2329 - Gestrandet in Hangay
Schimmer der Notbeleuchtung neben dem Schott war nicht mehr als ein Irrlicht und reichte nicht einmal aus, Daos schlanken Körper erkennen zu lassen. Sekundenlang lag der Smiler noch reglos und lauschte in die Finsternis, bis er sich endlich auf die Seite drehte undden Arm ausstreckte. Aber anstatt seine Finger in Daos Fell zu vergraben, fasste er ins Leere, wälzte sich hinüber ins andere Bett... ... und erkannte, dass ihn sein Unterbewusstsein genarrt hatte, das Verlangen, Dao-Lin in die Arme zu nehmen und ihr zu zeigen, dass er sie wie am ersten Tag begehrte. Die vergangenen Wochen hatten ihnen wenig Gelegenheit geboten.
Dao-Lin-H'ay war bislang nicht aus der Stadt der Graukartanin zurückgekehrt.
„Licht!", sagte er der Gewohnheit folgend, doch die Dunkelheit blieb, bis auf das fahlgrüne Auge neben dem Schott. Der syntrongesteuerte Servo funktionierte nicht mehr, eine von sehr vielen Annehmlichkeiten, deren Selbstverständlichkeit längst niemand mehr bewusst zur Kenntnis genommen hatte.
Als der Schottmelder ansprach, schwang Tekener sich soeben aus dem Bett. Er griff nach der Uniformjacke, die er sich dürftig um die Hüfte schlang, und öffnete. „Eine Holoaufzeichnung, Sir!"
Vor ihm stand einer der von den Mom'Serimern in Betrieb genommenen Kampfroboter, zumindest war es eine Maschine dieses Typs, und streckte ihm die Greifhand mit einem kleinen Datenkristall entgegen. „Die Kartanin gab mir den Befehl, den Kristall persönlich anzuliefern, Sir."
Tek griff zu und schaute kopfschüttelnd dem Roboter nach, der schon wieder davonschritt. Sir... Beinahe erschien es ihm, als hätte mit der veränderten Hyperimpedanz eine gewisse Nostalgie Einzug gehalten.
Das Schlechteste wäre das nicht, sagte er sich lächelnd, während das Schott hinter ihm zuglitt und er den Datenkristall in die Lesemulde legte.
Ein lebensgroßes Hologramm entstand.
Dao-Lin blickte ihm ungewohnt ernst entgegen. Tekener schürzte die Lippen.
Nichts entging ihm, weder die fremde Umgebung, in der sich Dao aufhielt, noch die Kartanin, die im Hintergrund ihren Tätigkeiten nachgingen.
Ein Mann, größer und kräftiger als die anderen, mit eisgrauem Fell, lenkte Tekeners Aufmerksamkeit ab. Der Kartanin schien etwas sagen zu wollen, blickte dann aber nur interessiert in die Aufnahmeoptik. Trotz seines Lachens empfand Tek den Blick als unnachgiebig und charismatisch zugleich. Das musste der Erste Bürger sein, der mit den Kettenfahrzeugen zur SOL gekommen war. Wahrscheinlich, um uns anzugreifen, -dachte Tekener belustigt, weniger, um uns beizustehen. „Ich weiß, dass dir die Einsatzbereitschaft der SOL am Herzen liegt, Tek", sagte Dao-Lin. „Mach dir also um mich keine Sorgen, hier entwickelt sich alles zur vollen Zufriedenheit. Wir sind zwar erst seit vierundzwanzig Stunden auf Ultrablau, aber die Energieleitung vom Schiff bis U'Hartu wird schon in Kürze fertig gestellt sein. Die Mom'Serimer sind unermüdliche Helfer."
Tekener versuchte, in ihrer Miene zu lesen.
Dao wirkte angespannt, auf gewisse Weise sogar verkrampft. Ihr Mund lachte zwar, doch Tekener erkannte, dass ihr nicht nach Lachen zumute war. „Das hier ist das Stadthaus im Zentrum von U'Hartu, hier laufen unter normalen Umständen alle Fäden zusammen. Sobald die Energieversorgung steht, werden etliche Aggregate wieder anspringen, dann werden wir endlich über eine konstante Funkverbindung zur SOL verfügen.
SENECA übernimmt mit einem Teil seiner Kapazität die Rechenarbeit der ausgefallenen Syntrons. Wir haben in den Graukartanin gute Freunde gefunden, Tek.
In Kürze ist der Zeitdruck erst einmal raus.
Dann wird es Zeit für eine Besprechung.
Du, Tek, und Blo Rakane - wir bitten euch beide zu einem Gespräch in das Stadthaus."
Du bittest uns nach U'Hartu?, wiederholte Tekener in Gedanken. Wäre das nicht eher Sache des Bürgermeisters? „Ron-Sha-R'itt ist begierig darauf, euch kennen zu lernen", schloss Dao. „Wir schreiben bereits den 12. September.
Treffen um fünfzehn Uhr Bordzeit."
Obwohl Dao-Lin nun geradewegs in die Kamera schaute, verlor sich ihr Blick in weiter Ferne. Sekundenlang wartete Ronald Tekener darauf, dass sie mehr sagte, irgendeine private Bemerkung, aber dann erlosch das Bild in einem grellen Flirren.
Fünfzehn Uhr ... Bis dahin waren noch einige Stunden.
*
Wolkenlos und mit gleißender Helligkeit hing der neue Tag über dem Kontinent.
Der Himmel war von frostig klarem Weiß, nur über dem fernen Horizont sammelten sich fahle
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