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254 - Das Nest

254 - Das Nest

Titel: 254 - Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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diese Bestien zu zähmen.
    Wieder fiel Traysis Name. Rulfan blinzelte zu Hrrney hinüber. Der wies auf den Kadaver und gab wohl den Befehl, ihn wegzuschaffen. Vermutlich in die Vorratskammer.
    Dann wandte der König der Taratzen den haarigen Rattenkopf in Rulfans Richtung. Der Albino schloss eilig die Augen und tat, als würde er schlafen.
    Eine gute Minute lang hörte man nur Hrrneys schabende Krallen, als er am Bahnsteig auf und ab ging. Dann blieb er plötzlich stehen und knurrte einen weiteren Befehl.
    Ein Wortwechsel entstand zwischen ihm und einer kleinen, drahtigen Taratze, die eilig auf die Füße sprang, immer wieder den Kopf senkte, als wolle sie sich verneigen, und schließlich zum Treppenaufgang eilte. Wieder war das Wort »Traysi« gefallen. Hatte Hrrney der Taratze den Auftrag erteilt, nach ihr zu suchen?
    Jetzt wandte sich der Taratzenkönig Rulfan zu. Seine kleinen Augen funkelten wütend. Da will einer Dampf ablassen. Rulfan schloss seine Lider wieder.
    »Du bisst wach!« Hrrney kam heran und trat Rulfan in die Seite. »Hab genau gessehen, dasss Augen offen warren!« Hrrney packte ihn am Lederharnisch und hob ihn hoch. Der Neo-Barbar spielte den Benommenen, tat so, als könne er die Augen kaum öffnen.
    Hrrney schüttelte ihn. »Denk an Abmachung! Wirr gehen in Bunkerr!«
    »Mir ist heiß«, keuchte Rulfan. »Ich habe Fieber.«
    »Aussrreden!« Der Taratzenkönig ließ ihn auf das Felllager zurückfallen. »Hattesst lange genug Zeit! Bei Einbrruch der Dunkelheit gehen wirr zum Bunkerr! Und du errklärrsst mirr, wie dass hierr funktionierrt!« Der Taratzenkönig präsentierte ihm eines der leeren Maschinengewehre, die die Taratzen beim Überfall auf das Hauptquartier der Demokraten erbeutet hatten. »Heute Nacht!«, knurrte Hrrrney und hob das Gewehr wie eine Keule. »Oderr ich mach dich genausso tot wie ihn!« Er wies auf das Tuch mit dem Kadaver der Taratze, den die Träger beim Feuer abgelegt hatten.
    Rulfan nickte. Er fühlte sich seltsam leicht. Natürlich wollte er leben. Trotzdem berührten ihn Hrrneys Worte kaum.
    Er war müde. Ausgebrannt. Gefangen in diesem Loch, zwischen all den stinkenden Taratzen, hatte er viel zu viel Zeit zum Nachdenken. Immer wieder dachte er an Lay.
    Man muss mit einem Leben abschließen, um in ein neues gehen zu können. Das hatte sein Vater ihm einmal gesagt. Und in dieser Welt , hatte der Prime mit einem müden Lächeln verkündet, geht man sehr oft in ein neues Leben. Deshalb ist es gut, wenn man das alte abschließen kann.
    Die Worte fielen Rulfan plötzlich ein und erschienen ihm wie eine Weissagung von großer Kraft. Durch wie viele Leben war er schon gegangen? Durch wie viele wollte er noch gehen? Sein Traum von den Communities, von der wieder erstarkten Gemeinschaft in London war zerbrochen. Sein Leben mit Lay ausgelöscht.
    Gesteh es dir ein, Rulfan. Der Neo-Barbar legte sich zurück auf die Felle und starrte an die Decke über seinem Kopf. Du weißt gar nicht, ob du in dieses neue Leben gehen willst.
    ***
    Londoner Innenstadt, Oktober 2525
    Vorsichtig arbeiteten sie sich von Deckung zu Deckung. Matt, Aruula und Chira hatten die Innenstadt erreicht und beobachteten das sie umgebende Gelände. Zwei Mal schon war der EWAT ganz in ihrer Nähe gewesen, doch Matt hatte ihn rechtzeitig entdeckt. Immer wieder stellten sie die X-Quads in Ruinen ab, kletterten auf Bäume oder Häuserreste und überblickten die Straßenzüge.
    Bisher hatten sie das Hauptquartier der Demokraten nicht ausmachen können. Auch der EWAT bot keinen verlässlichen Hinweis, da er immer wieder weite Kreise zog und keine bestimmte Richtung einzuschlagen schien. Matt glaubte nicht, dass die Demokraten speziell nach ihnen suchten; dafür war das Zeitfenster von hundert Tagen, das Lady Warrington ihnen für die Beschaffung Gabriels eingeräumt hatte, doch zu groß. Es schien sich um routinemäßige Patrouillen zu handeln. Vermutlich hauptsächlich wegen der Lords und der Taratzen.
    Matthew Drax stand im Schatten eines wild wuchernden Ahornbaumes und schüttelte verärgert den Kopf. »Wenn wir den EWAT wenigstens verfolgen könnten… Dann wüssten wir ungefähr, wo diese Demokraten sich verkriechen.«
    Aruula lehnte am Baumstamm und putzte ihr Schwert. »Vielleicht sollten wir nachts suchen. Der Stroom fließt wieder. Die Demokraten werden dort sein, wo Licht ist.«
    Matt seufzte. »Das wäre eine gute Idee - wenn London nicht so verdammt groß wäre. Wir bräuchten schon ein Fluggerät wie eine

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