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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hadschi Halef Omar, der berühmte Scheik der Haddedihn, und man sagt von dir, daß du einen Vogel, einen Hund, einen Affen in deinem Innern hast. Wie würdest du dich dazu verhalten?“
    „Sehr ruhig. Es würde mir ganz und gar nicht einfallen, es in Abrede zu stellen, denn unmöglich ist es nicht. Ich sehe vielmehr, daß noch ganz andere, viel größere Wunder geschehen.“
    „Welche?“
    „Das nächstliegende ist, daß Smihk, der Dicke, in deinem Kopf herumzurennen scheint. Wenn er nicht bald verhungert oder totgeschlagen wird, wird man dich nie zu den Menschen rechnen können! Das ist es doch, was der Dschirbani meint?“
    Der Sahahr schaute den Hadschi mißtrauisch von der Seite her an. Er wußte nicht, ob er die Worte des Kleinen als scherzhaft, als ernst oder gar als beleidigend betrachten solle. Darum gab er lieber keine Antwort und fuhr in seinem vorigen Thema fort:
    „Der Dschirbani ist also körperlich und geistig ansteckend. Das ist aber nicht alles. Es kommt noch hinzu, daß er so schwer festzuhalten ist. Er hat schon alle Arten des Gefängnisses durchgemacht, doch gelang es ihm stets, zu entkommen. Darum haben wir ihn nun endlich an den Ort gebracht, von wo aus eine Flucht völlig ausgeschlossen ist. Er steckt im Stachelzwinger und wird von Bärenhunden bewacht, die bei jedem Fluchtversuch ihn oder den, der ihn befreien wollte, sofort in Stücke reißen würden.“
    Bei diesen Worten schauderte mich. Es wollte eine Ahnung in mir aufsteigen, daß es mit diesem angeblichen Wahnsinnigen eine ganz eigene und besondere Bewandtnis habe und daß es infolge meines Naturells und Temperaments ganz und gar nicht ausgeschlossen sei, ihm einen Dienst und Hilfe zu erweisen. Darum erkundigte ich mich nach ihm und fragte:
    „Wie alt ist er?“
    „Nicht viel über zwanzig Jahre.“
    „Noch so jung und schon so unglücklich? Wie traurig! Von wem hat er das Buch, von dem du sprachst?“
    „Von seinem Vater.“
    „Wer war sein Vater? Natürlich ein Ussul?“
    „O nein. Er war ein Fremder; aber seine – seine – seine – Mutter war eine Ussul!“
    Er sagte das stockend. Es schien ihm nicht über die Lippen zu wollen. Schließlich drückte er es förmlich heraus. Sein bärtiges Gesicht nahm einen mehr tierischen als menschlichen Ausdruck an; seine Zähne knirschten, und er fuhr fort:
    „Warum soll ich es euch nicht sagen! Ihr werdet es doch erfahren und hören! Sie war – war – war meine Tochter!“
    „So ist er dein Enkel?“ entfuhr es mir in der Überraschung.
    „Ja.“
    „Und du sperrst ihn ein?“
    „Ja, ich sperre ihn ein!“ antwortete er in unendlich gehässigem Ton.
    „Zu den Hunden! Die ihn zerreißen, wenn er zu fliehen wagt!“
    Da flammten seine zorneslodernden Augen zu mir herüber, und er rief, als ob man es in weiter Ferne hören solle:
    „Sie mögen ihn zerreißen – zerreißen! So wie der Zorn, der Grimm und der Kummer mich zerrissen haben, als ich vergeblich mit seinem Vater rang, mein Kind vor ihm und seinem Wahn zu retten! Ich habe nichts mit diesem Räudigen gemein. Er war der Sohn meiner Tochter, also Fleisch von meinem Fleisch und Blut von meinem Blut. Aber dieses Fleisch und Blut ist gestorben; es lebt nicht mehr. Er ist mir also fremd, ja fremder noch als jeder andere Mensch, den ich nie gesehen habe. Die Hunde mögen ihn zerreißen – zerreißen – zerreißen!“
    Er gab seinem Pferd einen Hieb, daß es vor Schreck zusammenzuckte und dann vorwärtsstürzte. Er versuchte gar nicht, es zu zügeln; er kam uns weit voraus. Wir schauten ihm nach. Der Scheik sagte:
    „Nun ist er wieder ganz in Wut getaucht, doch hat er recht. Es gilt die Bewahrung der Religion vor wahnsinnig falschen Gedanken. Denke nicht, Effendi, daß es sich um eine körperliche Räude handelt! Der Ausschlag, wegen dem man diesen jungen Mann als Dschirbani bezeichnet, frißt nicht an seinem Leib, sondern an seiner Seele, an seinen Gedanken und Gefühlen. Er hat diese Krankheit von seinem Vater geerbt. Sie ist ansteckend, ungeheuer ansteckend. Er hat sie schon auf Hunderte übertragen, die nun ebenso unheilbar sind wie er. Darum muß man ihn einsperren! Wenn die Religion verpflichtet werden soll, zu lehren, daß wir Tiere im Leibe haben, die abzutöten sind, so wird die Erde sehr bald zu einem einzigen, großen Irrenhaus geworden sein! Dennoch spreche ich nur von dem Unheil, welches der Dschirbani mir in der Gemeinde und im Stamm anrichtet, indem er Gedanken verbreitet, die gegen alle Gesetze und

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