2313 - Das Goldene System
glauben. Prompt kam mir der Triebwerkstechniker Saats in den Sinn, als ich den Befehl gab, beide Sonderfahrzeuge zu überprüfen.
Die SKARABÄUS-Klasse war nicht für maximale Leistung vorgesehen, vielmehr war in diesen Schiffen primitivste Technik verbaut. Sie galten gerade noch als überlichttaugliche Kleinraumschiffe.
Auf Beschleunigung und Geschwindigkeit war kein Wert gelegt worden, Hauptsache, sie bewegten sich. Vorgabe an die Konstrukteure waren äußerste Robustheit und eine maximale Unanfälligkeit der Technik gegen Störfaktoren gewesen. Doch in der Praxis begab sich kein normaler Raumfahrer ohne wirklich zwingenden Grund in einen SKA-RABÄUS.
Die Terraner hatten sehr schnell ihre eigene Bezeichnung für diesen Typ geprägt: Mistkäfer! Ja, sie waren Barbaren.
Wusste keiner von ihnen mehr, welche Rolle der Skarabäus im Ägypten zur Zeit der Pharaonen gespielt hatte? Lag das schon so lange zurück, dass die meisten ihre eigene Historie vergessen hatten?
Der Skarabäus war nicht nur das Symbol der Schöpferkraft gewesen und wegen seiner goldschimmernden Flügeldecken mit der Sonne verglichen, sondern als Gottheit Chepre verehrt worden.
Waren die Terraner tatsächlich darauf angewiesen, dass ein Arkonide sie über ihre Kultur aufklärte?
Zwei Stunden veranschlagten die Techniker für die Überprüfung beider Beiboote. Falls sogar die einfachen Aggregate zu Ausfallerscheinungen neigten, würden sie es herausfinden, bevor eine Gefährdung eintreten konnte. Ohnehin beabsichtigte ich nicht, beide Schiffe in den Einsatz zu schicken. SKARABÄUS-2 würde für eine eventuelle Rettungsmission zunächst an Bord bleiben.
Ich hatte Zeit, die Besatzung für SKA-RABÄUS-1 zusammenzustellen. Zumindest nahm ich das an. Doch Major Delazars Anruf erreichte mich, als ich soeben den Ringwulsthangar verließ.
Das Multifunktionsarmband projizierte ihr holografisches Abbild über meinem Handgelenk. Obwohl der Hintergrund verschwommen wirkte, konnte ich erkennen, dass Marya sich beim Kantorschen Ultra-Messwerk aufhielt.
Stimmengewirr war zu vernehmen.
Er hat sich endlich aufgerafft!, kommentierte mein Extrasinn.
Halbe Sachen interessieren ihn eben nicht, gab ich in Gedanken zurück.
„Dr. Gregorian ist hier!", sagte die Chefwissenschaftlerin tatsächlich. In ihren Augen blitzte für einen Moment Zorn auf.
Bislang hatte ich nicht gerade viel mit Gregorian gesprochen, insgesamt vielleicht eine viertel Stunde, seit er von der AUBERG gekommen war.
Trotzdem hat er dich beeindruckt.
Das hatte er in der Tat. Auf eine schwer zu beschreibende Art und noch bevor ich Zeit gefunden hatte, seine Personalakte bis ins Detail zu studieren.
„Dr. Gregorian wünscht, dich hier zu sprechen, Atlan", fuhr Marya Delazar fort. „Es sei dringend, meint er, und die anwesenden Wissenschaftler sollen gleich mit anhören, was er zu sagen hat.
Er will nicht alles zweimal sagen müssen."
Major Delazar reagierte nicht auf mein vielsagendes Lächeln. Sie wirkte verärgert, wenngleich sie sich Mühe gab, das zu verbergen. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, dass Dr. Gregorian sich weigerte, ihre Anordnungen entgegenzunehmen, was Marya wiederum wenig Freude bereitete.
„Ich komme!", bestätigte ich. Die Verbindung erlosch.
Dr. Gregorian - selbst in Perrys Dossier hatte ich keinen Vornamen gefunden - gehörte zum erweiterten Stab von Malcolm Scott Daellian. Daellian wiederum war Residenz-Minister für Wissenschaft und Technik und Chefwissenschaftler der Liga Freier Terraner. Die Aufzeichnungen sprachen von einer wichtigen, aber nicht näher definierten Rolle, die Gregorian in Daellians Stab innehatte.
Offiziell war er als Begleitperson für das Kantorsche Ultra-Messwerk an der Charon-Wolke eingetroffen, hatte aber nicht eine Sekunde lang an der Einweisung unserer Fachkräfte mitgewirkt.
Vielmehr hatte er sich kommentarlos in ein Büro zurückgezogen und sich nicht einmal die Mühe gemacht, sein Verhalten zu begründen.
Denk dir nichts dabei, Atlan, wenn Gregorian sich benimmt wie die sprichwörtliche Axt im Walde, hatte Perry mir mitgeteilt. Niemand kann aus seiner Haut, er schon gar nicht.
Nicht einmal die Kommandantin hatte Dr. Gregorian bislang zu Gesicht bekommen - und er selbst hatte es unterlassen, sich vorzustellen. Eigentlich war er weder zu hören noch zu sehen gewesen. Seinen Arbeitsraum hatte er bislang kaum verlassen, und wenn, dann zumeist nur, um die Nasszelle seiner Kabine zu benutzen. Die Wissenschaftler, die von seiner
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