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241 - Splitterzeit

241 - Splitterzeit

Titel: 241 - Splitterzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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wirkte seine Zauber für die Verletzten – und auch für die drei Toten, die dem Beben zum Opfer gefallen waren, war er der spirituelle Trost, den sie für den langen Weg, der vor ihnen lag, zu schätzen wissen würden.
    Die Aufregung war nach einer Stunde einigermaßen abgeflaut, und viele Konoi machten sich daran, die Schäden an den Pueblos zu untersuchen.
    Auch Thekona wollte dies tun, als ein vertrautes Krächzen sie erreichte. Als sie aufsah, entdeckte sie Malko, den sie in aller Frühe losgeschickt hatte und der gerade im Gleitflug auf sie zukam.
    Immer noch bedrückt, ging sie ihm ein Stück entgegen und streckte den linken Arm für den geflügelten Jäger aus.
    Bevor der Falke landete, bremste er mit seinen Schwingen so stark ab, dass Thekona kaum mehr als das bloße Gewicht ihres Gefährten abzufedern brauchte. Zuvor aber hatte sie schon verwundert zur Kenntnis genommen, dass Malko ohne Beute heimkehrte – eine absolute Seltenheit.
    »Kein Jagdglück heute?«, wandte sie sich abwesender als sonst an den Falken, dessen edler Kopf sich so weit drehte, dass er Thekona mit einem Auge anstarren konnte.
    Noch einmal flatterte er, wie zur Antwort, mit den Flügeln, und der Luftzug zerzauste Thekonas lackschwarzes, bis über die Schulterblätter reichendes Haar. Malko hatte seine Krallen in den Lederschutz gegraben, der ihren linken Unterarm komplett bedeckte und mit dem sie den Ärmel ihres Fellmantels ebenso wie ihre darunter liegende Haut schützte.
    Bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass ihr Falke doch nicht mit völlig leeren Fängen zurückgekehrt war. Leise redete sie in der Sprache der Konoi auf den Greifvogel ein. »Was hast du da? Ruhig… ganz ruhig… gib es mir, ja?«
    Sie merkte nicht, wie ihre Stimme sich vor Aufregung dunkel färbte.
    Merkte es nicht, weil sich ihr Verstand komplett auf das Ding fokussierte, das sie vorsichtig aus den Krallen des Falken gelöst und zuerst für eine vertrocknete Schlange gehalten hatte.
    Aber es war keine Schlange. Es war weder Tier noch Pflanze – sondern ein brüchiges, kristallines Material, wie es hier kein anderes gab. An seinem Ende sah es aus wie abgeschnitten.
    Sollte es endlich so weit sein?
    Es fiel ihr schwer, ihren Blick davon zu lösen, um sich Malko zuzuwenden und nicht nur mit beschwörender Stimme, mehr noch mit ihrem beschwörenden Geist auf ihn einzuwirken. »Mein Freund – zeig mir, wo du das gefunden hast. Zeig es mir gleich… Es könnte wichtig sein. Sehr, sehr wichtig…«
    Der Falke krächzte verstehend. Dann hob er ab und nahm noch einmal den Weg, den er gekommen war.
    Thekona war fast erleichtert, das Pueblodorf für eine Weile hinter sich lassen zu können.
    ***
    Diesmal fühlte es sich nicht nur so an, er hatte sich alle Knochen im Leib gebrochen!
    Unter schier unerträglichen Schmerzen kam Matt zu sich, und durch die Schleier, die vor seinem Blick trieben, sah er zu einem fast wolkenlosen Himmel empor. Er wollte sich aufrichten, aber seine Arme und Beine, seine Muskeln und Sehnen gehorchten ihm nicht mehr. Wie gelähmt lag er da, gelähmt und doch von Qualen durchpulst, wie er sie keinem anderen Menschen wünschte.
    Ein Vogel rückte in sein Gesichtsfeld. Ein Adler oder Falke… nein, kein Adler… kreiste hoch über ihm.
    Matt war schon froh, dass es kein Geier war.
    Und dann kam, unversehens, die Hand. Die Hand, die sich von der Seite über seinen Kopf schob und sich auf seine Stirn legte. Eine feingliedrige Hand, aus der mehr als nur Wärme auf ihn überzuströmen schien.
    Mit äußerster Anstrengung, gelang es ihm, seine Augen so zu verdrehen, dass er die Umrisse einer jungen Frau zu erkennen glaubte, die irgendwo neben ihm kniete. Er sah keine Details, weil alles am Rande seines Gesichtsfeldes zerfaserte.
    Aber die Hand war unglaublich. Matt hatte das Empfinden, ein Kraftstrom ginge davon aus und sickere in ihn hinein. Energien, die ihm den Atem raubten, durchflossen nicht nur seinen schwer verletzten Leib, sondern auch, so hatte es den Anschein, seinen Geist.
    Mindestens ebenso stark wie die körperliche Berührung empfand er jene imaginäre Hand, die über seine Seele strich.
    Verrückt, dachte er. Der Sturz hat mich nicht nur zum Krüppel gemacht, sondern auch meinen Verstand zerrüttet. Besser, ich wäre gleich gestorben…
    Die Hand und ihre Besitzerin waren anderer Meinung.
    Woher er dieses Wissen bezog, hätte er nicht zu erklären vermocht. Aber er richtete sich an der Vorstellung auf, dass da jemand war, jemand mit

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