254 - Das Nest
Roziere, um diese Stecknadel im Heuhaufen zu finden.«
»Welche Stecknadel? In welchem Heuhaufen?«
Matt grinste. »Eine alte Redensart für eine schier aussichtslose Suche.«
»Hast du eine andere Idee?« Die Barbarin sah herausfordernd zu ihm auf. Sie steckte das Schwert in ihre Rückenkralle.
»Ich habe mit dem Gedanken gespielt, die Lords um Unterstützung zu bitten. Letztes Mal waren sie eine große Hilfe, als wir Rulfan befreien wollten.«
Aruula verzog das Gesicht. »Letztes Mal gab es für sie auch etwas zu holen. Sie dachten, sie könnten den EWAT erbeuten«, erinnerte ihn die Kriegerin. »Aber dass sie Rulfan aus reiner Menschenliebe helfen werden, glaube ich nicht. Außerdem liegt ihr Dorf ein gutes Stück außerhalb. Wir würden viel Zeit verlieren.«
Matt musste ihr recht geben. »Also gut. Suchen wir weiter nach Spuren, bis es dunkel wird. Danach halten wir nach Lichtern Ausschau.« Vielleicht konnte er ja mit dem Binokular von einem höheren Baum oder Gebäude aus etwas entdecken.
Es dämmerte bereits, als Matt endlich auf eine brauchbare Spur stieß. Sie befanden sich nahe der Überreste des Buxton Memorial Fountain. Von dem Denkmal standen nur noch sechs dünne Säulen und einige Spitzbogen. Das goldene Kreuz auf seiner Spitze war verschwunden. Matt erinnerte sich dunkel, dass dieses Denkmal im ehemaligen Victoria Tower Garden irgendetwas mit der Sklavenbefreiung zu tun hatte.
»Sieh dir das an.« Er wies auf einen Abdruck, der auf einem Stück getrocknetem Boden zu sehen war. »Sieht aus wie die Kettenspur eines EWATs.« Da außer den Technos niemand in der Lage war, einen Flugpanzer zu bedienen, war für Matt klar, dass sie hier eine Spur der Demokraten gefunden hatten.
»In welche Richtung folgen wir ihr?« Aruula brach ein Stück der aufgeworfenen Kruste mit der Stiefelspitze ab, und Chira schnüffelte daran.
»Von der Stadt weg«, entschied Matt. »Ich denke, dass die Taratzen in der Innenstadt noch immer dominieren. Vermutlich haben sie den Bunker unter der zerstörten Kuppel besetzt.«
Aruula nickte zustimmend. »Dann los.« Sie lief zurück zu den in einer Ruine untergestellten X-Quads. Matt folgte ihr.
***
London, Chelsea, Ruinendorf der Lords
Der Klang der Trommeln erfüllte die Dunkelheit. Grandlord Paacival stand ein Stück abseits und beobachtete den zuckenden Körper von Druud Alizan. Unter dem Licht des Feuers und der erblühenden Sterne tanzte der alte Schamane einen wilden Reigen. Er hatte sich zwei junge Frauen zur Hilfe genommen, die ihm hin und wieder Wasser reichten und ihm einige der Utensilien gaben, die er brauchte, um mit den Göttern zu sprechen. Knochen waren dabei, kleine, mit Schlangenhaut bespannte Trommeln, knöcherne Flöten und ein lederner Sack mit seltsam geformten Steinen darin.
Die Blicke von Paacival - und den meisten umstehenden Littlelords und Biglords des Dorfes - lagen vornehmlich nicht auf dem ekstatisch hüpfenden Greis, sondern auf den nackten Brüsten der Frauen, die im Schein des Feuers schimmerten.
Der Grandlord betrachtete die Rothaarige und die Blondgelockte voller Sehnsucht. Es war lange her, dass er bei einem Weib gelegen hatte.
Der Druud begann hohe, spitze Schreie auszustoßen, wie er es zu tun pflegte, wenn er den Göttern immer näher kam. Gleich würde er mit hohler Stimme deren Ratschläge und Warnungen verkünden. Paacival war sicher, dass es dieses Mal keine guten Neuigkeiten geben würde. Der Druud war in schlechter Stimmung, und immer wenn der Druud verärgert war, waren es auch die Götter.
Paacival wagte es nicht, das laut auszusprechen, doch in seiner Hütte - und den Hütten der meisten anderen Lords - war es kein Geheimnis, dass Alizan nicht wirklich begabt war. Er war es nie gewesen, auch nicht in jungen Jahren.
Mit Sehnsucht dachte der Lord an die schöne Twaysi zurück. Ein Weib, das wie eine Flamme in der Nacht brannte. Im Gegensatz zum Rest des Stammes hatte sie das »R« aussprechen können. Sie war klug gewesen, aber nicht klug genug, ihren Mund zu halten. Und weil sie noch dazu in den Gedanken der anderen lauschen konnte, hatte man sie auf Geheiß von Druud Alizan - also auf Geheiß der Götter - den Taratzen ausgeliefert. Noch heute bedauerte Paacival diese Entscheidung, und er verachtete den Druud seit diesem Tag noch mehr. Doch er wagte es ebenso wenig wie alle anderen, gegen den hageren Alten aufzubegehren.
Der Druud stand nun genau vor dem Feuer. Meterhoch schlugen hinter ihm die Flammen in die
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