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231 - Der Preis des Verrats

231 - Der Preis des Verrats

Titel: 231 - Der Preis des Verrats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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dort. Mich kennt da niemand. Du hast also nichts zu befürchten«, betonte er immer wieder. Agat’ol ließ ihn reden. Erst als er seine Ausführungen beendet hatte, erhob sich der Mar’osianer.
    Ein paar Stunden Fußmarsch lagen also vor ihm. Bei Dunkelheit würde er aufbrechen. Er sollte vorher noch ein wenig schlafen, und er brauchte etwas zum Anziehen, um in der Stadt nicht sofort aufzufallen. Nachdenklich schaute er Thin Skin an. »Ausziehen!«, forderte er ihn auf.
    »Was?« Der Sohn des Kapitäns sprang auf die Beine. Agat’ol näherte sich ihm. »Das, das und das da will ich haben!« Er deutete auf die Jacke, die Schärpe und den Brustschmuck des Jungen. Als er das Ledergeflecht berühren wollte, wich Thin Skin seinen Flossenfingern aus. »Fass mich nicht an!«, keuchte er. Widerwillen lag in seiner Stimme, unverhohlener Ekel in seinen Augen.
    Der Mar’osianer ließ seinen Arm sinken. »Ausziehen! Mach schnell!«, sagte er drohend. Dann kehrte er dem Jungen den Rücken. Langsam stapfte er zur Ruinenöffnung. Nur zu gut kannte er diesen Blick. Ob von den Menschen, ob von den Hydriten: Er zeigte ihm stets, wie abstoßend sein Äußeres war. In ihren gesunden Körpern glauben sie etwas Besseres als ich zu sein! Aber ich werde ihnen zeigen, wer Agat’ol wirklich ist! Seine Flossenhand tastete nach dem Kristall im Beutel vor seiner Brust. Sie sollen mich fürchten und ehren!
    In der Ferne hörte er das Meer rauschen, in seinem Rücken war es still. Mühsam verzog er seine Lippen zu einem Lächeln. Gleichzeitig spannte er den Muskel seines Schwimmdorns an. Er wusste genau, was sich hinter ihm abspielte. Als er sich umdrehte, war Thin Skin schon dicht bei ihm. In seiner erhobenen Hand glänzte die Klinge des Jagdmessers.
    Doch Agat’ol kam ihm zuvor. Blitzschnell ließ er seinen Arm hochschnellen und sprang vorwärts. Mit einem hässlichen Geräusch durchbohrte sein Schwimmdorn die Brust seines Angreifers. »Ich bin nicht all die Wochen unterwegs gewesen, um mich von einem kleinen Menschenkind schlachten zu lassen!«, zischte der Mar’osianer.
    Ein verstümmelter Laut drang aus Thin Skins Kehle. Die großen grünen Augen starrten Agat’ol wieder ungläubig an. Schließlich wich das Staunen aus dem Blick des Jungen. Wie ein erlegter Fisch glitt er von dem Dorn des Mar’osianers.
    ***
    Waashton, in den Ruinen
    »Was ist? Geht es wieder los? Kann ich dir helfen?« Die ehemalige Diebin Yanna Hitking sah Kareen »Honeybutt« Hardy an, als würde sie am Bett einer Sterbenden stehen.
    Honeybutt schüttelte missmutig den Kopf. Sie strich sich weiter über ihren prallen Bauch. »Mach keinen Aufstand, es ist alles in Ordnung. Es ärgert mich nur, dass das Kleine es ausgerechnet jetzt so eilig haben muss«, seufzte sie.
    Obwohl gerade mal im achten Monat schwanger, plagten die Afromeerakanerin schon Wehen. Seit Tagen ging das nun so. Gemeinsam mit der ehemaligen Diebin saß sie auf der Dachterrasse ihres neuen Zuhauses: einer kleinen Wohnung am Rande des Marktplatzes, die sie und ihr Liebster, Sigur Bosh, vom Bürgermeister billig erstanden hatten.
    »Nur keine Sorge! Miss Prägon ist eine erfahrene Hebamme. Wenn sie sagt, das Kraut da hilft, dann tut es das auch!«
    Yanna tippte an Kareens Teeglas. Dabei lächelte sie ihr ermutigend zu.
    Hoffentlich, dachte Honeybutt. Die Aussicht, ihre Zeit nur noch mit Herumzusitzen oder -liegen zu verbringen, waren mehr als grausam für die quirlige Frau. Als Mitglied im Beraterteam von Mr. Black war sie gewohnt, kräftig am Regierungsgeschehen der Stadt mitzumischen. Doch die Worte der Hebamme waren eindrücklich gewesen: »Schluss mit Lustig, Mädchen! Vierzehn Tage Bettruhe, oder das Kleine wird ein Frühchen mit allen Problemen, die dazu gehören!«
    Vierzehn Tage! Widerwillig griff Kareen nach dem Glas und leerte es in einem Zug. Sie bereute es sofort: Ihre Mundschleimhäute zogen sich wie trocknendes Leder zusammen. Brechreiz würgte sie. Yanna schaute sie besorgt an. »Soll ich dir einen Eimer holen oder eine kalte Kompresse machen?«
    »Nein, geht schon!« Honeybutt Hardy wischte sich über den Mund. »Bring mir lieber einen anständigen Whisky!«
    Der besorgte Ausdruck aus Yannas Gesicht verschwand. Er machte einem empörtem Naserümpfen Platz. »Ich hole dir ein Glas Wasser!« Schmallippig erhob sie sich und schlug den Weg zur kleinen Treppe ein, die in das darunter liegende Stockwerk führte.
    Zufrieden grinste Kareen ihr nach. Yanna gehörte seit fast zwei Jahren zu den

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