23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV
mir gefallen hast. Ich möchte dir das durch ein Geschenk beweisen, welches ich dir durch deinen Aschyk sende. Ich weiß, du liebst den Schmuck und schöne Kleider, die du einstweilen in den Ruinen aufbewahrst, bis bessere Tage kommen. Wünsche dir etwas!“
„Sehr gern! Aber was?“ fragte sie da schnell.
„Was du willst!“
„Ja, bist du arm oder reich?“
„Wünsche nur! Dann sage ich dir, ob du es bekommst oder nicht!“
Das klang wieder so kalt, so gebieterisch, als ob er sie nicht soeben seine ‚liebe Pekala‘ genannt hätte. Dieser Mann wurde mir immer interessanter.
„Schicke mir eine goldene Naddara (Brille)!“ bat sie in ihrem süßesten Diskant.
„Eine Naddara? Wozu?“ fragte er erstaunt.
„Es sieht so vornehm aus und so gelehrt. Ich sah in Isfahan sehr oft eine Madama aus Rußland. Die hatte stets zwei Gläser vor den Augen, wenn sie aus der Sänfte stieg. Das war so stolz. Man konnte sie für die Kaiserin von Rußland halten. Darum will ich auch eine Naddara. Aber von Gold muß sie sein, sonst nicht!“
„Weib, du bist verrückt! Es wohnt ein böser und dabei ungeheuer lächerlicher Geist in dir, den ich zerdrücken werde, sobald – – –“
Er wurde in diesem Ausbruch des Zorns, der zugleich verächtlich klang unterbrochen. Tifl kam und meldete:
„Der Scheik ul Islam sendet mich. Er läßt dich bitten zu kommen. Ich führe dich.“
„Sogleich!“ gab der andere streng zurück. Und ebenso streng oder noch strenger klang es weiter: „Du sollst die Naddara haben, Pekala, und zwar eine so scharfe, daß dir die Augen übergehen! Der Effendi hat recht gehabt mit der Verschwiegenheit. Auch ich fordere sie von dir, von euch. Für den Verrat gibt es weiter nichts als nur den Tod. Das merke, Tifl, du auch dir! Und nun führe mich zu meinen Leu – – – zum Scheik ul Islam, doch ohne daß man merkt, wo ich jetzt war!“
Er ging mit Tifl fort. Dann hörte ich, daß auch Pekala sich entfernte. Wer er war, das wußte ich nun. Er hatte es selbst verraten, und zwar durch das nur halb ausgesprochene Wort: „Führe mich zu meinen Leu – – –.“ Leuten hatte es heißen sollen. Er war der Scheik ul Islam selbst, und der andere, der nach ihm geschickt hatte, sollte diese Rolle mimen.
Ich wartete nur ganz kurze Zeit, dann verließ ich meinen Platz, schob mich zwischen den Tamarisken wieder hinaus, und als ich sah, daß niemand hier war, ging ich nach dem Garten und durch diesen auf den Hof. Da standen die Pferde der Perser, die Diener dabei. Auf den Stufen lehnte Tifl an einer der Säulen; an einer andern der kurdisch gekleidete Reiter des Hellbraunen mit den weißen Vorderbeinen. Beide sprachen miteinander und sahen nicht, woher ich kam. Ich grüßte die Reiterknechte freundlich und blieb bei den Pferden stehen, um sie zu betrachten. Ich wünschte aber nicht, für einen Kenner gehalten zu werden, und verhielt mich also dementsprechend. Da sah mich Tifl und machte den Kurden auf mich aufmerksam. Dieser schaute zu mir her und betrachtete mich scharf.
Er war von hoher, schön gebauter Gestalt. Sein lang herabwallender, grauer Vollbart war sehr, sehr dünn, als ob die Natur nicht genug guten Willen vorgefunden habe, das auszuführen, was sie wollte. Er sah, daß ich bei den minderwertigen Pferden länger verweilte als bei den guten und an dem Hellbraunen so gleichgültig vorüberging als ob er ein ganz gewöhnlicher Gaul sei. Da machte er eine Bemerkung gegen Tifl, die jedenfalls keine hochachtungsvolle war, denn er warf dabei den Kopf verächtlich nach hinten auf die Seite. Auch die Diener lächelten über mich, wenn auch nicht so auffallend, daß ich es hätte bemerken müssen, wenn ich nicht besonders aufgepaßt hätte. Mir war das recht. Je weniger man uns zutraute, um so mehr hatte man dann zu bereuen.
Als ich nun langsam auf die Stufen zuschritt, stand Kara Ben Halef auf, der oben auf dem Dach der Halle gesessen hatte. Er rief mir seinen Morgengruß herab.
„Komm herunter, Kara!“ forderte ich ihn auf. „Ich höre, daß der Scheik ul Islam gekommen ist. Auch du sollst ihn begrüßen.“
Ich sagte das so laut, daß man es in der Halle hören mußte. Meine Absicht war, der Peder möge kommen. Sie wurde erreicht. Er erschien sogleich, kam sämtliche Stufen zu mir herunter und meldete mir den Besuch in ganz der Weise, als ob ich nichts davon gewußt habe.
„Du kennst den Scheik ul Islam also nicht persönlich?“ fragte ich ihn halblaut und wandte mich dabei so ab,
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