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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seine Stimme zu erheben und von Friedensbruch zu sprechen wagt, wird er als Landesverräter festgenommen und vor den Mir gebracht. Der hält über ihn Gericht und spricht das Urteil aus:
    ‚Man führe ihn auf die Brücke und stürze ihn in das Wasser, weil er sich vor dem Blut des Krieges fürchtet!‘
    Da fragt der Herr: ‚Ist jemand, der dies Urteil ändern kann?‘
    ‚Es gibt keinen einzigen, der das vermag!‘ antwortete ihm der Mir.
    ‚Auch Gott nicht?‘
    ‚Nein! Allah ist Gott! Und der hat uns befohlen, sein Reich durch Schwert und Feuer zu verbreiten! Es werde Krieg!‘
    Da hebt der Herr die Hand empor und ruft: ‚Es bleibe Friede! Doch über dem, den ihr zum Gott gemacht, steht der Erbarmer gegen den Verderber. Ich sage dir, o Mir: du bleibst daheim; kein Tropfen Blut wird fließen!‘
    Da springt der Mir von seinem Sitz auf und donnert ihm zu: ‚Und ich, ich sage dir, dem Feigling und Verführer meiner Krieger: So wenig, wie der Fluß, der dich ersäufen soll, vor unserer Brücke umkehrt, dich zu schonen, so wenig kehrt die Klinge, die ich zum Krieg gezogen habe, in ihre Scheide zurück! Das Urteil ist gesprochen; es werde ausgeführt!‘
    Da hebt der Herr die Hand zum zweiten Mal und spricht: ‚So sei es, wie du sagst. Das Urteil ist gesprochen; es werde ausgeführt: Wenn Gott nicht mehr durch Worte lehren kann, so predigt er durch Taten. Der Strom floß euch zu Friedenswerken zu, nicht aber, um das Leben zu zerstören. Er werde euch genommen! Nicht eine Pfütze bleibe euch, die genug Wasser hat, auch nur einen einzigen Menschen zu ertränken! Und wehe euch, wenn ihr ihn durch die Waffe zwingt, zu euch zurückzukehren! Denn alles, was da lebt, würde sterben!‘
    Ein Hohngelächter folgt diesen Worten. Man führt ihn hinaus zur Brücke, der Mir auf hohem Roß voran. Der gibt, als die tiefste Stelle erreicht ist, den Befehl, den Gefangenen zu ergreifen und hinabzuwerfen. Da hebt dieser zum dritten Mal die Hand, doch ohne ein Wort zu sagen. Sofort verfinstert sich der Himmel. Blitze zucken; drohende Donner rollen. Von der Brücke abwärts fließt das Wasser weiter; von ihr aufwärts aber bleibt es stehen. Es bäumt sich auf, wächst höher und höher und bildet eine Mauer, die zum Himmel zu streben scheint. Brüllend vor Angst und Entsetzen eilen die Menschen an die Ufer zurück. Nur einer bleibt, der Gefangene. Leuchtenden Angesichts steht er auf der Brücke, die von den steigenden Wogen von der Erde gelöst und hoch emporgetragen wird, bis sie verschwindet. Dann sinkt das Wasser zusammen und beginnt, wieder abzufließen, doch nicht abwärts, wie bisher, sondern aufwärts, nach oben, woher es gekommen ist. Der Himmel wird wieder hell. Das Bett des Flusses aber liegt leer, und die entsetzte Menschheit flieht aus der Stadt, deren Trümmer heutigentags wasserlos in die Steppe starren, durch welche sich der dürre, ausgetrocknete Lauf in zahllosen Windungen vor Durst und Hunger krümmt, bis er in den Wäldern der Ussul verschwindet.“
    Als Halef bis hierher erzählt hatte, machte er eine Pause, um eine innere Betrachtung anzustellen, die er mir dann mitteilte, indem er fortfuhr:
    „Ist es nicht rührend, wie lieb die Ussul sich ihren Gott denken, Sihdi?“
    „Ist er es etwas nicht?“ fragte ich.
    „Na, höre, was unsern Herrn Allah betrifft, so kommt er mir schon längst nicht mehr so freundlich vor wie früher. Es muß sich einer von uns beiden geändert haben, er oder ich. Der Gott der Christen ist nicht bloß Herr und Gebieter wie Allah, sondern zugleich auch Vater und Patriarch, und zwar ein außerordentlich gerechter und guter. Das gefällt mir sehr von ihm. Das habe ich früher gar nicht gewußt, sondern erst durch dich erfahren. Und betrachte ich mir die Sage, die ich soeben erzählt habe, so erscheint mir der Gott der Ussul dem Gott der Christen viel, viel ähnlicher als unserem Allah. Nur fehlt ihnen die Lehre von Gottes Sohn, dem Erlöser. Doch glaube ich, daß nur ein wirklicher, ein wahrer, ein guter Christ hierher zu kommen und ihn zu verkünden brauchte, so würde er sehr bald und sehr viele gläubige Schüler finden. Übrigens weiß ich von dir, daß eine jede Sage eine Wahrheit enthält, die man in der Tiefe suchen muß. So ist es wohl auch mit dieser Sage von dem verschwundenen Fluß, der plötzlich umgekehrt und aufwärts gelaufen ist, um nach seiner Quelle zurückzugehen?“
    „Jedenfalls.“
    „Und die Wahrheit, die sich in dieser Sage verbirgt?“
    „Ist wahrscheinlich eine

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