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2465 - Nach der Stasis

Titel: 2465 - Nach der Stasis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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hatte in demselben TAI-Kubus gearbeitet wie Selexon. Er war jünger, lächerliche dreißig Jahre, und hatte erst kurz vor der Stasis von der zweihundertsten Wiederkehr seines Geburtstermins gesprochen. Geraume Zeit hatten sie zusammengearbeitet, aber dennoch nicht solch durchschlagende Erfolge erzielt wie Mirscon, der oft ein wenig schneller gewesen war mit seinen Erkenntnissen.
    Lindbak stemmte sich auf den Unterarmen hoch. Sein Gesicht verzerrte sich in einer stummen Frage, aber dann schien er Selexon zu erkennen. Er wollte etwas sagen, doch nur ein gequältes Stöhnen kam über seine Lippen.
    Ein Zucken durchlief den gedrungen wirkenden Körper. Das Gesicht verzerrte sich. Es begann in den Mundwinkeln und griff gedankenschnell auf die Wangen über, sprang bis zum Organband hoch, und schon quoll das halbe Gesicht auf. Die bleiche Haut wurde vollends farblos, platzte auf, und die Veränderung zog sich den Hals entlang abwärts, griff auf die Schulter über und den linken Arm.
    Irgendetwas wuchs in Lindbaks Gesicht. Die entstehende Geschwulst war schon so groß wie eine Faust. Muskelstränge zuckten Tentakeln gleich abwärts, traten fingerdick an Lindbaks Hals hervor und durchbrachen die Haut von innen. Lindbak schien gar nicht mehr wahrzunehmen, dass sich sein Körper derart verselbstständigte.
    Auf der anderen Schädelseite begann die Veränderung ebenfalls.
    „Kalitt, komm zu dir!", schrie Selexon auf. „Es wird dich umbringen, wenn du dich nicht zur Wehr setzt!"
    Er warf sich förmlich nach vorne. Seine Hände schlossen sich mit unnachgiebiger Härte um Lindbaks Arme. Er rüttelte sein Gegenüber, als müsse er es aus einer tiefen Trance herausreißen.
    Für einen kurzen Moment erstarrte Selexon. Ein widerlich zwanghaftes Gefühl sprang auf ihn über, er glaubte sich Lindbak dabei so nahe, wie er nie zuvor einem Wesen nahe gewesen war.
    Abscheu erfüllte ihn, zudem spürte er die mit Lindbak vorgehende Veränderung unglaublich intensiv.
    Mit aller Kraft sträubte er sich dagegen. Er keuchte, schrie, wurde sich dessen aber erst bewusst, als ihn etwas Unsichtbares heftig zurückschleuderte.
    Lindbak sackte reglos in sich zusammen. Er hatte das Bewusstsein verloren.
    Doch seine geschwürartige Veränderung bildete sich zurück.
    Gesicht, Hals und die Schulter waren schon Minuten später wieder glatt und ließen nicht einmal eine Narbenbildung erkennen, als der Tibirian Melech langsam wieder zu sich kam. Es kostete ihn einige Mühe, auf die Beine zu kommen, aber dann griff er völlig überraschend nach Selexons Händen und umklammerte dankbar seine Handgelenke.
    Inkh Selexon starrte den anderen entgeistert an. Spontan riss er sich los.
    „Ich weiß nicht, wie krank du bist", stieß er heftig hervor. „Also rühr mich nicht an!"
     
    4.
     
    Der Anblick der zerfallenden Toten verfolgte Selexon; er schaffte es nicht, sich davon zu lösen. Diese Bilder klebten unglaublich hartnäckig an ihm.
    Dabei war es keineswegs so, dass ihn das Ende so vieler Stasisschläfer übermäßig bewegt hätte. Die beeinträchtigte Erinnerung ließ gar nicht erst das Empfinden von Vertrautheit mit all diesen Tibirian Melech aufkommen. Jene, die es nicht geschafft hatten, blieben Fremde für ihn. So wie die meisten Überlebenden.
    Er weigerte sich, länger darüber nachzudenken. Was in den Sälen geschehen war, blieb irreversibel. Es wäre unverzeihlich gewesen, seine Kräfte damit zu vergeuden.
    Der Fiktiv-Ankläger wusste nicht, wie viele Erinnerungen ihm die Mentale Revision genommen hatte. Sie tauchten auf, wenn er sie brauchte, und da er natürlich nicht wusste, was er vergessen hatte, vermisste er kaum etwas. Das unter einem irisierenden Energiefeld liegende Ankläger-Dorf war ihm auf Anhieb vertraut. Flirrend hatte sich die Konservierung aufgelöst und die Gebäude aus Metall und Kunststoff freigegeben.
    Die Zeit mochte an der Technik der Kosmokraten spurlos vorübergegangen sein, nicht aber an den Besatzungen und den Ingenieuren, die seit der Umstrukturierung die Verantwortung für den GESETZ-Geber getragen hatten. Immer drängender fragte sich Selexon, ob es wirklich keiner Fiktiv-Ankläger mehr bedurft hatte, um die Funktionsfähigkeit von CHEOS-TAI zu gewährleisten.
    Waren die Veränderungen fehlgeschlagen?
    Später, gab der Fiktiv-Ankläger sich selbst zur Antwort. Vorerst ist nicht die Zeit, mich damit zu befassen.
    Er hatte jene Räume wieder bezogen, in denen er immer schon gelebt hatte.
    Sie erweckten den Anschein, als

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