Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
den Dschamikun wie von ganz albernen Geschöpfen, denen man ihren Ustad verbieten müsse, wenn man brauchbare Menschen aus ihnen machen wolle. Das ergrimmte mich so, daß ich sie hätte erwürgen mögen, diese Dummköpfe. Aber ich kämpfte meinen Zorn nieder, ging heimlich aus dem Duar, holte mir mein Pferd von der Weide und – – – nun bin ich wieder da, Effendi!“
    Das war eine lange Rede. Er hatte sie nicht etwa fließend gehalten, sondern seine Sätze von Pause zu Pause wie mit Gewalt herausgestoßen. Nun wartete er, ob ich endlich Antwort geben werde. Ich tat es nicht. Da trieb er sein Pferd etwas näher heran, stieg ab, kam auf mich zu und sagte:
    „Sprich doch, Effendi, sonst fange ich an zu weinen! Es war falsch und dumm von mir, daß ich ging. Sei gut wie immer, und verzeihe mir! Was willst du denn auch anders mit mir machen? Ich bin doch Euer alter, treuer Tifl!“
    Ich war im stillen gerührt, zeigte ihm dies aber nicht, sondern deutete nach dem Haus und sagte:
    „Der Ustad ist wieder da; er mag entscheiden. Geh zu ihm!“
    Da holte er sein Pferd. Indem er es an mir vorüber führte, hingen seine Augen an Syrr, mit einer Bewunderung, als ob er etwas Überirdisches sehe. Er getraute sich aber nicht, noch etwas zu sagen.
    Ich schaute ihm nicht nach, hörte aber gleich darauf eine weibliche Stimme jubeln. Die Festjungfrau nahm ihr Herzens- und Schmerzenskind wieder in Empfang. Das war eine neue Aufregung für sie, infolge deren die ebenso bedenkliche wie berechtigte Frage in mir auftauchte: Was wird nun wohl aus der Kaltschale werden?!
    Als ich dann wieder vor auf den Hof kam, stand Kara mit den Kamelen zum Aufbruch bereit. Er war gut bewaffnet. Einer von Dschafars Reitknechten sollte ihn begleiten. Der Bericht an den Herrscher war aber noch nicht fertig. Der Ustad stand auf seinem Balkon; er winkte mir, hinaufzukommen. Tifl lehnte an einer der Säulen vor der Halle. Als ich an ihm vorüberwollte, sagte er:
    „Effendi, unser Ustad hat mir verziehen; ich darf hierbleiben. Willst du nicht auch so gütig sein wie er?“
    „Hat er vergeben, so habe auch ich es getan“, antwortete ich. „Wie du über den Scheik ul Islam denkst, das hast du mir gesagt, und ich hoffe, daß du nicht wieder anderer Ansicht wirst. Wie aber steht es mit Ahriman Mirza? Wer hatte ihm damals alles über mein Lager hier in der Halle mitgeteilt?“
    „Ich war es“, gestand er aufrichtig. „Der Aschyk hatte uns gesagt, daß Ahriman ein großer Freund der Dschamikun sei; er dürfe es sich jetzt nur noch nicht merken lassen. Darum beantwortete ich alle seine Fragen. Ich hielt mich für klüger und unterrichteter, als ihr alle seid. Ich war überzeugt, daß ihr mir später rechtgeben und meine Umsicht bewundern würdet. Ich bin aber ein Schaf, Effendi, das allergrößte Schaf, daß es gibt, so weit das Gras hier auf den Bergen wächst!“
    „Da hast du recht, Tifl! Du solltest bei den Takikurden geschoren werden. Sei froh, daß du mit dem Fell davongekommen bist!“
    Als ich hinauf zum Ustad kam, empfing er mich mit den Worten:
    „Du wirst mich nach Tifl fragen wollen. Mir liegt aber zunächst etwas anderes auf dem Herzen, wovon du in Dschafars Gegenwart nicht gesprochen hast, nämlich Syrr. Er zeigte mir das Pferd, als ich ihn unterwegs traf, und auch der Schah sprach sogleich mit mir davon. Als wir in jener Nacht hier bei mir von Syrr sprachen, konnten wir nicht ahnen, daß er sich eine Woche später bei uns befinden werde. Ich sehe unserem Rennen mit Zuversicht entgegen; aber diese Zuversicht würde sich verzehnfachen, ja verhundertfachen, wenn jemand hier wäre, der ihn reiten könnte. Der Schah ist sehr gespannt darauf, ob du es fertig bringst. Er hält es sogar für nicht unwahrscheinlich, daß es dir gelingen werde. Aber die Tatsache, daß er dich aufsitzen läßt und dich trägt, wohin du willst, genügt doch für so ein Rennen nicht. Du hättest ihn erst wochen-, vielleicht sogar monatelang zu studieren, um seine Schule zu entdecken. Sodann bist du ja noch krank. Es müßte also ein anderer sein, und den gibt es nicht.“
    „Was du da sagst, ist alles, alles Nebensache, mein Freund“, antwortete ich. „Die Hauptsache ist doch wohl, ob wir uns anmaßen dürften, Syrr zum Rennen zu benützen.“
    „Unbedingt, unbedingt!“
    „Du meinst, daß der Schah nichts dagegen hätte?“
    „Dagegen? Er würde sich sogar freuen, herzlich freuen, zeigen zu können, daß seine Schule alle anderen Schulen schlägt. Der Kampf

Weitere Kostenlose Bücher