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251 - Der Taratzenkönig

251 - Der Taratzenkönig

Titel: 251 - Der Taratzenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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sie es so. Greller Schmerz breitete sich aus, fraß sich wie flüssiges Feuer durch ihren Arm, dann in ihre Hüfte und in ihr Bein. Gleichzeitig flog ihre rechte Gesichtshälfte in einer rotgelbblauen Explosion auseinander. Alles war nun taub, während die Finsternis in breiter Front heranflutete und ihren Geist erneut verschlang.
    Mehr als ein dumpfes Gurgeln brachte Traysi nicht mehr zustande. Sie erschlaffte und sank nach ebenso kurzem wie vergeblichem Widerstand in die Bewusstlosigkeit zurück. Dass die Taratze enttäuscht knurrte und sie immer wieder mit der Schnauze anstieß, bekam sie nicht mehr mit.
    Das Fieber kam zurück. Und mit ihm die Träume. Traysi war plötzlich wieder ein kleines Mädchen…
    ***
    Bristol, Januar 2508
    Angespannt blickte Grandlord Beetieh zum Vollmond empor. Er stand so exakt zwischen den zwei Skulpturen, dass man meinen konnte, er würde auf ihnen ruhen. Und wenn Beetieh nicht voller Sorge wegen des jagenden Eluu gewesen wäre, hätte er vielleicht sogar einen Blick für diesen erhebenden Anblick gehabt. Die Skulpturen sahen aus wie riesige, nach außen gebogene Alphörner und zierten noch immer weitgehend unbeschadet die einstige Pero's Bridge, die sich bis zum Kometeneinschlag als Hebebrücke und eine der zahlreichen Touristenattraktionen Bristols über den Avon gespannt hatte.
    Den Namen Pero's Bridge hatte Grandlord Beetieh nie gehört. Hätte er, wäre er wahrscheinlich in schallendes Gelächter ausgebrochen. Für ihn und seinen Stamm war das an mehreren Stellen eingebrochene Bauwerk die »Bwück mit de Wakudahöana«.
    Soeben glitt der Schattenriss des mächtigen Nachtvogels an der silbern schimmernden Mondscheibe vorbei und bedeckte sie für einen Moment fast vollständig. Beetiehs rechte Hand legte sich unwillkürlich auf die Schneide seines Kampfbeils, das neben zwei Messern im Ledergürtel unter dem knöchellangen schwarzen Mantel mit dem hochgestellten Kragen steckte. Die Atemfahne, die er in die eiskalte Nacht entließ, war größer als die davor. Unwillig registrierte er, dass sich seine Atemfrequenz erhöht hatte. Und dass die mächtige, feuerrote Narbe, die seine rechte Gesichtshälfte verunstaltete, plötzlich wie verrückt zu jucken anfing. Vorsichtig folgte sein linker Zeigefinder dem Verlauf des Wulstes, der eine Art Brücke zwischen dem struppigen Rauschebart und dem Haaransatz bildete, der unter einem breitrandigen schwarzen Hut mit buntem Band hervorlugte.
    »Bei Wudan, bisse moadsmäßiges Vieh«, flüsterte er. »Wo kommse so plötzlich hea? Kannste gleich wieda Abmaasch mache. Habe Tawatze selba ganz gut inne Gwiff.«
    Tatsächlich hatte Beetieh den Eluu vor wenigen Minuten zum ersten Mal erblickt, als er wie üblich kurz vor dem Essen sein Wasser auf das Eis des Flusses abgeschlagen hatte. Die letzten fünf Jahre hatte keiner dieser eulenartigen, bis zu fünf Meter großen Riesenvögel mehr in Bristol gejagt. Und das war auch ganz gut so. Zwar standen auf der Eluuschen Speisekarte in erster Linie Taratzen. Aber da sich die Riesenratten wegen des Ersten Jägers Tschootsch ohnehin kaum noch an die Lords herantrauten, waren die nicht unbedingt auf die Hilfe eines Eluus angewiesen. Zumal die Eule auch für die Menschen eine Gefahr darstellte.
    Nein, Bristol war seit ein paar Jahren ein relativ sicheres Pflaster für die vier Lords-Stämme, die hier hausten. Beetiehs Clan hatte seit zwei Jahren kein Mitglied mehr durch Angriffe von außen verloren und war auf stolze neunundsechzig Köpfe angewachsen. Lediglich die üblichen internen Streitereien hatten zwei Männer und eine Frau das Leben gekostet, aber das war so gut wie vernachlässigbar.
    Der Grandlord sah es mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Denn seine Leute begannen nachlässig zu werden, bewegten sich auch schon mal alleine in den Ruinen von Bristol. Und die Frauen ließen die Kinder immer öfters alleine spielen. Wudan sei Dank legten die Jäger wenigstens in den umliegenden Wäldern die nötige Vorsicht an den Tag, denn dort streiften eine Menge Lupas umher.
    Soeben durchschnitt das klagende Heulen eines solchen die frostklirrende Nacht. Es klang… nahe. Viel zu nahe. Trieb die Kälte die Lupas wieder mal weit in die Ruinen Bwistols hinein? Beetieh kniff die Augen zusammen.
    Hinter ihm raschelte es. Der Grandlord, ohnehin schon angespannt, fuhr herum. In der Drehbewegung zog er eines der Messer aus dem Gürtel. Doch er entspannte sich sofort wieder und steckte es zurück. Das bleiche Licht

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