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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihr Aussehen und Verhalten ließ deutlich den Wunsch nach Rache erkennen. Sie wurden reichlich gespeist und dann genauso wie gestern auf ihre Pferde gebunden. Hierauf wurde der Heimritt nach der ‚Hauptstadt‘ angetreten.
    Wir hatten uns nicht mit Packpferden zu befassen, denn der Ertrag der Jagd war schon vorgestern nach demselben Ziel abgegangen. Wir ritten mit dem Scheik, seiner Frau und dem Sahahr voran; die anderen folgten weit hinterher. Die Entfernung bis zur Stadt war so bedeutend, daß wir uns sehr sputen mußten, um noch vor Abend anzukommen.
    Die Gegend, durch welche wir kamen, war durchaus eben, lauter auf- und angeschwemmtes Land. Häufig trafen wir auf natürliche Kanäle, die ganz das Aussehen von plötzlich erstarrten Flüssen hatten; das Wasser bewegte sich nicht, sondern es stand. Es schien aber dennoch rein zu sein, denn die Pferde tranken es, ohne sich zu weigern. Wir kamen durch ausgedehnte Wälder, meist Laubwaldungen. Dazwischen lagen grüngoldene Tristen für gezogene, freigewordene oder freigeborene Rinder- und andere Herden. Das Ganze machte den Eindruck einer jungfräulichen Natur, die mit den Menschen noch nicht in Berührung getreten ist.
    Alle die kleinen, schmalen Kanäle mündeten in einen außerordentlich breiten, tiefen und mit Wasser gefüllten Kanal, der einiges Gefälle zu besitzen schien, denn das Blattwerk und anderes, was auf ihm schwamm, bewegte sich zwar langsam, aber doch in einer ganz bestimmten Richtung.
    „Das ist Es Ssul, der Fluß“, sagte der Sahahr, indem er auf das Wasser deutete.
    „Der aus Dschinnistan und Ardistan kommt?“ fragte ich, nicht etwa, weil ich zweifelte, sondern um auf diesen Gegenstand einzugehen.
    „Ja, derselbe“, nickte er.
    „Der also auch durch den Engpaß Chatar geht?“
    „Ja. Man kann ihn bis hinauf verfolgen.“
    „Aber dort hat er kein Wasser mehr?“
    „Nein, keinen Tropfen.“
    „Ich vermute, daß eure Hauptstadt an ihm liegt?“
    „Du vermutest richtig. Unser Land hat keine Berge, keine Felsen, keine Steine. Wir können keine Mauern bauen, um uns zu schützen. Nur unser Gottestempel und der Palast des Scheiks sind von Stein. Das Material hierzu wurde vor langer, langer Zeit aus Ardistan geholt. Damals bekam nämlich jeder Ussul, der dorthin reisen wollte, nur dann die Erlaubnis dazu, wenn er sich verpflichtete, einen so großen Stein mitzubringen, als ein Pferd ihn tragen konnte. Auf diese Weise sind wir zu dem Mauerwerk für die beiden Gebäude gekommen. Du wirst hierüber lachen?“
    „O nein. Dieses Verfahren ist mir bekannt.“
    „So tut man dasselbe auch bei euch?“
    „Ja; jedoch auf anderem Gebiet. Jede Wissenschaft und jede Kunst holt da ihr Fundament und ihre hervorragenden Bauten aus dem nächsthöheren Gebiet. Ganz dasselbe ist es auch mit jedem einzelnen Geisteswerk. Es ist ein Weltgesetz, daß allüberall der Ussul das, was er nicht besitzt, obgleich er es braucht, aus Ardistan oder gar aus Dschinnistan zu holen hat. Aber du wolltest von der Lage eurer Residenz sprechen! Wie heißt die Stadt?“
    „Ihr Name ist Ussula. Sie ist sehr groß. Weil wir sie nicht mit Mauern decken konnten, so mußten wir sie durch das Wasser schützen. Darum wurde sie an den Strom gebaut, und darum wurde viele Jahre lang das Erdreich ausgehoben, um ihn zu zwingen, nicht nur mitten durch die Stadt, sondern auch um sie herum zu gehen. Außerdem rahmt sich jeder Besitzer das Land, das ihm gehört, durch tiefe Gräben ein. So ist fast jedes Haus eine Festung zu nennen, welche die Tschoban, wenn sie kommen, erst einzunehmen haben, ehe sie sagen können, daß sie sie besitzen. Außerdem liegt im Osten und Westen der eigentlichen Stadt je ein großer See, die beide mit in ihren Bereich gezogen sind. Da gibt es viele, viele Wohnungen, teils an das Ufer, teils in das Wasser gebaut. Die Bewohner verkehren nur schwimmend oder in Kähnen miteinander, und wenn letztere versteckt oder ganz fortgeschafft worden sind, so würde der Besitz der Stadt für die Tschoban doch unnütz sein, weil sie nicht schwimmen können. Du hast ja gehört, daß sie meinen, wenn sie schwimmen sollten, so hätte Allah ihnen Flossen und Schwimmhäute gegeben!“
    Nach dieser Beschreibung mußte ich mir die Ussul als Pfahlbauern denken, und es stellte sich später allerdings heraus, daß sie es wirklich waren. Es war bei ihnen alles für den Aufenthalt am oder im Wasser eingerichtet, auch ihre Gestalt, ihre Stark- und Fettleibigkeit, ihre ganze Lebensweise. So ging es

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