2389 - Die Opal-Station
Stellvertreter. „Es tut mir leid", erwiderte der Mor'Daer namens Ysenil. „Der Kommandeur hat ausdrückliche Anweisung erteilt, dir keine Auskunft über seinen Aufenthaltsort zu erteilen."
Kintradim Crux trat vor die große Holo-Projektionswand, die ZEUDIR und die nähere Umgebung zeigte. Er deutete auf eine Vielzahl roter Punkte, die sich bislang in einem Sektor formiert hatten, nun aber auszuschwärmen begannen. „Die Walzen der Kosmokraten", sagte er. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie uns entdecken werden. Dann werden sie eine Kosmische Fabrik herbeirufen, gegen die wir nicht die geringste Überlebenschance haben. Wollt ihr alle völlig sinnlos sterben?"
Ysenil antwortete nicht. „Du weißt, wer ich bin?", fragte Kintradim Crux. „Der Absolvent der Akademie von Harcoy-Maranesh. Der Herr Xpomul persönlich erwartet dringend meine Ankunft. Ich stehe zwar nicht in eurer Ranghierarchie, könnte aber jederzeit das Kommando über ZEUDIR übernehmen ... falls Armalschu seine Pflichten nicht mehr wahrnehmen könnte. Mit dem Abschluss der Akademie von Harcoy-Maranesh wurden mir gewisse Hoheitsrechte verliehen. Du verstehst, was ich meine?"
„Nicht ohne eine Bestätigung der zuständigen Stellen", gab der Mor'Daer zurück. „Armalschus Befehle sind eindeutig."
Crux lächelte schwach - oder verzog sein Gesicht zu einer Miene, die der Schlangengesichtige hoffentlich als kaltes Grinsen deuten würde. So ähnlich sie sich auch waren, gab es doch beträchtliche Unterschiede zwischen ihrer Physiognomie.
Also hatte Armalschu seine Untergebenen genau instruiert. „Er hat ZEUDIR verlassen, nicht wahr?"
Erneut antwortete Ysenil nicht.
Crux trat, ohne dass der Mor'Daer ihn daran hinderte, an ein Terminal, rief das Stationslog der letzten Tageinheit auf und ließ sich die Schiffsbewegungen zeigen.
Ein einziger Start war verzeichnet. Wenige Stunden zuvor hatte ein Beiboot ZEUDIR verlassen. „Armalschu ist nicht mehr hier", stellte Crux nüchtern fest.
Erneut gab der Mor'Daer keine Antwort, stand einfach nur da, sah ihn an.
Kintradim Crux musste sich eingestehen, dass er Armalschu und dessen Perfidie unterschätzt hatte. Er konnte es nicht beweisen, doch er war überzeugt, dass der Preaggor absichtlich mit dem Start seines Beiboots, mit einer gezielten Streu-Emission, die Kosmokratenverbände zur Station gelockt hatte.
Nur der Grund dafür wollte sich ihm nicht so recht erschließen. Wieso hatte Armalschu so gehandelt? Ging sein Hass auf ihn tatsächlich so weit, dass er die günstige Gelegenheit nicht nur nutzte, sondern geradezu heraufbeschworen hatte, um ihn sich vom Hals zu schaffen? Und zwar, ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen?
Crux konnte diesem Schachzug eine gewisse Eleganz nicht absprechen!
Armalschu gab zwar ZEUDIR mit der kompletten Besatzung dem Feind preis, musste aber nicht persönlich die Hand gegen ihn erheben. Irgendwelche Kosmokratenknechte würden die Drecksarbeit für ihn erledigen.
Warum?, fragte sich Crux erneut.
Er spielte kurz mit dem Gedanken, Ysenil ultimativ aufzufordern, ihm das Kommando zu übergeben, und ihn bei einer Weigerung vor den Augen der Zentralebesatzung zu töten, nahm dann aber Abstand davon. Er hatte Armalschus Gerissenheit unterschätzt; nun durfte er nicht den Fehler begehen, den Kadavergehorsam der Besatzung zu unterschätzen. „Du musst etwas unternehmen", sagte er zu dem Mor'Daer. „Ruf Hilfe."
„Jeglicher Funkverkehr ist und bleibt untersagt. Wir haben unsere Befehle."
„Auch in Armalschus Abwesenheit?"
„Erst recht in Armalschus Abwesenheit.
Jeglicher Funkverkehr ist untersagt, ebenso jegliche Positionsveränderungen, die dem Feind Hinweise auf unsere Position liefern könnten."
„Wie du meinst." Crux sah sich bestätigt.
Die Soldaten-Raumfahrer von ZEUDIR hielten mit sklavischer Ergebenheit an Armalschus Befehlen fest, auch wenn das ihren Tod bedeuten würde.
Er drehte sich wortlos um und verließ die Zentrale.
*
Er hoffte, dass Ysenil seinen Abgang so verstehen würde, wie er ihn seiner Inszenierung zufolge verstehen sollte - nämlich falsch. Er war nicht bereit, untätig auf das Ende zu warten.
Nicht umsonst hatte er als Einziger seines Jahrgangs die Ausbildung in Harcoy-Maranesh überstanden; sie hatte ihn bestens darauf vorbereitet, eigenständig zu denken und Initiative zu entwickeln, erst recht, wenn es um das eigene Leben ging.
Er erinnerte sich an die Worte, mit denen man ihn an der Akademie in Empfang
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