2456 - Akademie der Mikro-Bestien
Öffentlichkeit dringen zu lassen. Oder – weitaus schlimmer und in den Augen des Anführers furchtbar, weil es die Moral der Truppe untergraben würde – er wollte den Verletzten aus dem Weg räumen.
„Khiz!" Senego Trainz schaltete sich persönlich in den Funkäther ein.
„An alle, die mich hören. Wenn Khiz Turagga tot ist, wird das schwere Folgen für die Akademie nach sich ziehen."
Verblüfft lauschte er in sich hinein.
Zum wiederholten Mal benutzte er Worte, die er vor acht Wochen noch nicht einmal gekannt hatte. Lag es daran, dass die Mikro-Bestien ihn zu ihrem Anführer bestimmt hatten? Weil er am besten reden konnte und seine Wortgewalt überzeugte?
„Trainz an alle! Wer kann mir einen Hinweis geben?"
Niemand antwortete. Dafür meldete sich der Rechengigant NATHAN auf seiner Welle. „Senego Trainz, sehr erfreut. Ich unterhalte mich gern mit Wesen, die aus der Ferne nach Terra kommen. Gestatte mir einen Hinweis.
Alle Mikro-Bestien, die sich in Vorlesungen oder Übungen befinden, erhalten deinen Funkspruch gar nicht, damit sie nicht gedanklich abgelenkt werden."
„Er erreicht also nur die ... Faulpelzer?"
„Faulenzer, ja. Aber bedenke bitte, dass keiner deiner Mitstreiter der Begrifflichkeit entspricht. Ohne Ausnahme entwickeln sie ihre Persönlichkeit und ihr eigenes Leben. Natürlich lassen sie sich dabei nur zu gern von anderen beeinflussen und natürlich gehören auch Mußephasen dazu."
„Mitstreiter" – auch wieder so ein Wort, das er bisher nicht gekannt hatte. Aus Gründen, die er nicht zu nennen vermochte, gefiel es ihm besser als „Kamerad". Vielleicht, weil es mehr mit Kampf zu tun hatte.
Es erinnerte ihn an ihr eigentliches Ziel. Um dieses zu erreichen, hatten sie Roi Danton nach Terra begleitet.
Jetzt schien es mit jeder Vorlesung und jedem Tag immer weiter entfernt.
„Kannst du mir sagen, wo sich Khiz Turagga befindet?", fragte Trainz.
„Tut mir leid! Auch meine Augen und Ohren reichen nicht überall hin.
Nicht einmal auf dem Mond."
Wieder so ein Ding! Eine Maschine, die von sich in menschlichen Begriffen sprach. Den meisten Mikro-Bestien mussten solche Formulierungen abstrakt und unnatürlich erscheinen.
Trainz gewann ihnen durchaus einen gewissen Reiz ab.
„Schade", meinte er. „Dann bleiben wir auf uns allein gestellt."
„Es tut mir leid, Senego Trainz."
„Dir braucht nichts leid zu tun. Du bist ein Rechengehirn."
„Das greift etwas zu kurz", korrigierte NATHAN spitz. „Du unterschätzt den Vorteil, den mir meine Bioplasma-Komponente verleiht."
„Du bist also so etwas wie ein Haluter oder wie das, was die Kolonne aus uns machen wollte – ein Wesen mit zwei Gehirnen."
NATHAN lachte, eine typisch menschliche Angewohnheit. „So könnte man sagen. Aber ohne die Limitierung eines organischen Wesens.
Und nun: Such weiter, Senego Trainz.
Wenn ich dir helfen kann – Funkspruch genügt."
„Over und aus", sagte die Mikro-Bestie, die stolz auf ihren wachsenden Wortschatz war. Sie fand sich immer besser im Terranischen zurecht.
Solche kleinen Fortschritte waren wichtig, denn angesichts eines Übermaßes an fremdartigen Informationen und Erkenntnissen stellte sich sonst leicht ein Gefühl der Hilflosigkeit ein.
Vor ihrer Flucht hatten sie nur dreierlei wirklich gekonnt: toben, kämpfen, prügeln.
Und selbst das hatte einer grundsätzlichen Kunstfertigkeit entbehrt, wie sie mittlerweile wussten. Dabei standen sie erst am Anfang. Der Prozess des Lernens und sich Entwickelns war nicht nach drei Wochen abgeschlossen, auch nicht nach dreißig. Er würde sich über Jahre erstrecken.
Solange allerdings würden sie kaum warten können. Terra brauchte ihre Hilfe möglichst bald.
Der Anführer der Mikro-Bestien beschleunigte weiter. „Mor Frant, gib mir deine Koordinaten durch."
Frant hielt es nicht für nötig, sich zu melden. Dafür lieferte Pat Kwak einen winzigen Rest Streustrahlung, die zu einem der kleinen Gebirge im Innern des Kraters wies. Berge besaßen manchmal Höhlen, und Höhlen dienten als Verstecke. Trainz erinnerte sich daran, dass Mor Frant bei ihrem ersten Ausflug nach der Ankunft auf Luna ausgesprochen lange weggeblieben war. Vielleicht hatte er etwas entdeckt.
Und Turagga war ihm möglicherweise auf die Schliche gekommen.
Aber war das ein Grund, Blut zu vergießen? Unter Mikro-Bestien bestimmt nicht.
Senego Trainz verabredete einen Treffpunkt mit seinen Helfern. Gemeinsam kreisten sie das verdächtige Gebiet ein und fanden wenig später
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