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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß Tifl und der Kurde meine Worte nicht verstehen konnten.
    „Nein“, antwortete er.
    „Welcher Dschamiki hat ihn schon gesehen?“
    „Ich weiß keinen. Der Scheik ul Islam war früher in Feraghan und wurde erst vor noch nicht einem Jahre in die Nähe seines Stammes versetzt. Nur der Ustad kennt ihn genau. Er ist nicht so bescheiden, wie ich dachte, aber höflich. Daß der Ustad verreist ist, hat er erst in unserem Grenzduar erfahren.“
    Während er das sagte, deutete er mit der Hand nach dem Tempelberg hinüber, um glauben zu machen, wir redeten von etwas vollständig Unverfänglichem.
    „Wer ist der Kurde, welcher bei Tifl steht?“ erkundigte ich mich noch.
    „Der Katib (Sekretär, Schreiber) des Scheiks ul Islam. Er hat bei ihm an seiner Seite zu sitzen, doch blieb sein Platz bisher leer.“
    „So komm!“
    Wir gingen die Stufen hinauf. Da kreuzte der Katib die Arme und verbeugte sich höflich lächelnd vor mir. „Der Morgen sei dir gesegnet!“ grüßte ich, indem ich ihm freundlich zunickte.
    „Und dir der ganze Tag!“ antwortete er.
    Ah, diese Stimme! Und dieses schnarrende Rrrrrr! Er war es, der mit Pekala gesprochen hatte, also der Scheik ul Islam! Er kam gleich hinter uns her und begab sich nach seinem Platz. Die Perser standen auf, als ich erschien, verbeugten sich sehr höflich und blieben hierauf stehen, um meine Anrede zu erwarten. Ich ging bis auf die von der Sitte vorgeschriebene Entfernung auf sie zu, breitete die Arme aus, verbeugte mich, verschlang sie auf der Brust, verbeugte mich wieder, breitete sie mit einer dritten Verbeugung abermals aus, ließ sie hierauf sinken und erhob nur die rechte Hand, um eine verbindliche Geste zu machen und dabei zu sagen:
    „Der Mensch kennt nie das Glück des nächsten Tages. Allah allein weiß, was er senden will. Ist er es, der uns mit euch überrascht, so habe ich ihm zuerst und dann auch euch zu danken. Vor dem Scheik ul Islam gibt es nie verschlossene Türen, denn Allah will, daß sein Priester überall nur Freude bringe. Setzt euch, und weilt, so lange es euch beliebt!“
    Sie verbeugten sich wie eingeübte Statisten, und der Träger des Riesenturbans sprach:
    „Der Scheik ul Islam bin ich, Effendi. Du sollst erfahren, wer meine Begleiter sind.“
    Indem er auf jeden einzelnen deutete, sagte er Namen und Stand desselben. Die geistlichen Herren nannte er zuerst, die Offiziere hinter ihnen. Es war ein Ahalyj-y-Dschennet (Seliger), ein Wehlijullah (Heiliger), ein Imam-y-Dschuma (Hauptpriester), ein Särtib-y-Aewwäl (Divisionsgeneral), ein Särtib-y-Duwwum (Brigadegeneral), und zuletzt kam noch der Schreiber! Man sieht, der Glanz war da. Ich verbeugte mich vor jedem, wie auch er sich vor mir; dann setzten wir uns nieder. Die hohen Herren bildeten eine Linie. Nur der Schreiber saß ein wenig zurück, neben dem Scheik ul Islam. Er raunte ihm sehr häufig zu, was er sagen solle. Zwar suchte er die Bewegung seiner Lippen unter dem Bart zu verbergen, doch war dieser so dünn, daß ich sie doch bemerkte. Ich saß grad vor ihnen, rechts von mir der Peder, links der Chodj und etwas zurück Kara Ben Halef. Die ersten beiden hatten sich den Persern schon vorgestellt. Kara konnte ich gelegentlich nennen. Ich schwieg denn ich hatte meine Pflicht getan, und nun erforderte es die Höflichkeit, den hohen Gast beginnen zu lassen. Er ließ auch gar nicht auf sich warten.
    „Ich bin gekommen, mit dem Ustad der Dschamikun zu sprechen“, sagte er. „Mein Wohlwollen leuchtet über ihm. Da hörte ich, er sei verreist und ein Effendi aus dem Abendland vertrete seine Stelle. Ich kenne weder dich noch deine hohen Würden und Titel und möchte doch nicht, daß ich dir etwas vorenthalte. Darum verzeihe mir, wenn ich vor allen Dingen einige Fragen ausspreche. Welchen geistlichen Rang bekleidest du daheim in deinem Land?“
    „Keinen“, antwortete ich.
    „Welche hohe militärische Charge führest du?“
    „Keine.“
    „So nenne deinen Rang bei der Regierung deines Volkes!“
    „Ich habe keinen.“
    „Aber was bist du sonst? Was hast du dann?“
    „Ich bin nur ich und habe nur mich, sonst weiter nichts.“
    Die Absicht, in welcher er seine Erkundigungen ausgesprochen hatte, war leicht zu durchschauen. Ich sollte mich ihm gegenüber so klein wie möglich fühlen! Direkte Unhöflichkeiten aber sucht der gebildete Perser so viel wie möglich zu vermeiden. Darum warf er mir zwar einen sehr deutlich mitleidigen Blick herüber, fuhr aber in gütigem Ton fort:
    „Du

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