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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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euer Scheik und euer Priester in unsere Hände geraten. Wenn wir mit diesem Boot grad quer über den See rudern, kommen wir viel eher an das jenseitige Ufer als ihr. Wer will uns hindern, erst den Priester und dann auch den Scheik zu töten, falls wir davon überzeugt sind, daß ihr nicht Frieden halten wollt?“
    Sie antwortete nicht gleich; sie überlegte. Und sie musterte uns dabei mit prüfenden Augen. Dann aber sagte sie:
    „Ich bin ungewiß und unzufrieden. Ihr gefallt mir sehr, ja, wirklich sehr. Ich möchte gern recht viel über das Abendland erfahren. Und es wäre wohl schön, wenn du als freier Mann, nicht aber als Knecht und Sklave von ihm erzähltest. Es würde mich freuen, wenn ich zu dir sagen dürfte: Du bist mein Gast, bist nicht mein Eigentum! Aber ich habe den Gesetzen meines Landes zu gehorchen, nicht meinen Wünschen. Es gäbe zwar einen Weg, ein Mittel –“
    Sie sprach nicht weiter. Sie machte eine Handbewegung, als wie um anzudeuten, daß sie das, was sie dachte, für unmöglich halte.
    „Welchen Weg? Und welches Mittel?“ erkundigte ich mich.
    „Es ist für euch überflüssig, hiernach zu fragen“, antwortete sie, indem sie die Handbewegung wiederholte.
    „Weißt du das so genau? Ich wiederhole meine Frage und bitte dich, mir Auskunft zu erteilen, damit auch ich mich darüber aussprechen kann, ob es so überflüssig ist, wie du meinst!“
    Wieder dachte sie nach, und wieder musterte sie uns mit zwar wohlwollenden, aber unbefriedigten Augen. Hierauf sprach sie:
    „Es gibt ein Mittel, euch von der Knechtschaft, die euch droht, zu befreien. Das Gesetz liefert euch in unsere Hände; dasselbe Gesetz aber macht euch wieder frei, indem es euch gestattet, euch von uns loszukämpfen.“
    Als Halef diese Worte hörte, warf er beide Arme hoch empor und rief aus:
    „Sihdi, wir kämpfen uns los!“
    Ich aber beachtete ihn und seinen Ausruf nicht. Grad er hatte während der letzten zwei Stunden bewiesen, daß er nicht der Mann war, einen solchen Kampf aus eigener Kraft zu bestehen. Ich faßte die rätselhafte Frau, die vor uns stand, nun ebenso scharf in die Augen wie sie uns und entgegnete:
    „So hattest du allerdings recht. Die Auskunft, die du uns erteilst, ist überflüssig, völlig überflüssig. Du glaubtest, uns etwas mitzuteilen, wovon wir keine Ahnung haben. Du eröffnest uns, daß euer Gesetz uns die Möglichkeit biete, uns durch einen siegreichen Kampf von euch zu befreien. Hierbei sagt uns der Blick deines Auges, daß du einen Sieg von unserer Seite für ausgeschlossen hältst –“
    Da fiel sie mir in die Rede:
    „Daß ihr auf alle Fälle gegen uns unterliegen würdet, das kannst du doch nicht leugnen!“
    „Unterliegen?“ fragte ich, indem ich auf den gefesselten Zauberpriester deutete: „Nennst du das unterliegen? Du zeigst uns den Kampf, durch den wir uns von euch befreien können, als eine entfernte Möglichkeit, um die wir euch wohl gar zu bitten haben. Siehst du wirklich die Größe der Täuschung nicht, in der du dich befindest? Dieser Kampf ist nicht mehr bloß möglich, sondern er ist bereits zur Wirklichkeit geworden. Er liegt nicht mehr in der Ferne, sondern er ist schon hier; wir stehen mittendrin. Und der Sieg hat bisher nur auf unserer, nicht aber auf eurer Seite gelegen!“
    Sie schaute mich mit frappiertem Blick an, tat einen langen, tiefen Atemzug und gab dann zu:
    „Das klingt so seltsam, und doch hast du recht. Ihr seid noch frei und habt schon zwei Gefangene von uns gemacht.“
    „Und was für Gefangene! Bedenke das!“ warnte ich sie. „Der Scheik vertritt bei euch die weltliche und der Sahahr die geistliche Gewalt. Diese beiden Gewalten befinden sich augenblicklich in unserer Macht. Nicht ihr, sondern wir sind jetzt Herren über Wohl oder Wehe, über Leben oder Tod. Siehst du das ein?“
    Sie drehte sich nach ihren Leuten um und fragte: „Hört ihr es?“
    Man antwortete ihr mit einem unbestimmten Murmeln und Brummen, dessen Bedeutung sie aber wohl verstand, denn sie wandte sich mir wieder zu und sprach:
    „Ihr scheint ganz andere Menschen zu sein als wir. Wir verstehen euch nicht, und doch zwingt ihr uns, euch zu begreifen! Wo ist der Scheik?“
    „An einem Ort, wo ich ihn sicher habe.“
    „Gebunden und gefesselt?“
    „Ja.“
    „Womit?“
    „Mit seinem Wort.“
    Da machte sie eine Bewegung der Überraschung und fragte:
    „Du hast ihm Vertrauen geschenkt?“
    „Ja. Erst war er gefesselt, so daß er sich nicht rühren konnte. Ich wollte ihn

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