23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV
gesprochen hatte. Tifl hat die Perser begleitet. Ich denke, daß er mir gar wohl eine Mitteilung machen kann, die sich hierauf bezieht.“
„Jawohl; das kann ich; das kann ich!“ antwortete der Genannte.
„Nun?“ fragte ich ihn.
„Ich ritt voran. Ich hatte mir vorgenommen, mit diesen Persern gar nicht zu sprechen. Das habe ich auch gehalten. Meine Leute ritten hinterher. An diese hat sich Ahriman Mirza gemacht und sich mit ihnen unterhalten. Erst über den Duar; hierauf über das ‚hohe Haus‘, und dann über die jetzigen Gäste desselben. Als ich das später erfuhr, war ich sehr zornig darüber, daß man ihm Auskunft gegeben hat.“
„Was hat er erfahren?“
„Wo Hadschi Halef liegt; wo du schläfst; wann du dich niederlegst, und wer des Nachts noch außerdem sich in der Halle befindet. Die, welche es sagten, wußten nicht, daß du vom heutigen Abend an bei unserm Ustad wohnen werdest. Darum ist zu Ahriman Mirza gesagt worden, daß du in der Ecke rechter Hand in der Halle schläfst.“
„Was wohl noch?“
„Ob du im Schlaf Waffen in der Nähe habest.“
„Ah! Also! Was hat man geantwortet?“
„Daß sie am Fußende deines Lagers aufgehängt seien.“
„Wo sind sie jetzt? Ich habe sie in meiner neuen Wohnung nicht gesehen.“
„Erlaube, daß ich dir das später selbst mitteile!“ fiel da der Ustad ein.
Ich nickte ihm zu und fuhr, zu Tifl gewandt, fort:
„Gab es noch weitere Erkundigungen?“
„Nein“, erklärte er.
„So ist das ganze Material beisammen, welches nötig war, mich zu überzeugen, daß ich mich nicht geirrt habe. Wer soll nun bestimmen, was zu geschehen hat?“
„Du“, antwortete der Ustad.
„Ja, du“, stimmte der Peder ein.
„So ist meine Ansicht die folgende: Der Bluträcher wird gefangengenommen, und zwar auf eine für uns möglichst ungefährliche Weise. Werden die gefangenen Soldaten bewacht?“
„Ja“, sagte der Peder.
„Von wieviel Personen?“
„Es sind zwei, welche vor dem verschlossenen Tore stehen. Das genügt vollständig.“
„Für heut genügt es nicht.“
„Warum?“
„Weil der Multasim jedenfalls die Absicht hat, diese Gefangenen zu befreien. Er kann mit zwei Begleitern die beiden Wachen, da sie so etwas nicht erwarten, leicht überraschen und überwältigen. Wir stellen also jetzt mehr Leute hin, damit er sich gar nicht nach dieser Seite wagen kann. Um so sicherer wendet er sich dann der Halle zu. Es wird an der Stelle, wo ich schlief, ein Lager errichtet. Doch niemand liegt darauf. Selbst wenn jemand so mutig wäre, diese Rolle zu übernehmen, so ist so ein Dolch oder Messer selbst für den stärksten Mann ein immerhin gefährliches Ding.“
Kara Ben Halef war von dem Lager seines Vaters herbeigekommen, um zuzuhören. Jetzt, bei diesen Worten, sagte er:
„Aber wenn du nicht so angegriffen von der Krankheit wärest, da wüßte ich, was geschähe, Effendi!“
„Nun, was?“
„Du würdest dich ruhig hinlegen, um die aufgehobene Hand des Mörders, wenn er zustoßen will, zu ergreifen und festzuhalten, damit er vollständig zu überführen sei.“
„Hm! Vielleicht täte ich es! Davon kann aber jetzt keine Rede sein. Der Bluträcher darf nicht ahnen, daß er sich vollständig verraten hat. Es muß alles sorgfältig vermieden werden, was den Gedanken in ihm erwecken könnte, daß man seine Anwesenheit kenne und auf ihn vorbereitet sei. Darum dürfen wir nur so viel Personen in das Vertrauen ziehen, wie unumgänglich nötig sind. Kein weiterer darf etwas erfahren. Wie viele Wege gibt es nach hier herauf?“
„Nur den einen durch das Tor“, antwortete der Peder.
„Keinen verborgenen Schleichweg?“
„Keinen. Niemand kann über die Riesenmauer.“
„Also ist es auch für niemand möglich, anders als durch das Tor zu entfliehen?“
„Für keinen Menschen. Und das Tor wird ja geschlossen.“
„Man lasse es heut offen, damit der Multasim nicht darüberzuklettern braucht. Wir wollen ihm und seinen Begleitern das Kommen möglichst erleichtern, damit sie dann um so sicherer nicht ohne unsern Willen wieder fortgehen können. Ich meine, daß sie sich alle drei durch das Tor schleichen werden. Die beiden anderen verstecken sich an einem passenden Ort, dem Multasim erforderlichen Falls beispringen zu können. Dieser setzt seinen Weg allein fort. Am Tor müssen sich handfeste Leute verbergen, welche die Perser zwar herein, aber nicht wieder hinaus lassen dürfen. Doch haben sie alles so still zu unternehmen, daß sie es uns nicht
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