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2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Bodenhöhe, vielleicht aus eben diesem Grund. Swan riss eines davon auf, zog sich auf die Bank daneben und stieg so hastig in ihren Anzug, dass die KI einen kurzen, quiekenden Protestlaut von sich gab. Sobald sie ihn anhatte und die KI verkündete, dass er sicher versiegelt war, kroch sie über den Boden, um Wahram in seinen Anzug zu helfen, und dann den anderen, die Hilfe brauchten. Manche hatten ernsthafte Mühe und litten sichtlich Schmerzen. Für diese Leute würde es eine gewaltige Erleichterung sein, aus der Luftschleuse geschleudert zu werden. Einige machten den Eindruck, dass sie am besten überhaupt keine Zeit in einer Umgebung von mehr als 1 g verbracht hätten. Swan befürchtete, dass es Schlaganfälle und Herzinfarkte geben würde, und für einen kurzen Moment hatte sie Alex vor Augen. Sie versuchte, Mut aus diesem Bild zu schöpfen: Alex wäre hier in ihrem Element gewesen, sie wäre ruhig und aufmunternd gewesen, sie hätte Spaß an der Aufgabe gehabt. Einige dieser Leute mochten allzu bequeme Raumer sein, die schlecht in Form waren und sich ihr Unglück selbst zuzuschreiben hatten, aber jetzt waren sie nun einmal hier, mühten sich, ächzten und weinten zum Teil sogar. Manche versuchten, sich auszuziehen, bevor sie in ihre Raumanzüge schlüpften, und hatten mehr Schwierigkeiten dabei, sich ihrer Kleider zu entledigen, als in ihre hilfsbereiten Anzüge zu kommen. Ein Gebärmann, der einen beinahe kugelförmigen Rumpf hatte, hatte sich einen zu kleinen Raumanzug ausgesucht, sodass Swan ihm heraushelfen und einen neuen für ihn finden musste (und das Ding war hartnäckig).
    Nach und nach machte sich der Geruch von Angst in der schweißgeschwängerten Luft breit. Swan kroch zurück zu Wahram, ignorierte dabei die Beschwerden in ihren Knien. Sein Anzug war zu groß für ihn, aber das Display verkündete, dass er sicher versiegelt war. Die offene Frequenz, die ihre Helme empfingen, war von allgemeinem Geschnatter erfüllt, weshalb sie die Finger vor seinem Visier hochhielt – erst drei, dann vier, dann fünf – und dann auf den entsprechenden Kanal wechselte. Und da war er und summte leise vor sich hin.
    »Du hast einen zu großen Anzug«, sagte sie.
    »Das ist in Ordnung«, erwiderte er. »So ist es mir lieber, und eine Menge von den Dingern werden ohnehin nicht gebraucht, wie ich festgestellt habe.«
    »Darum geht es nicht. Es ist am sichersten, wenn der Anzug richtig passt.«
    Er beachtete ihren Einwand nicht und fing an, einer Person zu helfen, die auf der anderen Seite von ihm lag. Swan wechselte auf den offenen Kanal und hörte jemanden sagen: »Wir gehen also von Bord, weil die KI dieses Schiffs sagt, dass wir das müssen? Kommt das noch irgendjemandem seltsam vor? Können wir sicher sein, dass es sich nicht um eine Art Meuterei handelt? Hoffentlich sind die gut versichert.«
    Darauf gab es zehn verschiedene Antworten auf einmal, und Swan schaltete vom offenen Kanal zurück auf die 345. »Wollen wir zusammen raus?«
    »Ja«, sagte er. »Natürlich. Wir müssen uns an den Händen festhalten.«
    Das gefiel ihr. »Möchtest du lieber früh oder lieber spät raus?«
    »Bitte spät. Ich habe das Gefühl, dass ich den Leuten hier helfen sollte.«
    »Kannst du dich gut genug bewegen, um zu helfen?«
    »Ich glaube schon.«
    Sie halfen, so gut es ging. Die Sitzenden zogen die Kauernden ein paar Meter weiter und reichten sie an andere Sitzende weiter. Die Menge musste in Gruppen von Bord gehen, wobei sie die Luftschleuse jedes Mal so voll wie nur möglich stopften, um den Prozess zu beschleunigen. Es gab nicht viele, die zuerst gehen wollten, aber von hinten war ungeduldiges Rufen zu vernehmen, und die Leute auf den Korridoren versuchten nach wie vor einfach nur in den Umkleideraum zu gelangen, weshalb es eine Art osmotischen Druck gab. Jedes Mal, wenn die Schleuse aufging, füllte sie sich schnell wieder; dann wurde das innere Schott geschlossen, man wartete, bis alle draußen waren, schloss das äußere Schott wieder und füllte die Schleuse erneut mit Luft, um sie für die nächste Ladung zu öffnen. Selbst in der Schleuse konnten die Leute sich zuweilen nicht bewegen, und dann mühten sich die anwesenden Kleinen damit ab, sie ins All hinauszubefördern; wenn sich das Innenschott wieder öffnete, waren sie noch da, die Gesichter unter den Helmen voll wilden Übermuts.
    Natürlich gab es noch andere Luftschleusen an Bord, was ein Glück war, denn selbst in die größten Personenschleusen passten gerade mal

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