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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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du der Gnade gar nicht würdig seist.“
    Er senkte den Kopf noch tiefer als vorher. Dann hob er ihn mit einem schnellen, energischen Ruck empor und sagte:
    „Also so steht es, so, so, so! Wohlan, Effendi, ich gehe diesen neuen, guten Weg! Ich gehe ihn selbst! Ich lasse mich nicht führen! Von keinem Menschen, auch nicht von dir! Allah will das Gute, nur das Gute, und er gibt jedem Menschen die nötige Kraft, es zu tun. Ich will doch sehen, ob er nicht auch mir diese Kraft verliehen hat, es zu vollbringen, ohne daß ich sie mir von anderen zu leihen und zu borgen brauche! Er sei mein Schutz und meine Hilfe, er allein, in Zeit und Ewigkeit!“
    Er schluchzte. Da konnte ich mich nicht halten; ich legte ihm die Hände an beide Wangen und sprach:
    „Das ist das einzig Richtige! Laß es dir nicht wieder nehmen von keinem, keinem Menschen! Es wächst jetzt eine Säule in dir auf, in der es nie und nie so knirschen wird wie in der anderen unten in dem Wasser. In ihr liegt Gottesstärke. Vertraue ihr und ihm!“
    Ich ging.
    „Gottesstärke!“ erklang es hinter mir. „Das war sie – – – das ist sie – – – schon jetzt, schon jetzt – – – die Gnade!“
    Auf dem Nachhauseweg war mir nicht wohl. Ich hatte das Gefühl des Schwindels, und meine Lunge war nicht mit mir einverstanden. Meine Beine schienen Kraft verloren zu haben, obgleich ich die ganze Zeit über doch nur gesessen hatte. Ich dachte darum an nichts, als nur daran, mich schnell niederzulegen, und freute mich, als dies geschehen war, über die gute, reine Luft, welche durch Türen und Fenster freien Zutritt hatte. Aber ich konnte nicht einschlafen. Der Grund lag wohl weniger in dem, was ich gesehen und gehört hatte, denn das konnte mich nicht beunruhigen, sondern die Ursache war eine körperliche, keine geistige. Und als der Schlaf dann erst gegen Morgen kam, war er kein ruhiger und erquickender. Ich wachte von Zeit zu Zeit immer wieder auf, und weil das quälender als das Wachen war, so zog ich es vor, das Lager zu verlassen.
    Als ich hierauf den Weg nach dem Brunnen hinunter stieg, fühlte ich ein wirkliches, ausgesprochenes Unwohlsein. Da traf ich Schakara. Ich sah, daß sie bei meinem Anblick erschrak.
    „Was ist mit dir, Effendi?“ fragte sie hastig. „Dein Gesicht ist ganz graugelb, und deine Augen liegen tief. Du bist krank!“
    „Ich war heute nacht mehrere Stunden lang drüben im Allerheiligsten“, antwortete ich. „Das scheint mir nicht gut bekommen zu sein.“
    „Mehrere Stunden lang? Im Allerheiligsten?“ rief sie aus. „Diese Luft hält kein Gesunder aus, viel weniger ein Genesender! Du kannst dir sehr leicht einen Rückfall in den Typhus geholt haben, und dann, dann ist es nicht möglich, dich zu retten! Komm, wir müssen sofort zum Ustad!“
    Sie führte mich hinauf zu ihm. Er hatte mein spätes Heimkommen gehört und darum auch schon Sorge gehabt. Schakara brauchte ihm gar nicht zu sagen, weshalb wir zu ihm kamen; mein Aussehen schien sprechend genug zu sein. Auch er zeigte sich, sobald wir eintraten, sofort über dasselbe bestürzt. Ich mußte mich hinsetzen und erzählen. Als ich mit meinem Bericht zu Ende war, sagte er sehr ernst:
    „Effendi, was du gehört und gesehen hast, beunruhigt mich nicht im geringsten, aber daß du gezwungen gewesen bist, die krankheitsschwangere Atmosphäre des Sakrosanktem einzuatmen, das kann Folgen nach sich ziehen, denen wir sofort vorzubeugen haben. Dein Blut ist bereits wieder mit Stoffen geschwängert, welche unbedingt entfernt werden müssen. Zum Glück ist alles vorhanden, was wir dazu brauchen. Ich bitte dich, mich wieder als deinen Arzt zu betrachten! Denke von jetzt an nur an dich selbst, an deine Genesung; alles andere schlage dir aus dem Sinn! Das bist du dir, mir und uns allen schuldig!“
    „Aber der Aschyk? Mein Syrr? Der verborgene Gang, welcher untersucht werden muß?“ warf ich ein.
    „Das ist es eben, woran du jetzt nicht denken sollst!“ antwortete er. „Ich gebe dir die Versicherung, daß du dich nicht zu sorgen brauchst. Habe ich während meiner Abwesenheit dir vertraut, so vertraue du nun auch mir!“
    Er hatte recht, und so ließ ich denn mit mir machen, was er für geboten hielt. Er verordnete zunächst ein Bad, so heiß wie möglich. Während desselben hatte man mein Lager heraus auf die Plattform geschafft, damit ich nur die beste Luft atmen möge. Ein Leinendach war angebracht worden, um Schatten zu geben. Der für seine Muttersprache begeisterte

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