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231 - Der Preis des Verrats

231 - Der Preis des Verrats

Titel: 231 - Der Preis des Verrats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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sich Thin Skin zum wiederholten Male die Augen. Der Sohn des Kapitäns konnte kaum fassen, was er unter sich im eingeholten Netz sah. Möglicherweise hatte er die letzte Nacht doch zu viel von dem selbst gebrannten Fusel des Smutje getrunken. Mit brummendem Schädel und viel zu spät war er erst vor wenigen Minuten aus seiner Koje gekrochen.
    In aller Eile hatte er sich die dunkle Öljacke übergestreift. Darunter war er fast nackt: Nur seine Shorts, die weinrote Schärpe um seine Hüfte und das selbst konstruierte Ledergeflecht über der flaumbedeckten Brust trug er am Leibe. Und natürlich sein Jagdmesser. Das alles schützte nicht vor der Kälte, die dieser Morgen bereithielt, doch Thin Skin merkte gar nicht, dass er fror: Heute war sein sechzehnter Geburtstag. Ihm galt das Vorrecht, den ersten Fang zu zerlegen. Das war es, was ihn beschäftigte. Das und das merkwürdige Ding im Wasser.
    Als er sich jetzt wieder dem trägen Wellengang des Meeres zuwandte, bot sich ihm das gleiche Bild wie eben: Der flache Leib eines Riesenrochens ragte aus der Wasseroberfläche. Das Tier war fast so lang wie die gesamte Steuerbordseite des Trawlers und seine Flügelflossen lappten leblos über den Rändern des Schleppnetzes. Der spitze Schwanz schien sich in den Maschen des Netzes verheddert zu haben. Vom Kopf war nichts zu sehen: Er blieb unter Wasser verborgen.
    Doch es war weniger der Anblick des Rochens, der Thin Skin irritierte, sondern der des Wesens, das auf seinem Rücken stand. Reglos starrte es zu ihnen hoch. Obwohl sich deutlich die Schuppen seiner grünblauen Haut hoben und senkten und es zwischen den verkrüppelten Fingern und Zehen Schwimmflossen besaß, schien es kein Fisch zu sein.
    Nein, es stand auf zwei Beinen! Es hatte Arme und Hände. Die Riesendornen, die aus allen vier Gliedmaßen hingen, benutzte es wahrscheinlich zum Schwimmen. Gerade mal so groß wie ein Kind war es, doch der muskulöse Oberkörper ließ darauf schließen, dass es sich um ein ausgewachsenes Männchen handelte. Aus seinen kahlen Schädel ragte ein doppelter Flossenkamm.
    Von welcher Art auch immer!, dachte der Sohn des Kapitäns. Er ließ seinen Blick wieder über die von Hautwülsten gepanzerten Schultern zum Kopf des ungewöhnlichen Tieres wandern… Nein, das war kein natürlicher Panzer; das war eine gefertigte Rüstung! Diese Kreatur war kein Tier, sondern ein denkendes Wesen, das sich Werkzeugs bedienen konnte! Im Blick seiner lidlosen Augen schien eine böse Intelligenz zu liegen, die Thin Skin Unbehagen bereitete. Und nicht nur ihm!
    »Ein Dämon aus dem Höllenschlund des Meeres!«, rief der dicke Smutje in seiner Nähe. »Kein gutes Omen, sage ich euch! Kein gutes Omen!«
    »Wohl eher eine Missgeburt des Meeres!«, widersprach der Steuermann. »Zurück ins Wasser mit dir!«, brüllte er und warf einen der Köderfische nach dem Wesen auf dem Rochen.
    Der Getroffene machte einen Satz zur Seite und ging in die Hocke. Unruhig glitten die Blicke seiner dunklen Augen über die Reihe der Matrosen an der Reling. Der doppelte Flossenkamm auf seinem Kopf begann zu flattern. Merkwürdige Knack- und Schnalzgeräusche drangen aus seinem Maul.
    Einige der Männer an Bord brachen in Gelächter aus. »Lasst es uns doch einfangen! Das wird die Attraktion auf dem Fischmarkt!«, grölten sie. Der Steuermann sah sich schon suchend nach einem der kleineren Fangnetze um.
    »Hört auf damit! Man legt sich nicht mit einem Dämon an!«, schimpfte der Smutje. Und zum Kapitän gewandt flehte er: »Lass uns hier verschwinden! Ohne den Rochen und ohne den Dämon!«
    »Du bist wohl nicht bei Trost!«, erwiderte der Steuermann. »Wir überlassen doch diesen Riesenfang nicht dem Meer, nur weil du mal wieder Gespenster siehst!«
    Vom Mittelschiff her beschwerten sich die Männer an den Trossenwinden. Sie hatten inzwischen die Stahlseile gesichert. Der Fang war zu schwer, um ihn mit dem Schleppnetz an Bord zu ziehen. Mit Harpunen und Macheten bewaffnet näherten sie sich der Reling.
    Thin Skin sah, wie sein Vater nachdenklich auf das Wesen unter ihnen blickte. »Wir kümmern uns vorrangig um den Fang! Dieser merkwürdige Fisch auf zwei Beinen kommt mir nicht an Bord! Wenn er nicht freiwillig verschwindet, tötet ihn!«, entschied er. Während der Smutje noch versuchte, den Kapitän von seinem Vorhaben abzuhalten, hakten sich bereits fünf Matrosen an den Halteseilen fest, mit denen sie langsam nach unten gelassen wurden. Unter ihnen war auch Thin Skin! Sein

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