25 Stunden
Geräusch dieser Faust, die ein Gesicht zu Brei schlägt. Das Heulen des Hundes, das Peitschen der Leine.
Jakob stolpert zu Slattery hinüber und stößt ihn an. »Hör auf!«
Slattery schaut hoch, das Gesicht tränenüberströmt, den Mund weit offen, Speichelfäden zwischen den Lippen.
»Schluss«, sagt Jakob. »Schluss jetzt.« Er greift dem großen Mann unter die Arme und hilft ihm aufzustehen.
»Herr im Himmel«, sagt Slattery, als er Monty ansieht. »Herr im Himmel.«Jakob bückt sich und dreht Monty auf den Bauch. Monty hustet. Ein dicker Klumpen Blut fällt ihm aus dem Mund. Doyle bellt wie verrückt. Jakob rafft ein bisschen Schnee zusammen und hält ihn Monty sanft ans Gesicht; er vergewissert sich, dass Monty noch atmet.
Slattery sieht zu, sprachlos, die blutigen Hände neben den Hüften. Jakob bleibt neben Monty hingekauert, die Finger in seinen Nacken gelegt. Doyle bellt und bellt, obwohl er sich fast erwürgt bei dem Versuch, zu seinem Herrchen zu kommen. Auf dem Fluss bläst ein Schlepper sein Horn, und Jakob denkt: Eine Crew hat es doch noch in ihr Boot geschafft.
Schließlich schüttelt Monty sich den Schnee vom Kopf und geht auf alle viere, kriecht vorwärts.
»Halt noch einen Moment still«, sagt Jakob. »Halt still.«
Als Monty aufzustehen versucht, knicken ihm die Beine weg. Jakob schlingt die Arme um ihn, bevor er umfällt, und setzt ihn langsam wieder in den Schnee.
»Bleib lieber noch sitzen.«
Monty kämpft sich wieder hoch, und diesmal bleibt er stehen, obwohl er schwankt wie betrunken. »Geht schon«, sagt er leise, kaum verständlich. Er wendet seinen Freunden das Gesicht zu.
Slattery sieht ihn an und ächzt, setzt sich schwer in den Schnee. Lässt den Kopf hängen, bedeckt das Gesicht mit der rechten Hand, die glitschig ist von Blut. »Herr im Himmel.«
»Krankenhaus«, sagt Jakob. »Wir müssen dich ins Krankenhaus bringen.«
»Nein«, sagt Monty und stolpert auf sie zu. Doyle winselt, kratzt mit den Pfoten, verwirrt. Monty beugt sich unsicher hinunter und krault ihn hinter dem Ohr.
»Schön brav sein«, sagt er.
Slattery sitzt immer noch im Schnee. Er schluchzt. Monty beugt sich zu ihm hinunter und küsst ihn auf die Stirn.
»Tut mir Leid«, sagt er.
Slattery schaukelt vor und zurück, die Hände über dem Gesicht, die Stirn blutverschmiert.
Monty dreht sich zu Jakob um und berührt ihn an der Schulter. »Pass gut auf meinen Hund auf.«
Er nimmt seinen Mantel vom Geländer und entfernt sich von ihnen, entfernt sich vom schwarzen Fluss, von den Stahlbrücken, dem steinernen Leuchtturm, der Sonne, die über Queens aufgeht, geht an den Basketballplätzen vorbei, den Schaukeln auf dem Spielplatz, die Stufen hinunter und über die Straße nach Hause.
23
Sie sieht ihn schon, als er noch drei Blocks weg ist, eine schwarz gekleidete Gestalt, die durch den Schnee hinkt, den Mantel in der Hand. Er lebt. Sie atmet tief ein, die kalte Luft brennt in der Kehle; sie greift nach dem silbernen Kruzifix an ihrem Hals, aber es ist nicht da; es liegt oben auf dem Nachttisch, auf dem Häufchen silberner Kettenglieder. Eigentlich will sie ihm entgegengehen, bleibt aber nach ein paar Schritten stehen und kneift die Augen gegen das vom Schnee reflektierte Morgenlicht zusammen. Selbst auf diese Entfernung ist zu erkennen, dass etwas nicht stimmt. Als er noch einen Block weg ist, sieht sie, warum er den Kamelhaarmantel nicht anhat. Er will ihn nicht vollbluten.
Blut läuft ihm aus der Nase, aus dem Mund, aus einer tiefen Platzwunde, die ihm eine Augenbraue spaltet. Die ganze linke Hälfte seines Gesicht ist knallrot und grotesk angeschwollen; unter dem Wangenknochen prangt eine daumenlange Strieme. Seine Nase ist übel gebrochen, seine Unterlippe gespalten, an seiner Stirn fehlt ein Stück Haut von der Größe einer Dollarnote. Seine Kehle ist rot und weiß gestreift.
Die Schwellungen haben seine Augen zu Schlitzen verengt; er sieht sie in seinem alten Kapuzenpulli dort auf den Türstufen erst dann stehen, als er schon fast bei ihr ist. Als er sie sieht, lächelt er, und sie muss kurz wegschauen. Seine schönen Zähne sind ruiniert, unten fehlen drei, oben ist ein Schneidezahn abgebrochen. Er versucht etwas zu sagen, muss aber würgen, beugt sich vor, die Hände auf den Knien, und spuckt Blut.
Naturelle nimmt ihn bei der Hand und führt ihn langsam die Türstufen hinauf, durch zwei Türen, die schmale Treppe hinauf und in ihr Apartment. Blasses Sonnenlicht scheint durch die Fenster. Sie
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