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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehorchen, nämlich der Islam, gebietet, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Ihr würdet also ihr eigenes Gesetz beachten und ehren, wenn ihr an ihnen ganz dasselbe tätet, was sie an euch schon so oft getan haben!“
    „Bei ihnen einfallen – – –?“ fragte die Frau in einem Ton, als ob ihr etwas ganz und gar Unmögliches zugemutet werde.
    „Bei ihnen einfallen!“ rief auch der Scheik.
    „Bei ihnen einfallen! – Bei ihnen einfallen! – Bei ihnen einfallen!“ rief man im Kreise auch weiterhin von Mund zu Mund.
    „Warum nicht?“ fragte Halef. „Was die Tschoban können, das könnt ihr doch wohl auch!“
    „Das meine ich wohl!“ beteuerte der Scheik.
    „Wenn ihr das wißt, warum tut ihr es dann nicht? Fehlt es euch an Mut?“
    „Nein, nein!“ versicherte der Scheik.
    „Nein, nein! Nein, nein!“ klang es im Kreis weiter.
    „Oder an Geschicklichkeit, an Flinkheit, an Verstand?“
    „Auch nicht!“ stellte der Scheik fest.
    „Auch nicht!“ fielen die andern rundum ein.
    „So begreife ich nicht, warum ihr es nicht tut! Es gibt da nur noch einen einzigen Grund, den man sich denken kann.“
    „Welchen?“ erkundigte sich der Scheik.
    „Daß ihr zu faul seid.“
    „Zu faul?“ fuhr der Scheik grimmig drein. „Wer das behaupten will, den schlage ich tot!“
    Und er hob schon wieder seine beiden Fäuste empor.
    „Den schlage ich tot, den schlage ich tot!“ riefen die andern geradeso wie er, indem auch sie ihre Fäuste zeigten.
    „Nun, so tut es doch, so tut es doch!“ warf Halef ihnen zu, indem er ungläubig lachte.
    „Was aber sollen wir drüben?“ fragte nun der Zauberpriester.
    „Ganz dasselbe, was sie hier bei euch wollen!“
    „Also sollen wir stehlen, rauben, plündern und brandschatzen?“
    „Ja! Stehlen, rauben, plündern und brandschatzen! Was sie glauben, an euch tun zu dürfen, das kann euch doch nicht verboten sein, an ihnen das tun!“
    „O doch!“ fiel da die blonde Herrin ein, und zwar in ernstem Ton. „Kein Dieb soll mich verführen, auch zu stehlen, und kein Räuber kann mich veranlassen, ihn auch zu berauben. Zu deiner Ehre will ich annehmen, daß auch du dieser meiner Ansicht bist und nur vom Standpunkt der Tschoban aus redest, die Mohammedaner und also Heiden sind, aber ich bitte –“
    „Heiden?“ unterbrach Halef sie da schnell.
    „Ja, Heiden!“ antwortete sie. „Oder ist es nicht heidnisch, zu stehlen, weil andere stehlen, und zu rauben, weil andere rauben?“
    Der Hadschi hatte sich da in eine arge Klemme hineingeredet. Er war gewiß schwer, außerordentlich schwer in Verlegenheit zu bringen, dieses Mal aber wußte er sich keinen Rat. Er warf mir einen bittenden Blick zu, und so fiel ich nicht nur um seinetwillen, sondern auch um meinetwillen ein:
    „Der Scheik der Haddedihn meint es nicht wörtlich so, wie er es sagt. Er will euch nicht verleiten, ohne Grund in das Gebiet eurer Feinde einzufallen, um dort zu sengen, zu brennen, zu plündern und zu morden. Aber wenn sie vor euch die Flucht ergreifen müßten und ihr sie bis hinüber verfolget, so wäre das wohl nicht gegen dein zwar menschenfreundliches, aber auch entschlossenes und tapferes Gefühl.“
    „Nein, gewiß nicht!“ gestand sie zu. „Ich würde sogar dazu raten.“
    „Wirklich?“ fragte ich, nicht ohne Absicht, sondern mit ganz besonderer Betonung.
    „Wirklich!“ versicherte sie, es ebenso betonend wie ich.
    „So tut es doch! Schlagt sie aus eurem Reich hinaus und in das ihrige hinüber! Oder noch besser: Wartet gar nicht erst, bis sie herüberkommen, sondern fallt gleich an eurer Grenze über sie her, daß sie umwenden und zurückkehren müssen!“
    „Sie hinausschlagen –?“ fragte Taldscha erstaunt.
    „Über sie herfallen!“ rief der Scheik.
    „Daß sie umwenden! An unserer Grenze? Und zurückkehren müssen!“ so sagten und fragten und wiederholten auch die anderen.
    „Das erfordert Blut, viel Blut!“ warnte Taldscha.
    „Nein!“ antwortete ich. „Vielleicht keinen Tropfen, keinen einzigen!“
    „Unmöglich! Man kann doch kein ganzes Kriegsheer über die Grenze hinübertreiben, ohne daß Blut vergossen wird!“
    „Das meine ich auch!“ stimmte der Scheik bei. „Aber das sollte uns wohl nicht hindern, diesen Rat zu befolgen, der mir gar nicht übel gefällt. Es ist besser, einige Tote zu haben, als von den Tschoban und aller Welt als feig verschrien zu werden. Ich bitte dich, Effendi, uns deinen Plan mitzuteilen. Ist es möglich, ihn auszuführen, so daß er uns

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