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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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heraus, daß dieser der Unternehmer des ganzen Schwindels gewesen ist.“
    „Und ich habe den Pseudo-Kammerherrn beschützt!“
    „Trotz seiner Frechheit und Undankbarkeit! Laß dich das nicht reuen! Dank kennt nur der Gute, aber so ein Mensch doch nicht! Übrigens kam während dieses Gesprächs mit dem Beherrscher noch eine andere Episode vor. Ich war nämlich zweimal bei ihm. Beim ersten Mal erzählte ich ihm alles und zeigte ihm auch den Brief des Emir-y-Sillan an den Henker und las ihm die Zeilen vor. Da sagte er, daß dieser Henker uns jetzt ganz nahe sei, denn er befinde sich auch hier, habe um eine Audienz gebeten und sei für die jetzige Zeit herbeibefohlen worden. Als ich dann ging, stand der Multasim auch wirklich im Vorzimmer und mußte sofort eintreten. Er hatte seinen Balapuschi (Überkleid) abgelegt, und der günstige Augenblick erlaubte mir, den Brief in eine Tasche desselben zu schieben, in welcher schon ein Notizbuch steckte; er ist also ganz sicher gefunden worden. Bei der Abschiedsaudienz erfuhr ich vom Schah, daß dieser Mensch die Stirn gehabt habe, mich wegen Mordanschlags und widerrechtlicher Gefangennahme bei ihm anzuklagen und um strengste Bestrafung zu bitten. Der Herrscher hätte ihn am liebsten sofort festnehmen und aufhängen lassen mögen, war aber in Anbetracht unserer Pläne so bedacht gewesen, ihm den ruhigen Bescheid zu erteilen, daß er das Resultat seiner Zeit erfahren werde. Hierauf hatte Ghulam el Multasim angenommen, daß er seinen nächsten Aufenthaltsort nennen müsse, und gesagt, daß er jetzt nach Chorremabad gehe, um dort der Gast des Scheik ul Islam zu sein. Hätte er geahnt, was der Schah über diesen Würdenträger wußte und dachte!“
    „So haben wir also die lieben Freunde jetzt in unserer Nähe, und wahrscheinlich kommen noch immer mehr hinzu!“
    „Ja, es drängt nun alles auf die Entscheidung hin, und unser Rennen wird der Anfang vom schnellen Ende sein!“
    „Dann los! Heute abend, wenn mir niemand mehr begegnen kann, reite ich zum ersten Mal mit Syrr aus.“
    „Wohin? Zur Rennbahn?“
    „Jetzt das noch nicht. Ich muß ihm zunächst Freiheit geben, weiten Spielraum. Vielleicht wähle ich den Weg nach den Pässen hin.“
    „Da müßtest du durch den Duar, den du doch wohl besser vermeidest. Wende dich lieber nach Norden. Drüben den Steinbruchweg hinab, links um den Berg herum und dann über die breite, grasige Talsenkung rechts. Da kommst du bald auf eine Ebene, wo man sogar in finsterer Nacht gefahrlos galoppieren kann, weil der Boden so glatt und sicher ist wie hier die Bretterdiele.“
    Hier mußte unsere Unterredung ein Ende nehmen, denn wir sahen Dschafar aus dem Wartturm kommen, den Brief an den Schah in der Hand. Da gingen wir hinab, um Kara noch einige Worte und Wünsche mitzugeben. Sein Vater hatte sich das Bett ganz vor an den Rand des Daches schaffen lassen, um den Sohn fortreiten zu sehen.
    „Allah begleite dich, mein Liebling!“ rief er herab. „Sag dem Schah-in-Schah unseren Dank. Den nächsten Brief werde ich ihm selber bringen! Nun geh, und komm zurück, wie du gegangen bist; gesund und mit einem Schreiben!“
    Nur wenige Minuten später stand ich hinten bei den Pferden. Ich schaute zum See hinab. Da sah ich Kara und seinen Begleiter schon weit über demselben draußen. Es ist fast unglaublich, was so ein echtes, gutgezogenes Bischarin-Kamel zu leisten vermag!
    Hierauf ging es zur Kaltschale. Sie war vortrefflich. Wenigstens hatte sie nichts von der Aufregung an sich, in welcher ich mir ihre festjungfräuliche Zubereiterin noch immer dachte. Dann pflegte ich der Ruhe, bis es oben und unten still geworden war und ich kein Licht mehr brennen sah. Da holte ich mein Sattelzeug und ging zu Syrr. Er lag mit Assil abseits von den anderen Pferden. Der Mond schien. Als sie den Sattel sahen, standen sie beide auf. Sobald ich aber Syrr zu zäumen begann, legte Assil sich wieder nieder. Er war so sehr verständig!
    Ich war natürlich neugierig auf das nun folgende. Würde es gelingen? Ich stieg auf. Die Füße in die Bügel. Eben wollte ich die Unterschenkel anlegen; da ging der Rappe auch schon vorwärts. Es gab bis in die Ruinen mehrere Biegungen. Kaum dachte ich an die Schwenkung, so war sie schon gemacht. Welch ein feines Empfinden! Und dieser ruhige, sichere Schritt! Leichter, hochgraziöser Rhythmus auf fester Baßunterlage! Drüben ging es am Turm vorüber, auf die Steinbrüche zu. Da stand rechts dichtes Strauchwerk. Bei demselben

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