2463 - Isokrain der Kosmitter
schlechter."
Er spürte die Berührung, ein leichtes Kribbeln irgendwo rechts unten im dritten Bein. Es steigerte sich zu einem Brennen, und dann floss plötzlich Feuer durch seinen Körper, und der Schmerz fegte ihn hinweg in das allumfassende Vergessen, aus dem er gekommen war.
*
„Er reagiert gut", hörte er irgendwann wieder die tiefe Stimme.
„Um seine Augen vor dem Austrocknen zu schützen, haben wir sie bandagiert", antwortete die andere. „Ich nehme die Binde ab, damit er nicht glaubt, er sei blind."
Es war ein gutes Gefühl, eine Sinneskraft zurückzuerhalten.
Die Finsternis weicht, denn wir bringen das Licht!, dachte er. Irgendwie kam ihm dieser Spruch bekannt vor, auch wenn er ihn nicht direkt einordnen konnte. Aber manche Dinge vergaß man wohl nie.
Blinzelnd sah er sich um. Seine Welt bestand noch aus unzähligen voneinander getrennten Einzelbildern, die sich nur langsam zu einem einzigen zusammenschoben.
„Ich habe das Licht gedimmt. Deine Augen werden eine Weile brauchen, bis sie es vertragen." Wieder diese tiefe Stimme. „Aber ich kann es auch heller machen."
Unvermittelt schien Feuer in die Facetten seiner Augen zu fließen, die Sehnerven entlang, bis ins Gehirn. Er wollte aufschreien, konnte es aber nicht.
Es wurde wieder dunkler. Der Schmerz ließ nach. Erleichtert fühlte er, wie Sauerstoff durch seine Ur-Tracheen und damit in sein Innerstes strömte.
Warum konnte er das Wesen mit der tiefen Stimme nicht sehen? Er hatte den gesamten Raum im Blick, ein nüchternes, in Grau gehaltenes Krankenzimmer – oder ein Laborraum? –, das einige Medo-Konsolen enthielt. Warum verbarg dieses Wesen sich? Und vor allem ... wie machte es das?
„Die Basis des Bruderstands der Kosmitter", sagte die Stimme wieder.
„Wo ist sie?"
Isokrain wollte antworten, dass er es nicht wusste, konnte es aber nicht. Etwas steckte in seinem Hals, machte ihm das Sprechen unmöglich.
„Ach ja, die Sonde", sagte die Stimme lapidar. „Ich muss sie entfernen, bevor du antworten kannst. Das wird etwas unangenehm."
Der unbekannte Sprecher untertrieb.
Isokrain hatte das Gefühl, als kämen seine Vormägen mit heraus, als etwas durch seine Speiseröhre gezogen wurde. Er musste sich übergeben. Ein bitterer, übersäuerter Brei quoll aus seinem Mund, keineswegs verdauter Blütenstaub. Es war ekelhaft. Panik stieg in ihm empor, er glaubte zu ersticken.
„Spült ihm den Mund! Das stinkt ja bestialisch! Macht das weg!"
Ein unbekannter, aber nicht unangenehmer Geschmack breitete sich auf den Geschmacksknospen seiner Zunge aus. Trotzdem musste er wieder würgen.
Er spürte kalte Instrumente auf seiner Haut. Sosehr er sich auch bemühte, er konnte den Kopf nicht bewegen und daher auch seinen Körper nicht sehen.
„Die Muskulatur hat sich abgebaut", sagte die Stimme, „aber damit mussten wir rechnen. Hinzu kommt das neuralgische Problem. Sein Gehirn muss über längere Zeit unterversorgt bleiben. Es wird nicht einfach werden. Mein Schmerz würde ihn nur töten. Wir müssen es anders versuchen."
Isokrain vernahm die Worte, verstand aber nicht ihren Sinn. Was meinte die Stimme?
„Legen wir ihn vorerst wieder in ein Koma."
Isokrain wollte etwas sagen, doch nur ein Krächzen kam aus seiner Kehle.
Wie lange werde ich hierbleiben müssen?, fragte er sich. Wo bin ich überhaupt? Wann kann ich wieder ein normales Leben führen? Welches Leben habe ich geführt?
Aber das alles war nun nicht mehr wichtig. Diesmal begrüßte er das allumfassende Vergessen, das ihn erfüllte.
*
Als er erwachte, starrte ein Gesicht auf ihn herab. Auf den ersten Blick schien es das eines Humanoiden zu sein, doch es war irgendwie weich, flach und filigran. Mund und Kiefer wirkten klein, fast schon kraftlos. Ein zweiter, ganz ähnlicher Kopf schob sich in sein Blickfeld, und Isokrain sah, dass beide Hälse ein und demselben Schulterpaar entsprangen.
Ein Assomga, dachte er. Aber sind die nicht schon längst ausgestorben? Durch verbesserte Versionen ersetzt worden?
Das war offensichtlich eine dieser neuen Versionen ... ein zweiköpfiger Assomga. Ein Dual, wenn auch nicht aus zwei verschiedenen, sondern nur aus einer Spezies geschustert. Offensichtlich herrschten im Neganen Kerker andere Gesetze als im Rest der Terminalen Kolonne.
Isokrain ging selbstredend davon aus, dass er sich im Neganen Kerker befand. Hatte der Wächter ihm das nicht angedroht? Fraglich war nur, wie viel Zeit seitdem vergangen war.
Noch während er
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