2298 - Bericht eines Toten
die Erde schützen. Alles andere ist Gon-O egal. Ob dabei ein Planet draufgeht, interessiert ihn nicht."
Verdammt, sie hatte doch einen Befehl erhalten! Warum setzte sie ihn nicht um? Angriff oder Abwarten?
Bitte lass es keinen Angriff sein!, dachte ich inbrünstig.
Dreiundfünfzig Schiffe. Gegenüber sechzigtausend!
Die Zahlen trogen. Die vermeintliche Übermacht bestand nur auf dem Papier. Wahrscheinlich würde schon ein einziger Kybb-Titan die gesamte terranische Flotte vernichten können.
Wenn wir nicht die Dissonanzkanonen gehabt hätten.
Ein Krächzen ließ mich herumfahren. Das Gesicht unseres Waffenleitoffiziers glänzte im grellen Licht von Kode Rot. „Geschütze geladen und schussbereit!" Ertan hob eine Hand und bildete mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis.
Ich grinste schwach. Dieser Vollidiot! Er scheint geradezu darauf zu brennen, in eine Schlacht zu ziehen, die wir nicht überleben können! „Der Resident geht davon aus, dass von den dreiundfünfzig Kybb-Titanen nur die drei außerhalb der >Sonnenschale< zur Verteidigung des Solsystems zur Verfügung stehen."
Harinta ließ auf einem Holo die drei Einheiten in Blau aufleuchten. „Einer bewacht das Stock-Relais. Wir wissen, dass sich Gon-Orbhon darin aufhält. Es liegen Berechnungen vor, dass dieser Titan mit achtundneunzig Prozent Wahrscheinlichkeit seine Position nicht verlassen wird. Wir haben es also nur mit zwei potenziellen Gegnern zutun!"
Immer noch genug, um ... Bevor ich den Gedanken vollenden konnte, durchdrang mich ein seltsames Gefühl. Die Holoanzeigen verschwammen vor mir, wurden zu einem unleserlichen Gewaber.
Hatte Ertan mir etwas in den Kaffee geschüttet? Ich rieb mir die Augen. „Alles in Ordnung, Dares?"
Jonter Smirete, mein Stellvertreter, sah mich aufmerksam an.
Ich nickte heftig und lachte gequält. In meinem Kopf dröhnte es, und die Kommandozentrale der FRANCISCO DE ORELLANA verzerrte sich zu einem lang gezogenen Schemen.
Wann gibt Harinta endlich den Befehl weiter?
Ich schüttelte den Kopf, um das seltsame Bild zu vertreiben, doch es blieb. Nein, dachte ich.
Ausgerechnet jetzt musste mein Körper versagen ... oder mein Geist. Ich war nicht bereit, mir diese Schwäche einzugestehen. Auf keinen Fall würde ich die Ortung verlassen. Hier kriegte ich wenigstens mit, was geschah. Auf der Medostation würde ich nichts mitbekommen, nichts tun können ... „Dares!" Schneidend durchdrang Harintas Stimme den Nebel, der in der Zentrale wogte. „Lass dich ablösen! Ich brauche Ortungen!" Ihrem Blick entging nichts. Sie hatte mitbekommen, dass mit mir etwas nicht stimmte. Ärger stieg in mir empor.
Ein seltsames Leuchten umgab mich, ein Gefühl von enormer Stärke und Macht durchströmte mich. Ich war nicht mehr in der FRANCISCO DE ORELLANA, ich war... ... ein Gott! Übelkeit machte sich in mir breit.
Dann war es so abrupt vorbei, wie es begonnen hatte. „Ich bin wieder klar!", sagte ich.
Harinta musterte mich skeptisch. „Ortungen?", fragte sie.
Ich rief die aktuellen Daten auf. „Die Titanen in der Erd- und Mondumlaufbahn haben ihre Positionen verlassen. Sie nehmen Kurs auf die äußeren Planeten ... auf den Jupiter!"
Vollalarm dröhnte durch die FRANCISCO DE ORELLANA.
Jetzt wird es heiß, Dares! „Überlichtetappe vorbereiten!", befahl Harinta. „Koordinaten folgen..."
Verdammt, dachte ich, sind wir etwa schon bei der ersten Angriffswelle dabei?
Protokolle der Unsterblichen Gucky: in der Hitze Neapels Verdammt, wo bleibt Perry?
Ich schirmte die Augen mit einer Hand ab und blinzelte kurz in den Himmel. Die Sonne flammte unglaublich kräftig. Sie war nicht mehr das freundliche Gestirn, das Wärme spendete, wenngleich manchmal - zumindest hier in Neapel - im Übermaß. Seit etwa zwei Tagen war mit dem bloßem Auge zu erkennen, dass irgendetwas mit ihr nicht in Ordnung war. Sie schien nicht nur heller zu leuchten, sondern auch deutlich größer geworden zu sein.
Bully fächerte sich Luft zu. Ich beobachtete einen Moment lang fasziniert die Schweißperlen, die auf seiner Stirn perlten. Als ich den wütenden Blick des Dicken bemerkte, wandte ich schnell den Kopf ab.
Wir alle stehen unter extremer Nervenanspannung. Und erst diese Hitze ... Mein Pelz fühlte sich verfilzt und irgendwie klebrig an.
Sogar Norman, der kleine Klonelefant, lag lustlos in der kühlsten Ecke des Appartements und bewegte sich nur, wenn es sein musste. Nur Mondra sah aus, als käme sie gerade frisch aus der Dusche.
Die Hitze war
Weitere Kostenlose Bücher