25 Stunden
das Mittelschiff in dem weißen Kleid ihrer Mutter heruntergeschritten kommen, und Monty würde auf sie warten, seine neuen Freunde an seiner Seite, Elektriker und Kraftfahrer und Feuerwehrmänner und der Basketballtrainer der High School - Monty hilft ihm im Winter, trainiert mit den Jungs Technik und stürzt sich manchmal auch mit ins Getümmel, aber nie um anzugeben, weil es doch nur Kinder sind, Wüstenkinder, die langsam dribbeln und nicht über links gehen können, aber Monty nimmt ihnen nie den Ball ab, er nimmt ihnen nie den Ball ab. Er würde seine Frau küssen, und der Priester würde lächeln und seinen Segen geben. Bald hätten sie Kinder, grünäugige Söhne und schwarzäugige Töchter. Landkinder, die die langen Sommernachmittage mit Angeln verbringen, die mit ihren Pferden durch enge Canyons reiten, die jeden Sonntag zur Kirche gehen, schön in Blazer und Krawatte, im Leinenkleid. Sie würden groß werden, klug und freundlich und fröhlich, sie würden gute Noten kriegen und aufs College gehen, sie würden Ärztinnen werden und Ingenieure und Lehrerinnen, sie würden selbst Familien gründen und an den Feiertagen zu Besuch kommen, ihre ganzen schwarzhaarigen Kinder im Schlepptau. Und an einem dieser Tage - sagen wir, am vierten Juli —, nachdem sie das Feuerwerk bewundert haben, nachdem der letzte Maiskolben abgenagt ist und das kleinste Mädchen den letzten Kuchenkrümel weggemümmelt hat, nachdem sie die Babys schlafen gelegt und alle sich im Wohnzimmer versammelt haben, dessen Wände mit Schwarz- Weiß-Fotografien aus den letzten vierzig Jahren geschmückt sind - mit Montys Fotografien, denn das ist sein Hobby, und er hat es zur Meisterschaft gebracht darin —, dann würde Monty sich vor alle hinstellen und ihnen eine Geschichte erzählen. Alle wären sie leise, alle würden sie lauschen, denn Grandpa ist kein großer Redner; so etwas kommt nur selten vor. Die Kleineren würden im Schneidersitz auf dem Boden sitzen und mit großen Augen und offenen Mündern zu ihm hinaufstarren. Seine Kinder würden genau zuhören und ab und zu einen Blick austauschen und den Kopf schütteln, denn was sie da hören, das klingt unglaublich, aber sie ahnen auch, dass es wahr ist, jedes einzelne Wort. Montys Frau würde ihren Mann ansehen, ohne hinzuhören, denn sie kennt die Geschichte schon. Er hat sie ihr in der Nacht vor ihrer Hochzeit erzählt. Er hat ihr gesagt, dass er es verstehen würde, wenn sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wolle, dass er, wenn sie es wolle, sich noch in dieser Nacht in den Bus setzen und nie mehr wiederkommen würde. Seine schwarzhaarige Frau würde sich an diese Nacht erinnern und daran denken, was sie damals gesagt hat: Bleib, bleib bei mir. Monty würde seiner Familie die Geschichte erzählen, würde ihnen erzählen, wer er ist und wo er herkommt. Er würde ihnen das alles erzählen, und dann würde er ihrem Schweigen lauschen. Seht ihr?, würde er sagen. Seht ihr, wie froh wir sein können, dass es uns gibt? Das alles, euch alle eingeschlossen, wäre um ein Haar nie wahr geworden. Dieses Leben wäre um ein Haar nie wahr geworden.
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