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2458 - Der zweite Dantyren

Titel: 2458 - Der zweite Dantyren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wagen, eine Frage zu stellen.
    Zuvor musste Roi sich vergewissern, dass nicht Überwachungsgeräte permanent die Kabine scannten. Sollte es optische Sensoren geben, durfte er keine Sekunde die Maske öffnen.
    Volle sieben Minuten lang ließ er die Analysefunktionen seines Armbands laufen; für alle Fälle. Manche Sicherheitssysteme aktivierten sich zeitverzögert. Schließlich waren die Truppen der Terminalen Kolonne TRAITOR alles andere als dumm oder leichtsinnig.
    Schon begannen die Schmerzen, die ihm der geschlossene Kokon verursachte. Er hatte viel trainiert, doch seine Zeit in der Maske war nach wie vor begrenzt.
    Resultat: negativ.
    Gleiches galt für Mikrofone, Bewegungsmelder und Wärme-Detektoren.
    Roi riss die Verschlüsse auf, schob die Hüften wieder gerade, reckte und streckte sich.
    Er holte tief Luft. Lachte tonlos.
    Boxte spielerisch dem schlaff zur Seite hängenden Yrendir-Kopf ans fliehende Kinn.
    Vielleicht war er übervorsichtig gewesen. Rational betrachtet gab es keinen Grund, warum Dantyren sich selbst überwachen sollte.
    Andererseits, das zweiköpfige Scheusal entzog sich sämtlichen vernünftigen Maßstäben. Sich in seine Wahnhaftigkeit zumindest partiell einzufühlen, schadete nicht.
    Rois nächste Sorge war, dass die Türautomatik Probleme bereiten könnte. In dem Moment, da der zweite Dantyren draußen den Sensor berührte, war er für den zuständigen Knotenrechner doppelt vorhanden. Würde der Servo Alarm schlagen? Oder war ein solcher Fall schlichtweg nicht vorgesehen?
    Keine Ahnung.
    Er wusste es nicht, konnte es nicht beeinflussen, hatte keine Wahl, als sich auf sein Glück zu verlassen.
    Eigentlich eine typische Perry-Aktion, dachte Roi. Rein ins Allerheiligste des Gegners, auf Gedeih und Verderb, im Vertrauen darauf, dass man nach vollbrachter Tat schon irgendwie wieder heil den Ausgang findet. Oder von Gucky und Icho Tolot herausgehauen wird.
    Bloß, dass er nicht sein Vater war; und der Mausbiber, genauso wie Tolotos, mit diesem an einen unbekannten Ort – und Zeit? – entfleucht.
    Rückkehr ungewiss, dachte Roi sarkastisch. Dies zumindest galt für ihn und Perry gleichermaßen.
    Seine eigene Kavallerie bestand aus zwölf Miniatur-Halutern. Kein rasend starker Rückhalt. Ohne ihre bisherigen Verdienste schmälern zu wollen: Senego, Doray und Konsorten waren nicht einmal fähig, die Zugangsschranke zu überwinden, ohne ein mittleres Inferno auszulösen.
    Er sah auf die Uhr. Achtundzwanzig Minuten waren seit dem Aufbruch verstrichen.
    Noch massenhaft Zeit.
    Die desaktivierte Yrendir-Hälfte seiner Verkleidung mitschleppend, hoppelte er durch den kahlen, bis auf ein blitzblankes Stehpult und spärlich mit Datenträgern gefüllte Regale, leeren, blaukalt illuminierten Raum. Mhm. Wo sollte er sich hier verstecken?
    Einzig im hintersten Winkel gab es einen dünnen Mauervorsprung. Eingezwängt zwischen diesem Paravent und der Rückwand befand sich eine Art hochgestellter Lehnstuhl, so abstrus gekrümmt, als hätte er sich unter Hitzeeinwirkung verzogen.
    Roi erschauerte.
    Gekrümmt, na klar.
    Dies war Dantyrens Bettstatt. Der verunstaltete Dual schlief im Stehen, notdürftig an das schiefe Gestell geschmiegt.
    Wie sonst? Auf einer herkömmlichen Pritsche fände er wegen der ungleichen Körperhälften niemals Ruhe.
    An der gegenüberliegenden Wand zeichnete sich bei genauem Hinsehen ein rechteckiger Umriss ab, ein Rahmen aus minimalen Verschmutzungen, als hätte dort ein Bild gehangen. Oder als würden regelmäßig Holografien projiziert, deren elektrostatische Entladungen die Staub-Partikel verdrängten.
    Roi klemmte sich mühsam in das Gestell. Nichts geschah. Er hatte gehofft, die Einrichtung würde genauso auf seine Individualschwingungen reagieren wie der Sensor vor dem Schott.
    Aber Fehlanzeige.
    Er verrenkte sich, um die Kokonmaske wieder schließen zu können.
    Vielleicht diente die gesamte Lehne als Kontaktfläche, und er musste sich ihr millimetergenau anpassen?
    So war es. Ein hohes Sirren ertönte, dann eine synthetisch generierte, dünn und erschütternd billig klingende Stimme: „Willkommen, Gebieter."
    Das Rechteck auf der Wand füllte sich mit TraiCom-Symbolen und Schriftzeichen. Roi erkannte, dass er Zugriff zu den privaten Dateien des Dualen Kapitäns gewonnen hatte.
    Tastatur wurde keine projiziert. Also erfolgte die Befehlseingabe wohl akustisch.
    „Aufzeichnungen abspielen", ordnete er an. „Mit der ältesten Eintragung beginnen."
    Ein Brustbild Dantyrens

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