2319 - Die Siedler von Vulgata
Velved Karwai.
Arrick überlegte kurz. „Es gibt ein weiteres Ritual, das wir unbedingt einhalten müssen", sagte er. „Wir müssen eine Glocke läuten." Er führte die Galchinen zum Haus Levitikus. Überall auf dem Weg dorthin rannten die Siedler vor ihnen davon.
Die Treppe zum kleinen Glockentürmchen war von einer Tür versperrt, deren schweres Vorhängeschloss nur vom Patriarchen geöffnet werden konnte. Er schlug vor: „Uns mangelt es an Zeit, richtig? Wäre es möglich, dass einer von euch dort hinaufspringt und die Glocke bedient? Man muss nur an diesem Strick ziehen und ihn hin und her werfen. Der Ton ruft den Patri... Kommandeur und den Ältestenrat zusammen."
Velved Karwai knackte einen Befehl.
Sofort sprang einer der Galchinen auf das Dach des Hauses. Von außen langte er in das Türmchen hinein` und packte den Glockenstrang. Er schüttelte ihn wild. Die Glocke läutete.
Es war ein furchteinflößender Anblick: das Höllengeschöpf, das auf dem Dach kauerte und seinen dünnen, überlangen Arm in das Glockentürmchen reckte.
Arrick fragte sich, ob überhaupt einer der Ältesten es wagen würde, hierher zum Haus Levitikus zu kommen. „Das genügt!", rief er.
Der Galchine machte einige Sätze auf dem Dach und sprang dann leichtfüßig herab.
Die Höhe schien ihm überhaupt nichts auszumachen. Sicher waren die Galchinen gute Kletterer. Gestattete man ihnen zu bleiben, würden sie erfolgreich Jagd auf die Spinnen machen.
Sie warteten.
Arrick setzte zu einer Erklärung an: „Der Kommandeur ist ..." Erleichtert sah er Kantur Gotha um die Ecke des Hauses Josua biegen, bei ihm etliche der Ältesten. „Da ist er."
*
Der Patriarch zeigte keine Furcht.
Während die Ältesten sich ängstlich hinter ihm hielten, schritt er aufrechten Hauptes den Galchinen entgegen. Vielleicht hatte er seine Waffe im Ärmel verborgen und rechnete damit, die Bestien mühelos töten zu können, wenn das notwendig wurde.
Velved Karwai legte auf seltsame Weise den Kopf schief und bot dem Patriarchen seinen Hals dar. Währenddessen biss er sich selbst in die Klaue. War das ein Begrüßungsritual der Galchinen, das sie vollführten, wenn sie Respektspersonen begegneten?
Als der Patriarch stehen blieb und nicht auf das Ritual einging, richtete sich Velved Karwai auf. Er wuchs immer weiter in die Höhe, reckte den Kopf weit über Kantur Gotha und die anderen hinauf. Auch seine beiden Begleiter hielten die Schnauzen nun stolz aufgerichtet. Groß und kräftig standen sie mit ihren glänzenden, von Warzen bedeckten Bäuchen vor dem Patriarchen.
Arrick schluckte. Womöglich hätte der Patriarch anders reagieren müssen. Nun hielten sich die Galchinen für die Höhergestellten. Es war offensichtlich. „Dies", sagte er und wies dabei auf die Galchinen, „sind Besucher aus dem Weltall. Intelligente Geschöpfe Gottes wie wir. Ich bitte ..."
Ein scharfes Knurren Velved Karwais brachte ihn zum Schweigen. Verunsichert sah er zu dem Galchinen hinüber. „Ich kann für mich selbst sprechen", sagte Velved Karwai. „Verehrter Kommandeur der Terraner von Vanderbeyten, wir sind hier, weil wir Asyl nehmen wollen bei euch."
„Nicht hier", sagte Kantur Gotha knapp.
Er schritt an den Galchinen vorüber und öffnete die Tür zum Haus Levitikus. „Die Glocke hat geläutet, also versammeln wir uns im Ratssaal. Das Volk hat genug gelitten durch euren Anblick."
Arrick beobachtete besorgt die Galchinen, aber wenn sie beleidigt waren, ließen sie es sich nicht anmerken. Sie duckten sich durch den Türeingang und folgten dem Patriarchen. Mit Arrick gingen schließlich auch die Ältesten hinein. Sie alle durchquerten die leere Verkaufshalle.
Gotha selbst hielt an ihrem Ende die Tür mit den geschnitzten Menschenfiguren auf, bis der Letzte den Ratssaal betreten hatte.
Dann schloss er sie, wartete noch, dass sich die Ältesten auf ihre vorbestimmten Plätze setzen konnten, und sagte schließlich: „Unangemeldeter Besuch ist uns auf Vanderbeyten nicht willkommen."
„Bitte verzeih." Velved Karwai befeuchtete sich mit der pockigen Zunge die Nase. „Wir haben uns aus Sicherheitsgründen nicht angemeldet. Das Risiko war einfach zu groß, dass die Terminale Kolonne den Funkspruch aufzeichnet. Keine Unhöflichkeit also. Wir sind unangekündigt erschienen, um euch und uns nicht zu gefährden." Er sah sich um. „Wunderschöne Exemplare gayavenischer Larvenbilder habt ihr da an den Wänden."
„Lass die Schmeicheleien, Unhold. Habe ich
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