2478 - LICHT VON AHN
verstehen, was Deprot zu diesem Entschluss bewogen hatte.
Zerstörung und Tod gehörten zum Leben ... zu einem echten Leben, das der Roboter stets nachzuahmen versuchte, um Kamuko ein würdiger Begleiter zu sein und seine ursprüngliche Programmierung als Gesellschafter erfüllen zu können.
Gerade in diesen Stunden erfuhr sie dies wieder einmal auf schmerzliche Weise, denn einer ihrer ältesten Wegbegleiter starb. Lhea, ihr Retter, war als Gehilfe und Freund an ihrer Seite alt geworden, älter als je ein Sinlasa vor ihm. Er hatte zuletzt seinen vierzehnten Mund ausgebildet – sogar die Legenden und Mythen seines Volkes kannten Helden, die höchstens dreizehn Mundöffnungen entwickelt hatten.
Viele Tentakel lagen schwach und grau an Lheas Leib und verschrumpelten zusehends zu unansehnlichen Geschwülsten. „Ich danke dir, Kamuko. Ich danke dir, dass du mich vor so langer Zeit zum Krater geführt und dem LICHT nahe gebracht hast, ehe wir Ahn-Aarhoven verließen."
„Ich schuldete es dir."
„Du hast mir die Begegnung ermöglicht, die mein Leben bis heute verlängert hat. Ich danke dir."
„Alter Freund, ich habe dir zu danken, denn ohne dich ..." Kamuko brach ab. Die Überwachungsinstrumente zeigten, dass Lhea gestorben war. Einfach so. Ohne Kampf, ohne Qual. Seine letzten Worte hatten ihr gegolten.
Sie fühlte sich dieses Danks nicht würdig.
Nicht würdig, dachte sie mit einem Mal und sackte in sich zusammen. Nicht würdig dieses großen Freundes, nicht würdig, die Prinzipa ARCHETIMS gewesen zu sein, nicht würdig der Nachtlicht-Rüstung.
Da war sie wieder, die Rüstung, wie Gift in ihren Gedanken. Seit Jahrhunderten hatte sie sie verdrängt, aber sie war immer da gewesen, in jeder einzelnen Sekunde, hatte nur darauf gelauert, den richtigen Ansatzpunkt zu finden.
Nicht würdig, mich zu tragen, dachte Kamuko die Gedanken der Rüstung.
Oder ihre eigenen. Es war wieder so weit. Sie konnte sie nicht mehr unterscheiden. Neben der Leiche ihres alten Freundes sackte sie in sich zusammen. Ihre Arme hingen kraftlos zu Boden, der Kopf fiel seitlich auf eine Schulter.
„Deprot!", rief sie. „Deprot, ich brauche deine Hilfe!"
Der Roboter hörte sie über die ständige Funkverbindung und eilte herbei, noch ehe jemand anders das Krankenzimmer erreichte. „Es ist gut, dass dich niemand außer mir so sieht. Deine Augen haben ihren Glanz verloren. Der Anblick schmerzt mich."
Sie hob mühsam den Kopf. „Es ist ein Zeichen, Deprot. Ich kann nicht mehr.
Meine Zeit müsste längst abgelaufen sein, und ich kann keinen Widerstand mehr leisten. Die Rüstung ..."
„Sie befiehlt nicht über dich! Sie bestimmt nicht dein Dasein! Du bist keine Dienerin dieses Artefakts, sondern des LICHTS VON AHN. Sieh nur, was du im Auftrag der Superintelligenz geleistet hast."
„Ich sehe nichts, Deprot", sagte sie, und es war mehr als nur die simple Tatsache, dass sie in einem geschlossenen Raum ohne Fenster saß.
„Nichts? Du hast mit all deiner Kraft den Aufbau des Stützpunktes der künftigen Friedensfahrer im System Rosella Rosado vorangetrieben. Dir zur Seite stehen einige Millionen Enthonen und doppelt so viele Varia. Alle gehorchen dir, weil du sie gut führst! Niemand könnte diese Aufgabe so gut erfüllen wie du. Alle vertrauen dir – dir und nicht etwa der Rüstung!"
„Weil sie nicht wissen, wer ich wirklich bin."
Ein mechanischer Arm surrte vor, umfasste Kamukos Kinn und hob den Kopf an. In all der Zeit hatte sich der Roboter keinen solch radikalen Zugriff erlaubt. „Sie wissen es vielleicht nicht – aber das LICHT weiß es sehr wohl. Die Superintelligenz hat dich auserwählt, dich und niemanden sonst. Und vergiss nicht, wer dir noch zur Seite steht."
„Wie könnte ich dich vergessen, mein lieber Deprot? Sag mir mehr ... verrat mir die Zukunft."
Die Dioden blinkten ihren beruhigenden, vertrauten Rhythmus. „Acht Monde sind unter deinem Befehl längst in eine Umlaufbahn um Sumnat gebracht und drei davon mit einer Infrastruktur von hoher Qualität versehen worden. Eine weitere Technik-Lieferung aus Ahn-Aarhoven steht dicht bevor, um den vierten Mond auszurüsten."
Jedes einzelne Wort war Labsal für ihre Seele und erinnerte sie daran, dass sie siebenhundert Jahre lang nicht versagt hatte.
Deprot schien das zu spüren und sprach unablässig weiter. „Neuntausend OREON-Kapseln, die den Friedensfahrern dienen werden, haben in den letzten Jahren das System erreicht und warten nur darauf, bemannt zu werden, wenn
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