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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tat das nie, ohne einen zuverlässigen Hund mitzunehmen und hat alle feuchten Orte genau verzeichnet, die er mit Hilfe dieser Tiere fand. Aacht und Uucht (‚Bruder‘ und ‚Schwester‘) aber sind die scharfrüchigsten und zuverlässigsten von allen, die es bisher gegeben hat. Das wurde ausgeprobt. Vor allen Dingen zeichnen sie sich dadurch aus, daß sie den Durst mit Leichtigkeit ertragen, alle andern aber nicht.“
    „Hast du diese Verzeichnisse deines Vaters noch?“
    „Ja. Es ist ein kleines, aber sehr eng beschriebenes Buch, in welchem alle Orte, die er von hier bis Dschinnistan berührte, geschildert sind.“
    „Das ist ja kostbar für uns! Ich bitte dich, es mitzunehmen!“
    „Das werde ich tun. Ich habe überhaupt viel mitzunehmen.“
    „Nur nichts, was uns belästigt, ohne Nutzen zu bringen. Wie schwimmen Aacht und Uucht?“
    „Wie die Fischotter, also noch besser als Hu und Hi (‚Er‘ und ‚Sie‘), die Halef bei sich hat. Möchtest du sie nicht gleich mitnehmen? Sie schwimmen so schnell, wie wir rudern.“
    „Wenn sie uns freiwillig folgen, ja.“
    Wir gingen nach dem Wasser. Die Hunde folgten sofort. Als wir unsere Fahrzeuge bestiegen, sprangen sie freudig bellend in den Fluß, als ob es sich ganz von selbst verstehe, daß sie nun zu mir gehörten. Sie blieben bei mir, ich mochte schnell oder langsam rudern, Aacht rechts und Uucht links von meinem Kanu. Und wie es jetzt, gleich beim ersten Mal war, so war es von nun an immerfort: Beide waren stets getreu an meiner Seite, der Bruder rechts, die Schwester links von mir, als müsse dies so sein. Ich stieg an meinem Landungsplatz aus, und die Hunde gingen mit an das Ufer. Sie machten nicht den geringsten Versuch, dem Dschirbani zu folgen, der, um nicht auffällig gesehen zu werden, erst hinter dem Tempel aussteigen wollte. Es war genau Mittag, als wir uns trennten.
    Da ich jetzt nichts zu tun hatte, beschloß ich, bis zum Essen zu schlafen, um das während der Nacht Versäumte nachzuholen. Aacht und Uucht schüttelten sich das Wasser aus den Fellen und kamen mit in das Haus. Als ich mich niederlegte, taten sie das auch, der eine rechts, die andere links von mir. Ich schlief schnell ein, wachte aber pünktlich, also kurz vor zwei Uhr, wieder auf. Ich übergab die Hunde den beiden Dienern, denen ich befahl, sie gut zu füttern. Dann ging ich nach dem ‚Palast‘, um mich zum Essen einzustellen.
    Heute gab es weit mehr Gäste als gestern. Die Ältesten des Stammes und überhaupt alle, die irgend etwas zu bedeuten hatten, waren geladen. Ich saß wieder zwischen dem Scheik und seiner Frau. Es ging sehr lebhaft zu. Mein Halef fehlte. Von den Offizieren, die er so schnell befördert und so hoch besoldet hatte, war keiner da. Ich hörte, daß sie noch schliefen. Hatte der Simmsemm gestern seine Wirkung getan, so tat er sie auch heut. Man wurde lustig. Aber in diese Lustigkeit hinein fiel eine Szene, welche den Scherz sofort in strengen Ernst verwandelte. Es traten nämlich zehn mit Spieß, Bogen, Köcher und langem Messer bewaffnete Riesen bei uns ein, welche meldeten, daß sie die bevollmächtigten Offiziere von fünfhundert Hukara seien und mit dem Scheik und seinen Ältesten zu sprechen hätten. Ihr Anführer war eine Prachtgestalt, körperlich ein Hüne und, wie ich später sah, auch in Beziehung auf seine Intelligenz den gewöhnlichen Ussul weit voraus. Er hieß Irahd und war einer der wohlhabendsten Männer der Stadt. Er führte das Wort, und zwar in ebenso geschickter wie energischer Weise.
    Er schilderte die bisherige Feigheit der Ussul ihren Feinden gegenüber und betonte, daß diese Feigheit gar keine Veranlassung habe, auf die Hukara, die wehrhafte, mutige Männer seien, verächtlich herabzublicken. So weit die Erde reiche, halte man den Ussul für ein Zerrbild, für eine Lächerlichkeit. Das müsse unbedingt anders werden, und zwar noch heute, wo sich die beste Gelegenheit biete, die Achtung anderer Stämme und Völker zu gewinnen. Wahrscheinlich sei den andern der Begriff der Völkerehre noch nicht verständlich, den Hukara aber liege außerordentlich viel daran, sich andern Nationen als moralisch ebenbürtig zu erweisen, und so hätten sie sich fest entschlossen, nach dem Engpaß Chatar zu ziehen, um die Tschoban nach Gebühr zu empfangen. Ihr Feldherr sei schon erwählt, nämlich der Dschirbani, der Räudige, der für verrückt Gehaltene, den man zu verachten wage, obgleich er der einzige sei, der die Befähigung besitze, die Ussul auf die

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