2392 - Die vergessene Stadt
Kopf und seinem schmalen Rumpf entfernt.
Saugnäpfe hinterließen rote, runde Abdrücke an Bauch und Brust.
Ein Mann trat in seinen Gesichtskreis.
Partasim Jomo. Filicut hatte sein humorloses Lächeln deuten gelernt. Sein neuer Dan'za und Vorgesetzter war hocherfreut. „Die Daten, die wir aus deinem Kopf gewonnen haben, sind bemerkenswert, mein Kleiner." Eine feuchte, kalte Hand streichelte über Filicuts Stirn, strich eine Haarsträhne beiseite. „Du bist begabter als die meisten von uns."
„Und warum habe ich bis jetzt nichts davon gemerkt?"
„Diese Gabe verhält sich ähnlich einem Tier. Bei vielen Inkar-Durnern macht es sich sofort bemerkbar. Schreit laut, will befreit werden. In seltenen Fällen jedoch verhält es sich ruhig. Es ruht, wachsam, wartet darauf, dass sein Besitzer, in dessen Leib es heranwächst, alt genug wird, damit sie miteinander ... spielen können."
Die Hand fuhr über seine Wange, verharrte dort. „Wenn es zu lange wächst, immer größer in dir wird, kann es geschehen, dass es zu mächtig wird. Dann bricht es eines Tages aus dir heraus wie ein Ungetüm, frisst dich auf und tötet dich." Jomo seufzte. „Es könnte unglaublichen Schaden anrichten, wenn man seinem Wachstum zu lange zusieht und nichts unternimmt. Es könnte die ganze Stadt gefährden."
„Und was ist dieses ... Tier?"
Tiere waren Wesen, die in den Käfigen unterhalb der hydroponischen Gärten als Nahrung herangezüchtet wurden: Handgroße Käfer, armlange Schlangenkrabbler und proteinreiche Wanzen, die ein bedrohliches Summen ausstießen, wenn man ihnen zu nahe kam.
Wann auch immer er Fleisch zu essen bekommen hatte, hatte er andächtig vor seinem Teller gesessen und hatte daran gedacht, dass heute wohl ein ganz besonderer Tag sein musste. „Früher, so sagt man, gab es Beute- und Raubtiere", murmelte Partasim Jomo. „Deines gibt vor, zu letzterer Gattung zu gehören. Es ist wild, roh, unbeherrscht.
Doch denk daran, dass es dich bloß täuschen will. In Wirklichkeit fürchtet es sich." Der Dan'za trat einen Schritt zurück. „Jetzt gehst du schlafen. Und morgen beginnen wir damit, das Biest zu zähmen."
*
Das Tier weigerte sich, das sichere Versteck in Filicuts Leib zu verlassen. Es schrie, tobte, brüllte.
Die Dan'zas lockten es, stachelten es an, unablässig.
Bis es nicht mehr weiterwusste - und hervorsprang.
Filicut schrie erschrocken auf.
Plötzlich war da mehr Raum in seinem Kopf. Die Stadt, deren enge Grenzen er seit seinen ersten bewussten Momenten mit unbeholfenen Schritten vermessen hatte, war plötzlich nur noch Teil eines größeren Ganzen. Es gab etwas anderes um sie. Platz. Kälte. Schwärze.
Und Energie.
Der Jubelschrei Jomos durchdrang Filicuts Konzentration. „Du hast es!", rief der alte Mann. „Und jetzt versuch es, zu dir zu locken; es zu zähmen!"
Wie sollte er etwas derart Abstraktes zu bändigen versuchen? Er sah etwas, ohne die Augen öffnen zu müssen. Es sandte lodernde Flammenspeere nach ihm aus, wollte sich wegen seiner ungeplanten Freilassung an ihm rächen. „Der Schein trügt", hörte Filicut weiterhin die Stimme seines Dan'za aus weiter Ferne. „Es ist nicht so mächtig, wie es vorgibt zu sein. Greif nach ihm. Pack es. Bring es mir!"
Es fassen? Wie sollte das funktionieren?
Es war doch bloß sein Geist, der in diesem schwarzen Nebel unbeholfen vor sich hin tapste. Filicut besaß keine Arme. Er konnte nicht „greifen".
Und dennoch tat er es. Ein simpler Befehl reichte aus. Dort, wo nichts gewesen war, erschien plötzlich eine Art Schlauch, der sich immer enger um einen Fühler des Biests zog. Und kaum hatte es sich um diesen heißen, prickelnden Tentakel geschlossen, konnte Filicut es „näher heranziehen".
Zu sich. Zurück in die wahre Welt, in der es Licht und Gegenstände und Inkar-Durner gab. „Neben dir befindet sich ein Gefäß. Du erinnerst dich, wo ich es hingestellt habe?" Ja. Filicut wusste es. „Bring den Arm des Tiers in die unmittelbare Nähe des Gefäßes. Drück ihn hinein, stauche ihn zusammen. Alles Weitere geht von alleine."
Es war schwierig. Einerseits befand sich Filicut noch in dieser raumlosen Leere und zerrte mit erheblichem Kraftaufwand an dem sich wehrenden Biest.
Andererseits sollte er es in die Wirklichkeit der Gemenge-Stadt befördern. Dorthin, wo sein Körper ruhte.
Es gab eine Schnittstelle. Einen Übergang zwischen diesen beiden ... Zuständen. Eine dünne, flache, ausgefranste Linie. Auf der einen Seite war Dunkelheit,
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