243 - Das namenlose Grauen
Dirty Buck bohrte in der Nase, Marisar pulte mit einem Finger demonstrativ gelangweilt in ihrem Ohr.
Es schien, als lieferten sich Black und die beiden übrig gebliebenen Möchtegern-Rev’rends ein Wettrennen, wer am langsamsten den Platz auf dem Grenzland erreichte.
Trashcan verdrehte die Augen. Dann sah er, wie die großen Türen der Capitolruine erneut aufgingen und zwei metallglänzende Gestalten ins Licht der Mittagssonne traten – eine zweieinhalb Meter groß und wuchtig wie eine Kampfmaschine, die andere kaum einsachtzig mit beinahe menschlicher Gestalt. Anscheinend hatten Black und Cross auf diese beiden gewartet.
»Die Andros«, zischte Little Rock, der keinen Hehl daraus machte, dass ihm die Androiden unheimlich waren.
»Sag ma nix Schlechtes über die, Rock«, meinte Loola, während ihre Hand auf dem Stil der Axt lag. »Miki Takeo und dieser Shiro haben uns bisher immer geholfen. Ohne die wär’n wir ganz schön im Arsch gewesen…«
Buck nickte zustimmend. »Die sind krass drauf. Machen alles platt, was ihnen in die Quere kommt… Gesunde Einstellung zum Leben.«
»Wenn man das Leben nennen kann«, flüsterte Marisar schaudernd.
Gebannt sah die Gruppe zu, wie Mr. Black, Alexandra Cross und die Androiden zum Treffpunkt kamen. Wie immer bei diesen Sitzungen brachten die Soldaten des Weltrates Stühle mit. Einige von ihnen trugen einen großen runden Tisch.
»Hey, Präsidenten-Lady!«, rief Trashcan der Gruppe entgegen. »Scharfe Frisur!«
Alexandra Cross reagierte nicht auf seine flapsigen Worte. Ihres Amtes bewusst, schritt sie von Soldaten flankiert auf den Platz, ließ sich einen Stuhl hinstellen und sank anmutig darauf nieder. Trashcan grinste sie frech an.
»Unsere jungen Freunde sind erstaunlich pünktlich heute.« Mr. Black hob eine Augenbraue.
»Wir woll’n schließlich auch wissen, was mit dem fuck Stoßtrupp passiert ist«, meinte Dirty Buck an Trashcans Stelle, und setzte sich auf einen Stuhl. Marisar zog er auf seinen Schoß, was ihm einen missbilligenden Blick von Mr. Black bescherte.
Der Hohe Richter wies auf Marisar und Little Rock. »Ihr habt Freunde mitgebracht. Unangekündigt.«
Trashcan grinste und wies auf die Soldaten des WCA. »Du bringst doch auch deine Bluthunde mit.« Dann deutete er auf Little Rock und Davie Gun, die links und rechts neben seinem Stuhl Stellung bezogen. »Sind meine Leibwächter.«
»Na dann«, meinte Mr. Black ergeben und setzte sich.
Miss Kareen »Honeybutt« Hardy nahm den Stuhl neben ihm. Sie war vor einigen Monaten mitten im Kampf um Waashton Mutter geworden, erfüllte aber bereits wieder ihre Aufgabe als Blacks Vertraute und Beraterin. An ihrer Seite saß General Diego Garrett. Sein langer grauer Mantel war geschlossen, der Blick unter den halblangen grauen Haaren missbilligend. An seiner Stirn prangte ein großes Pflaster. Angeblich war die Platzwunde darunter, die er sich beim Gleiterabsturz zugezogen hatte, mit zwanzig Stichen genäht worden. [1]
Takeo setzte sich nie; jeder normale Stuhl wäre unter seinem Gewicht zerbrochen. Shiro dagegen hatte eine der menschlichen Anatomie nachempfundene Gestalt und war kaum einen Meter achtzig groß.
Trashcan Kid hatte in alter Gewohnheit die Füße auf den Tisch gelegt. »Da fehlt doch noch jemand…«
Wie aufs Stichwort kam ein rotgesichtiger, untersetzter Mann mit der wilden Mähne eines Wikingers mit zwei Begleitern angehetzt: Bürgermeister Stock und seine derzeitigen Vertrauten. Der rothaarige Bürgermeister ließ sich auf den letzten freien Sitzplatz plumpsen und landete genau gegenüber der beiden Rev’rend-Novizen Bruder Faith und Bruder Mercy. Beide waren noch keine vereidigten Rev’rends, und es war unklar, ob sie jemals welche werden würden. Da sie aber momentan die einzigen Vertreter des Waashicans waren, nahmen auch sie an der Versammlung teil. Falls Rage und Torture nicht zurückkehrten, war der gesamte Kleinstaat in Gefahr.
Nicht wenige fragten sich, warum die Novizen nicht an dem Kreuzzug gegen die U-Men-Anlage teilgenommen hatten, und böse Stimmen behaupteten, dass die Rev’rends Rage und Torture sich nicht mit den beiden Weicheiern hatten belasten wollen.
Nachdem die beiden Gottesstreiter aber gemeinsam mit fünfzig ihrer Anhänger und Mr. Hackers kleinem Trupp verschollen waren, stellten Faith und Mercy die letzten Reste der einst so mächtigen Gruppierung dar. Zumindest hier in Waashton. Es war anzunehmen, dass noch etliche Rev’rends im weiten Land auf
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