2382 - Der refaktive Sprung
Masse, die den Kontrast eher verstärkte, als dass sie ihn abschwächte. Rhodan hatte sich schon immer gefragt, wieso das Leuchten am Ereignishorizont am grellsten war, obwohl die Dunkelheit es doch eigentlich hätte überdecken müssen.
Als wolle die Schöpfung ihr Werk kaschieren, als könne sie selbst die Schwärze des Lochs nicht ertragen, das sie hervorgebracht hatte.
Rhodan kannte die Antwort: Dort endete die vertraute Raumzeit.
Dort begann der Absturz in das Unbegreifliche.
Kein Lichtquant konnte dem Sog entrinnen, sobald es einmal die Grenze überschritten hatte. Sogar die Geschwindigkeit des Lichts reichte nicht aus, diesem Moloch zu entrinnen. Das war, jenseits sämtlicher menschlichen Vorstellungskraft, der gravomechanische Mittelpunkt der Milchstraße, die gigantische Nabe, um die sich buchstäblich alles drehte.
Kein Lichtquant, aber ein Quant der Finsternis? Hatten sie von dieser Schwärze, deren bloßer Anblick einen Menschen um den Verstand bringen konnte, nichts zu befürchten?
Rhodan hielt den Atem an, als Zehntausende - nein, alle hunderttausend Dunklen Ermittler, wurde ihm plötzlich klar - über dem Ereignishorizont des Dengejaa Uveso ihren Tanz aufführten.
Ein anderer Begriff fiel ihm nicht dazu ein.
Es war ein Reigen von atemberaubender Faszination und entsetzlichem Schrecken, den die Quanten der Finsternis dort trieben, ein Vorgang, der seinem Verstand gänzlich unverständlich blieb.
Sie sprangen auf und ab, hin und her, einem ureigenen, wunderschönen Rhythmus folgend.
Rhodan stieß mit einem leisen Zischen den Atem aus, als er sah, wie einige Quanten der Finsternis das Spiel zu übertreiben schienen. Sie ließen sich immer tiefer zur Akkretionsscheibe hinabfallen, gaben dann für Sekundenbruchteile ihren Rhythmus auf, verharrten dort, als hätten sie Schwierigkeiten, dem Gravitationssog doch noch zu entkommen. Und dann trieb das erste Quant Lichtsekunden tief in den Mahlstrom, dabei irrwitzig zuckend, wie in höchster Euphorie oder Erregung.
Der Tanz hatte sein erstes Opfer gefordert.
1.4
Sekunden später wurde Rhodan klar, dass er sich geirrt hatte. Unvermittelt schoss das Quant der Finsternis wieder aus dem Moloch hervor, kehrte zurück von jenem Ort, an dem selbst Licht rettungslos verloren war. Das Quant trieb kurz in jener Zone, in der die Schwerkraft selbst Riesensonnen zerfetzte, musste sich anscheinend erholen und reihte sich dann wieder in den Reigen ein. „Was tun sie da? Was bringt diese Bewegungsform ihnen? Ist das der refaktive Sprung?" Rhodan merkte, dass er laut gesprochen hatte, obwohl er eigentlich nur seine Verwunderung in Gedanken kleiden wollte. „Ich weiß nicht." Aquinas' Stimme wirkte angesichts des Schauspiels, das Rhodan beobachtete, so un- glaublich profan, dass er den Roboter am liebsten aus der Zentrale geschickt hätte. Aber sie holte ihn zurück in die Wirklichkeit und machte ihm klar, dass er sich der Faszination dieses Tanzes nicht länger hingeben durfte, wollte er sich nicht endgültig darin verlieren. „Ich kann es nur vermuten."
Rhodan nickte, noch immer geistesabwesender und gefesselter, als ihm lieb war. „Aber ich habe die Datenholos analysiert, die die Messungen der schiffseigenen Orter zusammenfassen", fuhr der Roboter fort.
Daten, die auch Rhodan aufgerufen hätte, wäre er nicht dieser Faszination des Tanzes erlegen - und vollständig Herr seiner Sinne gewesen. „Die Instrumente haben eine ndimensionale Strahlungsquelle angemessen, die sich offenbar unterhalb des Ereignishorizonts des Dengejaa Uveso befindet. Um genau diese Quelle bewegt sich der Tanz im mathematischen Mittel."
Rhodan begriff sofort, was Aquinas meinte, auch wenn er sich noch keinen Reim auf diese Aussage machen konnte. „Ndimensional bedeutet zweifellos, dass hier Energieformen höherer Ordnung freigesetzt werden", fragte er den Roboter, „und zwar jenseits terranischer Begrifflichkeiten?"
„Ich befürchte es", entgegnete Aquinas. „Aber wieso tanzen sie um diese Quelle?
Und was für eine ist das?"
„Ich kann sie auch nicht näher einordnen.
Die Daten erschließen sich mir nicht vollständig."
Sagte der Roboter die Wahrheit, oder verschwieg er etwas?
Aber du weißt doch zumindest, ob das, was wir hier beobachten, der refaktive Sprung ist?"
„Alles lässt darauf schließen."
„Hängt dieser Tanz am Ereignishorizont mit dem ominösen Versprechen der Chaotarchen an die Dunklen Ermittler zusammen, das nie erfüllt wurde?"
„Ich weiß es
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