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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Geist von Dschinnistan, wurde sein Lehrer und Führer, sein Vorbild und Ideal, dem der Sohn ähnlich zu werden strebte. Ich habe oft dabeigesessen, wenn dieser Geist aus diesem Mann zu seinem Weib und zu seinem Kind sprach. Was ich da hörte, ist tief in mich gedrungen und hat sich festgesetzt, um niemals mehr zu weichen. Darum gleiche ich nicht ganz den anderen Frauen der Ussul, und darum nehme ich mich dieses Dschirbani an, den ich weder für wahnsinnig noch für krank oder gar gefährlich halte.“
    „Ich habe den Sahahr für einen sehr gutmütigen Mann gehalten!“ warf ich ein.
    „Das ist er auch; das ist er“, antwortete sie. „Aber mit seiner Tochter, die Oberpriesterin geworden wäre, verfolgte er Pläne, die weit über das, was er uns hierüber mitzuteilen pflegt, hinausgegangen sind. Diese Pläne sind ihm durch den Dschinnistani vollständig vernichtet worden, und das kann er nie und nie vergessen. Der Sahahr ist nicht imstande, einen Wurm zu töten. Er hat nie und nie einen Menschen gehaßt. Aber den Dschinnistani haßte er aus vollster Seele, und diesen Haß hat er auf dessen Sohn, den Dschirbani übertragen, obgleich dieser sein eigener Enkel ist. Er verfolgt ihn unbarmherzig, und niemand wagt es, ihm zu widerstehen, weil er der Oberzauberer und der höchste männliche Priester des ganzen Landes ist. Für jeden Ausspruch, der dem Sahahr nicht gefiel, wurde der Unglückliche eingesperrt. Jetzt steckt er gar im Stachelzwinger und wird von Blut- und Bärenhunden bewacht. Da gibt es kein Entrinnen, so lange er überhaupt lebt!“
    „Oho!“ rief da der kleine Hadschi aus.
    „Was?“ fragte sie ihn. „Wozu dieser Ruf?“
    „Ich glaube nicht, daß es keine Hilfe gibt.“
    „Wer sollte da helfen?“
    „Mein Effendi! Es gibt weder einen Blut- noch einen Bärenhund, vor dem er sich fürchten würde. Wenn er den Dschirbani aus dem Stachelzwinger heraus haben will, so holt er ihn heraus; darauf kannst du dich verlassen!“
    „Wirklich?“ fragte sie.
    „Ja, wirklich!“ nickte er. „Auch ist mein Sihdi doch nicht allein da, sondern ich stehe an seiner Seite und helfe ihm. Du willst mich zwar verachten, aber wenn es darauf ankommt, diesem armen Enkel eines rachsüchtigen Zauberers Hilfe zu bringen, so glaube ich, wohl imstande zu sein, mir Achtung zu verschaffen.“
    Da reichte sie ihm schnell und in herzlicher Weise die Hand und sagte:
    „Verzeihe mir! Es war falsch von mir, dich verachten zu wollen.“
    Der Sahahr war in seinem Zorn weit vorausgeritten. Der Scheik hatte den Schritt seines Pferdes beschleunigt, um ihm zu folgen. Darum waren wir beide jetzt mit Taldscha allein, und so kaum es, daß wir einige Worte mit ihr wechseln konnten, ohne daß Amihn sie hörte. Sie hielt ihr Pferd an. Wir folgten also diesem ihrem Beispiel.
    „Ich will euch bekennen, daß ich stets auf der Seite des Dschirbani gestanden habe und auch heut noch stehe“, sagte sie. „Doch hat der Sahahr in diesem Fall die größere Macht in den Händen, weil er so klug gewesen ist, diese Angelegenheit auf das religiöse Gebiet hinüberzuspielen, wo es nicht geraten ist, sich ihn zum Feind zu machen. Wie dankbar würde ich euch sein, wenn ihr mir helfen könntet – mir und ihm!“
    „Wir helfen dir!“ rief da Halef, von ihrer jetzigen Freundlichkeit begeistert, aus. „Selbst wenn mein Effendi nicht damit einverstanden wäre, so könntest du dich doch auf mich verlassen. Ich brächte es ganz allein fertig, den Dschirbani aus dem Stachelgefängnisse herauszuholen und gegen alle seine Feinde in Schutz zu nehmen!“
    Er versicherte das in seinem überzeugungsvollsten Ton. Da schaute sie lächelnd auf den kleinen Kerl hernieder und antwortete:
    „Du ganz allein! Gegen die Stachelwände? Gegen die Bärenhunde? Gegen den Willen des Scheiks? Gegen die Macht des Sahahr? Und gegen die vielen Menschen alle, die an ihn glauben und auf ihn schwören? Du, der Fremde, der heute erst zu uns gekommen ist und uns also noch gar nicht kennt! Ja, der sich eigentlich als unseren Gefangenen zu betrachten hat! Und du sprichst davon, ehe du unsere Stadt auch nur gesehen hast, einen Gefangenen von dort zu befreien!“
    Da lachte Halef fröhlich und sagte:
    „Wir eure Gefangenen? Es ist gewiß nicht höflich, eine Frau deines Ranges auszulachen, aber wenn du diese Worte wiederholtest, würdest du mich zwingen, diese Unhöflichkeit dennoch zu begehen. Ich habe es weder mit den Stacheln und Bluthunden noch mit dem Scheik und den Ussul, die an

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