2342 - In der Kaverne des Laboraten
verlassen, dass die primitiven Maschinen, die in engen Nischen hinter den Stollenwänden standen, ihn im Notfall nach oben bringen würden. Zuerst hatte er selbst nicht gewusst, dass es diese Maschinen überhaupt gab.
Sie waren da, falls ein Schachtsteiger verunglückte oder den Strangeness-Effekten zum Opfer fiel. Aufgrund ihrer schlichten Bauweise wurden sie von diesen Effekten kaum erfasst; für komplexere Arbeiten waren sie- allerdings auch nicht geeignet. Den Laboraten mussten sie nicht überwachen; er konnte den Chaosschacht ohnehin nicht verlassen, denn die normale Umgebung hätte ihn sofort getötet.
Jothadún ging oft nach unten, sehr viel häufiger als die anderen Schachtsteiger.
Sie mussten ihn bald für verrückt halten. dass er die Tortur immer wieder auf sich nahm, zumal sie selbst längere Ruhepausen brauchten.
Als der Effremi endlich glaubte, den Laboraten völlig unter seiner Kontrolle zu haben, erreichte ihn ein neuer Befehl aus dem Zenter-Kreis. Er wurde ab sofort von seiner Tätigkeit entbunden und hatte sich im Progress-Amt einzufinden - zum direkten Dienst beim Progress-Wahrer.
Jothadún zweifelte nicht daran, dass der Befehl erneut von Kalbaron Rodyge kam.
*
Wehmut war dabei, als der Effremi sich vor dem Prallschirm umwandte und den Blick über die Terrassen der Dienstburg schweifen ließ. Der Stadt-Tag mit seiner gleißenden Helligkeit, die von allen Seiten auf die Zentrumsebene hereinbrach, machte es ihm nahezu unmöglich, das Weltraumschwarz zu sehen. Die wenigen langsam über den Himmel ziehenden Sterne waren keine fernen Galaxien, sondern Traitanks, die zur Landung ansetzten.
Sein Leben, erkannte Jothadún, hatte sich mit der Schlacht um TRYCLAU-3 grundlegend verändert. Es war nicht mehr ruhig und beschaulich wie einst, sondern auf erschreckende Weise von einer stetig voranschreitenden Veränderung geprägt.
Wobei es zugleich den Anschein hatte, als falle er ohne eigenes Zutun die Ränge einer festgefügten Hierarchie hinauf.
Wollte er das überhaupt? Mit beiden Händen streifte er hastig durch sein Fell und versuchte, die letzten Spuren einer unruhig schlaflosen Nacht zu verwischen.
Wenn die Kolonne ihn rief, hatte er zu gehorchen.
Immerhin trafen ihn jetzt schon Hunderte beneidender Blicke. So, wie er am Anfang hier gestanden und neugierig in das Innere des Zenter-Kreises und zu dem Silberturm hinübergeschaut hatte, so standen nun andere. Sie beobachteten den kleinen Effremi, der zielstrebig auf die Barriere zuschritt, als existiere sie überhaupt nicht.
Er glaubte, ihren Neid zu spüren.
Vielleicht waren sie enttäuscht, dass er nicht zurückgeworfen wurde. Sein Herz jedenfalls raste, als er den Schirm durchschritt, ohne aufgehalten zu werden.
Der ID-Chip, den er wie jeder andere Bewohner der Dienstburg seit seinem Arbeitsantritt unter der Haut trug. hatte ihm den Weg geöffnet.
Der Silberturm des Progress-Amts erhob sich dominierend im Zentrum von CRULT. Ringsum waren die deutlich kleineren Verwaltungsgebäude gruppiert.
Jothadún hatte sich den ersten Bauten bis auf wenige hundert Schritte genähert, als er wieder den großen, düsteren, geflügelten Schemen erblickte. Der Terminale Herold hatte offenbar erst vor wenigen Augenblicken den Silberturm verlassen.
Jothadún hätte nicht zu sagen vermocht, ob es derselbe Herold war, den er vor Wochen gesehen hatte. Von diesem betörenden Geschöpf ging diesmal eine Woge der Aufregung und Zufriedenheit aus.
Zwei Duale begleiteten den Terminalen Herold. Sie waren aus Angehörigen von Kolonnen-Völkern erschaffen worden, die Jothadún nie zuvor gesehen hatte. Er wagte in dem Moment auch nicht, sie allzu interessiert anzustarren. denn ringsum wimmelte es von hochrangigen Mor'Daer.
Je näher er kam, desto mehr Effremi sah er zwischen den Gebäuden umherhasten.
Eine eigenartige Stimmung hing in der Luft. Jothadún kannte dergleichen nicht.
Dieses Hochgefühl griff auf ihn über, als er zwischen den ersten Bauten hindurchschritt und aus dem Nichts heraus ein faustgroßes holografisches Abbild seiner selbst materialisierte, das ihn führte.
Für einen kurzen Zeitraum erschien es ihm, als wende sich der Terminale Herold ihm zu. Er glaubte zu spüren, dass die Blicke des Geflügelten ihm folgten, bis er hinter das nächste Bauwerk einbog.
Seine Ohren bewegten sich unablässig. Er schnappte Gesprächsfetzen auf, hörte Mor'Daer von TRYCLAU-3 reden und von anderen Kosmonukleotiden, ebenso von den Ordnungsmächten und
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