2377 - Escher
überträgt die Rekrutierung neuer Prozessoren an Pal Astuin und Merlin Myhr, die beiden TLD-Agenten.
Zuerst ist Savoire davon wenig angetan, denn sein Misstrauen gegen die beiden Schwarzgekleideten ist ungebrochen. Zu seinem Erstaunen erweisen sich Astuin und Myhr als ausgesprochen fähig. Sie machen immer wieder perfekte Testpersonen ausfindig, begabte, brillante Geister, deren Verstand und Wissen unendlich wertvoll für ESCHER sind.
Außerdem scheinen Astuin und Myhr nie zu versagen und notfalls eine durchschlagende Überzeugungskraft zu entwickeln. Jede anvisierte Zielperson stellt sich freiwillig zur Verfügung, die absoluten Spitzendenker Terras stehen als Prozessoren bereit.
Splitter Die Erfolgsrate in der Gedankenkammer steigt sprunghaft an.
Immer wieder entstehen für Sekunden Verbindungen, wie sie nie zuvor erreicht wurden. Der Verbund aus Positronik und neuralem Netz der Prozessoren erbringt eine geradezu überirdische Rechenleistung.
Eine Leistungsmessung ist in jenen kurzen Augenblicken unmöglich, da der Output jedes bekannte Maß weit übertrifft: Savoire schreibt dies offiziell den 0,5 Gramm Salkrit zu, die ESCHER zur Verfügung gestellt und von Hypermechanikern in die SERT-Hauben integriert wurden.
ESCHER beginnt zu funktionieren...
Splitter Dennoch ist Savoire unzufrieden, zumindest, wenn er die nötige Ruhe findet, um nachzudenken.
Ihm ist, als wachse in der Gedankenkammer die mentale Präsenz stetig weiter an. Rodin Kowa verliert nie ein Wort darüber, auch sonst niemand, und Savoire fragt sich, ob er sich zu viele Gedanken über dieses Detail macht.
Wahrscheinlich kann niemand außer ihm es spüren, weil niemand außer ihm telepathisch begabt ist.
Er muss lernen, sein Misstrauen alles und jedem gegenüber zu besiegen.
Dann wird sein Augenmerk brutal auf zwei Prozessoren gelenkt; zwei Freiwillige der ersten Stunde, die nicht erst von Astuin und Myhr an Bord geholt wurden, sondern von Anfang an Teil des Projekts gewesen sind.
Patmur Derz und Ulsa Garfinker. Die beiden sind verheiratet. Er ist Paläontologe, sie Chemikerin. Sie sind beide extrem freundlich.
Oder sie waren es.
Sie sterben beide nahezu gleichzeitig mitten im Betrieb der Gedankenkammer.
Splitter Die beiden schrecklichen Todesfälle rufen Bestürzung hervor. Natürlich werden die Prozessoren während ihres Dienstes laufend überwacht. Die medizinischen Daten liefern keinerlei Hinweise auf die Todesursache von Derz und Garfinker.
Es gibt nur eine Erklärung: Die beiden waren alt. Es war Pech und Zufall, nichts weiter.
Der Dienst als Prozessor war für sie nichts Neues, sie hatten sich Dutzende, wenn nicht Hunderte Male zur Verfügung gestellt, und nie hatten sich gesundheitliche Probleme eingestellt.
So ist es eben. Irgendwann sterben Menschen. Bedauerlich. Schade. Aber unabwendbar.
Manchmal denkt Savoire, es müsse mehr dahinterstecken, doch dann erinnert er sich an die medizinischen Messwerte und sagt sich, dass es keine andere Erklärung gibt.
Es bleibt nur zu hoffen, dass ihr Ableben kein schlechtes Omen für das Projekt bedeutet.
Splitter Savoire beobachtet immer öfter und mit zunehmendem Befremden, dass sich Rodin Kowa wieder und wieder aus der Tagesarbeit zurückzieht und als Prozessor in das neurale Netz integriert, obwohl dies gerade in Zeiten des Erfolgs vom wissenschaftlichen Standpunkt her strenger denn je verboten ist.
Doch er ist nicht der Einzige.
Andere Mitarbeiter handeln genauso.
Bald besetzt nahezu konstant mindestens ein Wissenschaftler des Teams einen Kreuzkokon.
Savoire schwindelt, als ihm das Ausmaß des Geschehens bewusst wird. Und als er sogar Sybel Bytter und Wilbuntir Gilead seine letzten verbliebenen Freunde, in der Gedankenkammer erwischt, da weiß er, dass er niemandem mehr vertrauen kann.
Die Dinge sind aus dem Ruder gelaufen.
Wo früher eine verschworene Gemeinschaft bestand, wird an allen Enden im ESCHER-Turm geflüstert und gewispert. Eine Atmosphäre der Kälte entsteht.
Und Savoire weiß, dass etwas geschehen muss, ehe der Blindflug, in den ESCHER übergegangen ist, endgültig zu einer Katastrophe führt.
Doch erst Anfang April geschieht etwas, das ihn endgültig aus der Passivität reißt und ihn vom bloßen Beobachter wieder zum aktiv Handelnden werden lässt.
10.
5. April 1345 NGZ Es klapperte und klimperte überall. Savoire sah sich flüchtig um. Es mochten etwa fünfzehn oder zwanzig seiner Kollegen in der Cafeteria ihre Abendmahlzeit genießen.
Wenn man
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