23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV
bewegen, ihn bei sich aufzunehmen, aber wo! Ich hörte, daß du diesen Mann durch deine Holdseligkeit ganz für dich gewonnen hast. Nun sag: Glaubst du, ihn bewegen zu können, den Beglücker deines edlen Frauenherzens in den Räumen des Ustad wohnen zu lassen?“
„Sogleich, sogleich wird er es mir erlauben!“ jubelte sie so unvorsichtig auf, daß er ihr in schnellem Zorne befahl:
„Schweig, unvorsichtige Katze! Dein falsches Maul hat schon genug verraten; mich aber soll es nicht – – –“
Er hielt mitten im Satz inne und fuhr mit vollständig verändertem Ausdruck fort:
„Mein Herz begreift die Größe deines Glücks, den Aschyk als geliebten Gast hier bei dir zu haben, du treue, schöne Blume seines Lebens, aber ich bitte dich, dieses Glück tief und schweigsam in dich zu verschließen, bis die ersehnte Zeit gekommen ist, in welcher du es nicht mehr zu verheimlichen brauchst! Du weißt ja, daß das Leben des Aschyk von deiner Verschwiegenheit abhängt, und das deinige wahrscheinlich auch!“
„Chodeh! Auch mein Leben? Mein eigenes?“ fragte sie erschrocken.
„Ja. Seine Feinde sind auch die deinigen, und wenn sie ihn töten, können sie dich nicht leben lassen!“
„Wer aber sind sie denn? Er hat sie mir noch nie genannt.“
„Um den Blick deiner strahlenden Augen nicht zu trüben, der ihm über alles andere geht. Darum schweige auch ich. Dein Herz soll rein und unbefangen bleiben. Den Ustad kenne ich, doch den Effendi nicht. Was ist er für ein Mann? Welcher ist der klügere von beiden?“
„Kein Mann ist klug. Man hat sie alle zu erziehen. Ich habe da eine ganze Menge von Geheimnissen, die ich den meisten Menschen nicht sage, denn ich denke, daß sie es verraten. Zu dir aber habe ich Vertrauen. Darum will ich dir eines davon mitteilen: Der Ustad ist mir lieber als der Effendi.“
„Aus welchem Grunde?“
„Weil der Effendi mich fortjagen will.“
„Warum?“
„Wenn ich es jemandem verrate, daß er mit meinem Aschyk sprechen wird.“
„O Allah, welche Dummheit sondergleichen! Und so ein Weib will Männer erziehen und – – –“
Wieder brach er mitten im Satz ab, um sie nicht zu beleidigen. Dieser Mann verstand es nicht, sein Temperament zu beherrschen. Oder nahm er sich nur deshalb nicht besser in acht, weil er wußte, es mit einer ‚leeren Null‘ zu tun zu haben? Wie freundlich und gelassen klang es dagegen, als er fortfuhr:
„Fühlst du denn nicht, daß dieser Effendi dafür nicht zu tadeln, sondern zu loben ist? Ich weiß, daß du einen scharfen Verstand besitzt. Du wirst also einsehen, daß er nur in der besten Absicht Verschwiegenheit gefordert haben kann. Auch ich bitte dich, nichts zu verraten. Er konnte dir nur drohen, dich fortzujagen; ich aber weiß, daß es dein sicherer Tod ist, wenn du plauderst. Die Feinde deines Aschyk sind erbarmungslos, besonders gegen dich. Darum hüte dich, und schweig! Ich habe von diesem Effendi schon oft gehört, werde ihn aber heut zum ersten Male sehen. Ist er gutmütig?“
„Sehr!“
„Scharfsinnig?“
„Ganz und gar nicht! Er glaubt alles, was man sagt!“
„Kennt er die hiesigen Verhältnisse?“
„Nein. Da ist mein Tifl hundertmal gescheiter!“
„Wie steht es mit seiner Religion?“
„Der hat gar keine. Es gibt hier gewiß niemand, der ihn schon einmal beten sah.“
„Ist er ein schöner Mann?“
Sie schwieg, wahrscheinlich um über diese Frage nachzudenken. Der sie aussprach, war ganz gewiß kein schlechter Menschenkenner, und die Köchin ahnte nicht, was er mit dieser höchst überflüssig erscheinenden Erkundigung eigentlich bezweckte. Dann antwortete sie:
„Er ist nicht schön und auch nicht häßlich. Er hat ein ganz gewöhnliches Gesicht. Ich glaube, wenn er kein Fremder wäre, würde man ihn gar nicht beachten.“
„Maschallah! Das klingt nicht gut! Mir wäre es lieber, du hättest ihn schön genannt. Doch antworte mir weiter: Hat er Eigentümlichkeiten? In der Stimme, in der Sprache, in der Haltung im Gange oder sonst irgendwie?“
„Nein, gar nicht. Er ist ein Mann wie alle anderen Männer. Du brauchst dich ganz und gar nicht vor ihm zu fürchten. Er ist nicht halb so vornehm wie du!“
„Woher weißt du das?“
„Ich sehe es dir an. Du brauchst nur andere Kleider anzulegen, so ist der Pascha fertig!“
„Meinst du, meine liebe Pekala?“
Das klang geschmeichelt. Der Mann war also eitel! Das bestätigte sich durch seine folgenden Worte:
„Ich muß jetzt fort und sage dir, daß du
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