2329 - Gestrandet in Hangay
wirkte er dennoch äußerst massig. Ron-Sha-R'itt hatte jedenfalls sichtlich Mühe, seine Überraschung zu verbergen, als Rakane sich dröhnend den Schnee abklopfte.
Dao-Lin bemerkte, dass Tekener sie verstohlen musterte. Möglich, dass er das unbewusst tat. Trotzdem hatte sie mit einem Mal das Empfinden, als drehe sich die ganze Welt um sie.
*
Alle, die zum ersten Mal einen Haluter sahen, reagierten erschrocken. Der Graukartanin machte in der Hinsicht keine Ausnahme, wenngleich Tekener ihm zugute hielt, dass er sich erstaunlich schnell wieder in der Gewalt hatte. „Das ist Ron-Sha-R'itt, der Hohe Mann von Ultrablau", stellte Dao-Lin-H'ay ihren Begleiter vor. „Wir werden auf ihn angewiesen sein ..."
Warum sagte sie das? Tek wischte sich den Reif aus dem Gesicht. Er sah den Blick, mit dem der Graukartanin Dao bedachte, dieser Blick hing länger als nötig an ihr, etwas zwischen Bewunderung und Begehren, und Dao lächelte, als sie darauf aufmerksam wurde. Das flüchtige Aufblitzen in ihren Augen konnte nicht verborgen bleiben, jedenfalls nicht jemandem, der wie Ronald Tekener die Kartanin längst fast ebenso gut zu kennen glaubte wie sein eigenes Volk. „Ich gestehe ein, dass mich dein ... dass mich Ihr Anblick für einen Augenblick erschreckt hat, Blo Rakane", entschuldigte sich Ron-Sha-R'itt. „Dao hat mir bereits sehr viel über Sie berichtet, selbstverständlich nur Positives."
„Selbstverständlich?" Der Haluter lachte verhalten, aber trotzdem in einer Lautstärke, die unangenehm war. „Ich hoffe, dass es nicht auch anderes zu berichten gibt."
Ron-Sha-R'itt wandte sich Tekener zu und deutete ein respektvolles Nicken an. „Unser Expeditionsleiter, Ronald Tekener!", sagte Dao-Lin-H'ay. „Ronald Tekener", wiederholte der Kartanin, „dir darf ich ebenfalls für die schnelle Unterstützung danken. Ohne die Energieübertragung von der SOL hätten wir den überwiegenden Teil unserer Nahrungsproduktion verloren. Ich weiß es zu schätzen, wie sehr Dao sich für uns eingesetzt hat. Ihre Freunde sind zugleich die Freunde aller Graukartanin."
Wie beiläufig streifte seine Hand über Daos Rücken. Tekener atmete tief ein, denn das war etwas, das sie nie geduldet hatte; eine solche Berührung eines Fremden, und sie hätte fauchend die Krallen gezeigt. Jetzt straffte sie sich nur.
Tek kannte diese Reaktion, ein wohliges Sichanspannen ... und in dem Moment erkannte er, dass er seiner Partnerin nicht mehr sicher sein konnte. Ein absonderlicher Gedanke.
Dao und er, sie waren eins, hatten in langen Jahren zueinander gefunden und gelernt, die Grenzen ihrer Abstammung zu vergessen - in gewisser Weise waren sie ein Vorzeigepaar kosmischer Harmonie geworden. Angehörige einander fremder Völker, die nicht nur aus verschiedenen Galaxien, sondern zudem aus unterschiedlichen Universen stammten.
Genetisch nicht austauschbar, trotzdem einer vom anderen fasziniert.
Vielleicht, dachte Tekener betroffen, war es gerade das Exotische, was uns aneinander gefesselt hat. Ebenso die Tatsache, dass wir beide einen Aktivator tragen und damit potenziell unsterblich sind.
Natürlich hatte immer die Gefahr bestanden, dass sie eines Tages der Anziehung eines männlichen Kartanin erlag. Körperliches und seelisches Wohlbefinden war nicht nur eine Metapher, sondern stand in enger Wechselwirkung mit der eigenen Biologie.
Die Berührung eines Kartanin überschwemmte Dao-Lins Metabolismus mit anderen Botenstoffen als seine, Teks, ihr längst vertraute Nähe. Daran konnte er - krass, aber zutreffend ausgedrückt, als „Artfremder" - nichts ändern, er konnte es ihr nicht verübeln, aber er war trotzdem sicher, dass Dao nach einigen Nächten zu ihm zurückkommen würde. Was war schon der Reiz des Flüchtigen gegen das Vertraute?
Inzwischen wurden sie von einigen Dutzend Graukartanin umringt, die nicht nur Blo Rakane gebührend bestaunten, sondern sich ausgiebig um Tekeners Ski bemühten. Wie ein Lauffeuer schien sich herumzusprechen, auf welche Weise der Fremde U'Hartu erreicht hatte. „Es ist völlig simpel und nur eine Frage der Körperbeherrschung", erklärte der Smiler. „Diese Ski bestehen aus bruchsicherem Kunststoff. Sie verteilen das Gewicht und verhindern damit ein Einsinken selbst in lockeren Schnee ..."
„Für solche Dinge ist später Zeit", unterbrach Dao-Lin-H'ay. „Je eher wir eine gemeinsame Vorgehensweise finden, desto besser für alle."
„Ich nehme an, du hast den Bürgermeister bereits über vieles
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