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2308 - Die Schattenlosen

Titel: 2308 - Die Schattenlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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war totenstill, bis auf ...
    Ela schrak heftig zusammen, als das Geheul den Bann sprengte. Wie ein Dolch stach es in die lähmende Stille.
    Es klang nahe, und es war etwas, das sie nie wieder hatte hören wollen, seit jenem schrecklichen Tag, an dem die Wob ihre Mutter gerissen hatten.
    Die Erinnerung war wie ein kurzes, heftiges Aufflackern. Ein Blitz, der die Dunkelheit zerriss. Sie hatte den Leichnam ihrer Mutter nie erblickt, doch er musste furchtbar ausgesehen haben. Sie wusste noch, dass der ganze Stamm viele Tage, ja Wochen lang getrauert hatte. Kein Coralie hatte begreifen können, was geschehen war.
    Die Wob waren früher einmal, vor sehr langer Zeit, die Feinde der Menschenwesen gewesen. Sie hatten als einzige Geschöpfe der Welt – bis vielleicht auf die Skay – außerhalb Onas gestanden und aus purer Mordlust getötet. Alle hatten geglaubt, sie wären verschwunden gewesen, aber an jenem Tag waren sie wiedergekommen, hatten zugeschlagen und sich wieder zurückgezogen.
    Bis zu diesem Tag ...
    Wieder erklang das Geheul, jetzt ganz nahe. Ela drehte sich um sich selbst, um etwas in den Schatten erkennen zu können, die sie umgaben.
    Und dann sah sie die Augen, die im Dunkel funkelten wie glühende Steine.
    Ela stieß einen heiseren Schrei aus und wich zurück. Sie hatte keine Waffe.
    Es gab keine Feinde der Menschenwesen. Sie lebten seit ewigen Zeiten in Frieden mit dem Wald und seinen Tieren und Pflanzen.
    Doch galt das auch heute noch, da alles anders geworden war?
    „Bleibt, wo ihr seid", sagte sie. Der Versuch, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben, scheiterte kläglich. Die Fischerin zitterte und streckte abwehrend die Hände aus.
    Ona würde es nicht zulassen – und die Schattenlosen beschützten die Menschenwesen. So war es immer gewesen!
    Aber es schien nicht mehr zu gelten.
    Sie schrie gellend auf, als zwei große schwere Körper aus dem Dickicht brachen. Sie warf sich herum und versuchte zu fliehen, obwohl sie wusste, dass es keinen Sinn hatte. Sie war wie blind, prallte gegen einen Baumstamm, geriet ins Taumeln, wollte nach etwas greifen, aber ihre Hände fassten ins Leere.
    Und dann landete etwas mit furchtbarer Gewalt auf ihrem Rücken und warf sie hart zu Boden. Ela schrie, weinte und tobte. Sie legte die Hände schützend in den Nacken, hörte das Knurren und Geifern, spürte den heißen Atem des Wob im Rücken. Etwas schlug in ihren Arm. Ein furchtbarer Schmerz breitete sich über ihren ganzen Körper aus. Die Bestie tobte. Wieder schlugen Reißzähne in ihren Körper. Elas Gesicht war in weiches Moos gedrückt, und sie wartete darauf, dass alles vorbei war.
    Doch dann mischte sich ein anderes Geräusch in das Toben der Wob. Zuerst konnte sie es nicht einordnen. Dann erkannte sie die Stimmen. Jemand schrie etwas, aber es war nicht die Stimme einer Frau.
    Doch die Wob ließen von ihr ab!
    Ela wälzte sich unter grausamen Schmerzen auf den Rücken. Überall sah sie Blut. Ihr linker Arm war aufgeschlitzt, die Felle hingen in Fetzen von ihrem Leib. Sie musste sich übergeben, und als sie den Kopf wieder heben konnte, war schon alles vorbei. Das dachte sie jedenfalls, obwohl sie es nicht fassen konnte.
    Was sie sah, war unmöglich.
    Die drei menschlichen Gestalten standen schwer atmend über den beiden Wob, die reglos in ihrem eigenen Blut am Boden lagen. In ihren Händen hatten sie lange Messer. Jetzt sahen sie zu ihr herüber und kamen langsam näher.
    Männer?, dachte Ela. Sie verstand gar nichts mehr. Wenn schon Frauen normalerweise keine Chance gegen zwei Wob gehabt hätten – wie konnten es da erst schwache Männer mit ihnen aufnehmen?
    Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, ihre Gesichter zu erkennen.
    Sie kannte sie nicht. Sie gehörten nicht zum Stamm. Aber die anderen Stämme würden nie wagen, bewaffnet in ihr Gebiet zu kommen. Nicht einmal die Frauen!
    In normalen Zeiten, dachte Ela. Jetzt galt nichts mehr. Nichts war mehr, wie es sein sollte, und ...
    „Danke", brachte sie leise hervor.
    Selbst das Sprechen tat weh, und die Wunden, die ihr die Wob gerissen hatten, brannten wie Höllenfeuer. „Danke, ich ..."
    Sie blieben nicht stehen. Sie kamen näher, gebückt, die Arme vorgestreckt – wie Tiere! Und jetzt konnte Ela ihre Gesichter deutlicher sehen.
    Was sie darin las, schnürte ihr den letzten Atem ab.
    „Nein!" Sie schrie und wollte aufspringen. Sie war sehr schnell, schneller als jeder Mann und sogar die meisten Frauen. Aber sie schaffte es nicht.
    Ihre Beine

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