24 - Ardistan und Dschinnistan I
schien, nach alter, unvorsichtiger Beduinenart, nämlich in ihren Eisenteilen leicht, dünn und unzuverlässig und dabei für so rohes Pulver, daß ein Schuß dem Schützen leicht gefährlicher werden konnte als dem Wild oder dem Feind. Gekleidet waren sie in schreiend gefärbte Stoffe, wie Steppenbewohner sie gern zu tragen pflegen. Hose, Weste, Jacke, einen mantelähnlichen Umhang, Turban, lederne Halbstiefel mit fürchterlichen Sporen, deren blutige Spuren die armen Pferde an ihren Flanken trugen. Die beiden älteren Männer sahen sehr ernst und grämlich aus. Der jüngere, dessen Bart seine ersten Kräuselversuche zu machen schien, hatte ein offenes Gesicht, in dem ich leider aber später auch die Spuren der Grausamkeit und Hinterlist entdeckte. Seine Begleiter schienen geschorene Köpfe zu haben; unter seinem Turban aber hingen zwei wohlgeflochtene Zöpfe hervor, die mit goldenen und silbernen Münzen geschmückt waren. Es gibt ja wilde und halbwilde Stämme, bei denen derartige Zöpfe das Zeichen besonderen Standes oder auch besonderer Verdienste sind. Halef, der ihn mit großem Interesse in Augenschein nahm, sagte zu mir:
„Sihdi, mir ist, als hätte ich eine Vision. Dieser Jüngling ist ein verzauberter Märchenprinz, und sein plumper, großer Gaul ist der Hexenmeister, der ihn verzaubert hat. Beide reiten miteinander aus, um sich durch irgendeine Tat, die wir noch erfahren werden, vom Zauber zu befreien. Meinst du nicht auch?“
„Hm!“ antwortete ich. „Ein ganz gewöhnlicher Mensch schein er allerdings nicht zu sein, wenn auch kein Prinz oder Fürst. Aber wenn er einer wäre, so gehörte er unbedingt zu denjenigen Herrschern, bei denen es nur an einem kurzen, entscheidenden Augenblick liegt, ob sie die Engel oder die Teufel ihrer Völker werden. Paß auf! Nun sind sie da!“
Sie waren uns schon ganz nahe gekommen, ohne uns zu sehen. Da erhob ich mich. Alle drei parierten ihre Pferde. Halef sprang auch empor. Anstatt zu warten, bis ich sprach, rief er ihnen drohend zu:
„Was wollt ihr hier?“
Der eine, der sich drüben befand, ritt schnell herüber zu den beiden andern. Sie wechselten einige Worte, und dann antwortete er:
„Nichts wollen wir. Wir reiten hier nur durch. Das Meer ist unser Ziel.“
„Wer seid ihr?“
„Reisende.“
„Von woher?“
„Aus dem Innern des Landes.“
„Von welchem Volke?“
Der Fremde warf den Arm in die Luft, lachte laut auf und sprach:
„Das fragt euch selbst, nicht uns!“
Er griff nach seinem Gewehr. Die beiden andern folgten seinem Beispiel. Drei Schüsse krachten, ohne daß einer traf; dann jagten sie davon, in der Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Es ist gar nicht schwer, dem Schuß so ungeübter und unbedachter Leute auszuweichen; aber das war gar nicht nötig gewesen, denn sie hatten vergessen, zu zielen.
„Was für unsinnige Menschen!“ rief Halef. „Auf! Ihnen nach!“
Er sprang zu seinem Pferd.
„Vorsicht!“ warnte ich ihn.
„Wohl wegen des Sturzes in das Unterbewußtsein?“ lachte er.
„Ja.“
„Das überlasse ich eurer gelehrten Müdschewwedet. Ich stürze nicht wieder. Ich bin gewarnt.“
„Also vorwärts! Aber schone Mensch und Tier. Nur lebendig nützen sie uns!“
Wir ritten ihnen nach, und zwar so, daß wir sie nicht ganz einholten, sondern ihnen nur so nahe kamen, daß sie keine Zeit fanden, sich etwa zu trennen und im Walddickicht Schutz zu suchen. Die eigentliche Aktion sollte draußen auf der Lichtung stattfinden, wo es mehr Platz gab, sich mit den Pferden auszutummeln. Schon gleich, als wir sie zuerst erblickten, war in mir der Gedanke aufgestiegen, daß sie vielleicht zu den Tschoban, den Feinden der Ussul gehörten und zeitweilig kamen, um sie zu überfallen und auszurauben. In diesem Gedanken wurde ich durch das Verhalten der drei Männer bestärkt.
Als sie sich das erste Mal nach uns umschauten, stiegen wir eben erst zu Pferd. Als es zum zweiten Male geschah, lagen wir bereits im scharfen Trab. Sie machten höhnische Armbewegungen und lachten uns aus. Bald aber bemerkten sie, daß wir uns ihnen näherten. Da stießen sie ihren armen Tieren die gewaltigen Sporen derart in die blutigwunden Weichen, daß die Pferde, vor Schmerz laut aufwiehernd oder vielmehr laut aufbrüllend, ihre Schnelligkeit zu vermehren suchten. Das gelang ihnen aber nur für kurze Zeit, denn sie ließen bald wieder nach. Sie ermüdeten rasch, und der Atem ging ihnen aus. Die Reiter gebrauchten ihre Sporen in geradezu
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