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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zog.
    Sie war nach der Stelle des Ufers geschritten, wohin der Lauf unseres Bootes gerichtet gewesen war. Da stand sie jetzt, nur der Zauberer neben ihr, einige Schritte hinter ihnen zunächst fünf Männer, die übrigen dann noch weiter seitwärts oder zurück. Hierin lag für mich der Beweis, daß die Frau, wenigstens in Abwesenheit des Scheiks, die Gebieterin war, wenn auch unter Beihilfe des Zauberpriesters. Später erfuhr ich, daß sie auch den Scheik zu beherrschen wußte und daß dieser nichts tat, ohne sich vorher mit ihr besprochen zu haben. Sie war geliebt und verehrt als eine Art höheres und besseres Wesen und genoß den Ruf, nur das Gute zu wollen und nie etwas Böses getan zu haben.
    Als wir unser Boot anhielten, wechselten der Sahahr und Taldscha einige leise, uns unverständliche Worte miteinander. Wahrscheinlich hatte sie die Unterredung oder Untersuchung nicht beginnen wollen, sondern ihn aufgefordert, es zu tun, denn er trat einen kleinen Schritt vor und fragte zu uns herüber:
    „Warum zögert ihr? Ihr habt vollends heranzukommen und auszusteigen!“
    „Warum?“ fragte ich.
    „Weil ich es euch befehle!“ antwortete er.
    „Es gibt keinen einzigen Menschen, der uns etwas zu befehlen hat! Wer bist du?“
    „Ich bin der Zauberpriester des Riesenvolkes der Ussul. Und hier, neben mir, steht Taldscha, die Frau unseres Scheiks!“
    „Und der Scheik selbst? Wo befindet er sich?“
    „Er ist nicht hier, wird aber bald kommen. Also, ich befehle euch, jetzt auszusteigen. Ich habe euch zu verhören.“
    „Ich sagte dir bereits, daß wir keinem Menschen Gehorsam schuldig sind; da seid auch ihr mit inbegriffen. Aber ich bin gewohnt, jeder Person, die man mir als Priester bezeichnet, mit Achtung zu begegnen, und in dem fernen Land, wo ich geboren bin, ist es Sitte aller guten Menschen, die Frauen zu ehren und allen ihren Wünschen, wenn sie vernünftig sind, entgegenzukommen. Ich bin also mit dem Verhör, das du wünschest, vollständig einverstanden, muß aber, bevor es beginnt, einen Irrtum berichtigen, in dem du dich befindest.“
    „Einen Irrtum? – Ich weiß keinen!“
    „Wenn du ihn wüßtest, wäre es kein Irrtum, sondern Betrug oder Lüge!“
    „Dann weiß ich ihn sicherlich nicht“, fuhr er auf; „denn bei den Ussul gibt es keine Lüge. Sage ihn mir!“
    „Du hältst dich für den, der das Verhör vorzunehmen hat. Das ist falsch. Ich bin es! Ich habe euch zu verhören, nicht aber du uns.“
    Da lachte er, und die anderen lachten mit.
    „Er ist verrückt!“ rief er aus, und: „Er ist verrückt, er ist verrückt!“ riefen auch die übrigen, indem sie ihr Lachen zum schallenden Gelächter steigerten.
    Da wandte Taldscha sich halb nach ihnen um und hob die Hand. Das Gelächter verstummte sofort.
    „Dieser Fremde ist nicht verrückt“, sagte sie. „Seht ihm in das Gesicht, und seht ihm in die Augen! Der weiß sehr wohl, was er sagt und was er will. Sprich weiter mit ihm, doch ohne ihn zu beleidigen!“
    Dieser Befehl galt dem Zauberer. Taldschas Stimme klang wohllautend und kräftig. Sie hatte etwas von jenem bestimmten und zugleich milden Klang an sich, den man beim Kirchengeläut an der Alt- oder Mittelglocke zu beobachten pflegt. Der Klang einer Menschenstimme ist auch psychologisch von großer Wichtigkeit. Der Zauberer fuhr, wieder ernst geworden, zu uns gewandt, fort:
    „Also du willst uns verhören? Wer gibt dir das Recht dazu?“
    „Euer Scheik.“
    „Unser Scheik?“ fragte er erstaunt. „Kennst du ihn?“
    „Ja.“
    „Seit wann?“
    „Seit einer Stunde.“
    „Nicht länger? Und da gibt er dir schon das Recht, uns zu verhören? Ich würde jetzt wieder lachen und dich für verrückt halten; aber Taldscha hat dies verboten, und so muß ich ernst und höflich bleiben. Du hast ihn also gesehen? Du hast mit ihm gesprochen? Warum ist er nicht da? Warum kam er nicht mit dir? Wo befindet er sich?“
    „Er ist mein Gefangener.“
    „Dein – dein – dein Gefangener!“ wiederholte er meine Worte in einem Ton, als ob er seinen Ohren nicht traue. „Habe ich recht gehört?“
    „Du hörtest ganz richtig. Amihn, der Scheik der Ussul, ist mein Gefangener.“
    Ich sah, daß er wieder mit dem Lachen kämpfte; aber er beherrschte sich und fragte:
    „Wie soll er denn in deine Gefangenschaft gekommen sein?“
    „Ich habe ihn vom Pferd gerissen und gebunden.“
    „Gebunden? – Womit?“
    „Mit seinen eigenen Riemen.“
    „Mit – eigenen –? Und vorher vom Pferd gerissen?

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