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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie? Und werden dennoch Sieger?“
    „Ja, wir brauchen nur ein Viertel ihrer Stärke. Zweitens verlange ich unbedingten Gehorsam gegen unseren Anführer.“
    „Selbstverständlich! Der bist natürlich du!“
    „Nein!“
    „Wer sonst?“
    „Du!“
    „Ich –?“
    „Natürlich! Du bist der Herr. Wir werden deine Berater, deine Helfer, deine Freunde sein, weiter nichts. Wir wünschen nichts für uns, gar nichts, sondern alles nur für dich und deine Freunde.“
    „Wie ist – ist – ist das möglich!“ rief er aus. „Solche Leute, wie ihr seid, waren noch nie bei uns! Kommt, kommt zu meinen Hukara, damit sie euch sehen und hören! Und daß sie euch lieben und verehren! Aber erfahret zuvor eines, ehe ich euch zu ihnen führe. Es ist ein bezeichnender Charakterzug dieser lieben, prächtigen Menschen. Bei den Ussul gibt es nämlich ein Gesetz, nach welchem gewisse Vergehen mit dem Verbot, einen Bart zu tragen, bestraft werden können. Ich bin ein derart Bestrafter. Und nun denke dir, Ssahib: Als ich soeben zu den Hukara kam, waren sie alle bartlos erschienen, alle, keinen einzigen ausgenommen. Das ist eine Demonstration, die mehr sagt, als lange Reden sagen können. Sie wird wirken, und ich werde ihnen diesen Beweis ihrer Liebe und Treue niemals vergessen – nie! – Nun kommt!“
    Er führte uns nach dem freien Platz vor dem Haus. Da standen sie, dichtgedrängt, wohl drei- bis vierhundert Mann, eine Zahl, die sich aber von Stunde zu Stunde vermehrte. Es waren lauter hohe, breite, eindrucksvolle Gestalten, höchst einfach gekleidet und nur mit langem Messer, Spieß und weit spannenden Bogen bewaffnet. Gewehre sah ich nur einige, so daß sie gar nicht zu rechnen waren. Es jubelte in mir. Was ließ sich mit solchen Leuten, mit solchen Muskeln und Sehnen erreichen! Diese vom Wetter gegerbten, ehrlichen, offenen Gesichter mit dem scharfen, zuverlässigen Blick in den treuen, arglosen Augen! Und das sollten Ausgestoßene, Verachtete sein! Und ganz richtig: sie zeichneten sich alle durch dichte, lang herabhängende Haarschöpfe aus, aber kein einziger trug einen Bart. Man sah es den Wangen an, daß sie alle erst heut früh rasiert worden waren. Ihre breiten, meist ein wenig stumpfnasigen Ussulgesichter glänzten vor Genugtuung über diese Kundgebung und vor Freude, die beiden Beschützer ihres Anführers begrüßen zu dürfen.
    Der Dschirbani bat mich, zu ihnen zu reden. Ich tat es, indem ich ihnen mitteilte, wie ich mir den Zusammenstoß mit den Tschoban dachte. Ein Zusammenstoß sollte es überhaupt gar nicht sein, sondern das außerordentlich bequeme und vollständig ungefährliche Stellen einer Falle, in welche die Gegner ahnungslos zu laufen hatten, um drin stecken zu bleiben. Ich sagte ihnen, daß ich ihnen diese Mitteilung nur in größtem Vertrauen mache, und daß sie selbst gegen Freunde und Verwandte kein Wort sagen dürften, weil auch nur ein einziger, ganz unbeabsichtigter Verrat genüge, die Ausführung des Plans unmöglich zu machen. Sie begriffen meine Darstellung sofort und leicht und waren nicht nur einverstanden, sondern sogar begeistert. Am liebsten wären sie unverzüglich aufgebrochen, um nach dem Engpaß zu ziehen. Das ging aber nicht. Wir hatten noch viel Zeit und durften nichts übereilen. Es galt nicht, einen rohen Stoß, einen ungestümen Streich auszuführen und dann mit Beute beladen heimzukehren, sondern die Aufgabe war, mit dem kurzen Kampf einen langen Frieden zu erzwingen und aus dem augenblicklichen, blitzschnellen Sieg einen bleibenden Nutzen zu ziehen. Man mußte den Tschoban endlich einmal imponieren und sich ihnen als mindestens gleichwertig zeigen, um bei ihnen den Wunsch zu erwecken, das bisherige unfreundliche Verhältnis in ein Bündnis zu verwandeln, das beiden Stämmen die nötige Stärke verlieh, um sich von den drückenden Fesseln des Mir von Ardistan zu befreien.
    Als ich diesen Gedanken aussprach, jubelten sie laut auf. Daß der Mir von Ardistan seine Leibgarde aus lauter Ussul zusammensetzte und daß die beiden Söhne des Scheiks der Ussul an seinem Hof leben mußten, das fühlten sie nicht als Ehre, sondern als Schande. Sie hielten es schon längst für ihre Pflicht, dieses Joch abzuschütteln, nur hatten sie nicht gewußt, wie es anzustellen sei. Darum nahmen sie meinen Gedanken, durch die friedliche, wenn auch erzwungene Vereinigung mit den Tschoban stark genug zum Widerstand zu werden, mit Freuden auf und erklärten sich bereit, für diesen Zweck zu leben und

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