung gehabt haben."
    Bis zur Decke türmte sich mit einer fingerdicken Staubschicht bedeckter Schrott. Filana wechselte in den Trakenmodus, doch das brachte exakt nichts. Alle hier gebunkerten Rechner und Peripheriegeräte waren energetisch tot. Strom floss ausschließlich in den Wandleitungen. „Das sind Dutzende von defekten Apparaten und Komponenten", dachte die Positronikerin entmutigt. „Bis wir die alle wieder so weit in Gang gebracht haben, dass du sie untersuchen kannst, vergehen Tage."
    „Kommt nicht in Frage. Ich will hier so rasch wie möglich raus und endlich wieder in einer anständigen Biopositronik mein Wigwam aufschlagen. Also lass dir was einfallen. Aber dalli!"
    Ausgerechnet Siderip, der Psycho-Schwätzer, fand die Lösung. Wie die sprichwörtliche blinde Henne das Korn: durch hektisches, wahlloses Herumpicken.
    Verzückt über prähistorisches Design mit möglicherweise motanischen Einflüssen faselnd, wischte er Staub und Spinnweben von allen erreichbaren Gerätefronten. Bald waren seine weißen Diplomaten-Handschuhe trotz der schmutzabweisenden Oberflächenstruktur schwarzverdreckt. Doch Hajmo achtete nicht darauf, sondern putzte wie ein Besessener. Der Schulleiter und die beiden Leibwächter glotzten ihn an, als habe er den Verstand verloren.
    Nach Spex' grober Schätzung hatte der Xenopsychologe 85,39 Prozent der Verschalungen gesäubert, als er plötzlich innehielt. Für einen winzigen Moment nur, dann wischte er mit einem Seitenblick auf Pintar Budul noch ein Weilchen weiter.
    Filana, die zwar zuweilen reichlich zickig, doch nicht auf den Kopf gefallen war, zoomte die Stelle, an der Hajmo gestockt hatte, näher heran. Kaum erkennbar hoben sich verblasste Schriftzeichen ab, sieben an der Zahl. Sie ergaben ein Wort. TRAKTAT. „Eine spontane Eingebung", sollte sich Siderip hinterher selbst beweihräuchern. „Nicht sehr Erfolg versprechend, aber einen Versuch war's wert."
    Siebzig Minuten benötigten sie, um den unscheinbaren Rechner frei zu räumen und die glücklicherweise relativ geringen, allem Anschein nach von einem Strahlenschuss herrührenden Schäden zu beheben. Hajmo war mit dem Schulmeister zur unteren Ebene der Mediathek zurückgekehrt. Nur Filanas Leibwächter blieb bei ihnen. Sollte sein. Der mindestens sechsschrötige Muskelmann sah nicht aus, als stünde zu befürchten, dass er aus ihrem Verhalten Rückschlüsse auf einen unkonventionellen Besucher in Karonadses Gehirn ziehen könnte.
    Von der Positronik mit der TRAKTAT-Kennung führte ein dickes, doch schadhaftes Kabel zur Wand. Nachdem sie auch das geflickt hatten und die Stromversorgung gegeben war, schaltete Filana den Rechner ein. „Bingo!", rief sie gleich darauf.
    Das Specter merkte sofort, dass sie nicht vergebens geschuftet hatten.
    Der Zugangsknoten war schlicht gestrickt, nicht viel mehr als ein Ein- und Ausgabeport. Die Netzwerkanbindung wurde über denselben Kabelstrang gewährleistet wie die Energiezufuhr.
    Was bedeutete, dass das alte Hybrid-System das Stromnetz zur Datenübertragung nutzte.
    Nicht ungewöhnlich - wenn man in Betracht zog, dass die damaligen Betreiber ihre elitäre Kommunikationsstruktur vor der überwiegenden Mehrheit der Artgenossen zu verbergen trachteten. Eigens verlegte Leitungen hätte jedes Trakenkind wahrgenommen.
    Der Knoten entsprach den Beschreibungen. Alles war massiver, derber, robuster ausgelegt, die Sensualisierung holzschnittartig. Da hatte jemand gediegener Wertarbeit den Vorzug gegenüber stilistischer Eleganz gegeben.
    Das Specter hängte sich an die erste Impulsfolge, mit der sich der Knotenrechner beim Netzwerk anmeldete. Zusammen glitten sie durch die Tunnelröhren und sechsarmigen Kreuzungen.
    Spex fühlte hinter sich. Ja. Da war die dünne, unsichtbare „Nabelschnur", die es mit seinem Seelenanker in Filanas Ranzen verband. Solange diese Verbindung bestand, hatte es wenig zu fürchten. Wurde sie jedoch unterbrochen, verlor es nicht nur schlagartig an psychischer Kapazität, sondern auch an Vitalenergie.
    Dann blieb ihm nur noch eine sehr beschränkte Frist bis zur Annihilierung. Die das unwiderrufliche Ende bedeutete: Ein „Neustart" war ohne das mobile Bewusstsein genauso unmöglich wie ohne das bioponische Ankerherz.
    Die Impulsfolge begegnete immer mehr

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