254 - Das Nest
sank dramatisch auf die Knie.
»Jetzt isses wida so weit«, murmelte Paacival. »Jetzt hatta was Böses gesehen.«
»Des Unheil naht! Unsichtbawe Schatten! Sie wäaden kommen!«
Paacival schüttelte den bulligen Kopf mit den langen Haaren.
Matt lief ein Schauer über den Rücken. »Paacival… Wir müssen mit dir noch über etwas anderes reden.«
Paacival wies auf den Druiden, der sich eben von seinen Begleiterinnen auf die Beine helfen ließ. »Gehen wia in mein Home zuwück. De Show is voabei.«
Matt und Aruula folgten ihm durch die Menge. Die Blicke der anderen Lords begleiteten sie voller Neugier, doch niemand sprach sie an oder hielt sie auf.
Zurück in Paacivals Unterkunft, berichtete Matt von den Erlebnissen auf Guernsey. Die Stirn des Grandlords kräuselte sich besorgt.
»Hast du von einer solchen Krankheit schon einmal gehört?«, fragte Matt.
Paacival starrte in die Flammen des kleinen Feuers. »Nee, Maddwax. Wiaklich nich. Und se wuaden zu Stein ?«
Aruula nickte. »Ja, sie fühlten sich an wie Statuen der Alten.«
Der Lord schüttelte den Kopf. »Des klingt nach einem Weak von de Oaguudoo! Bessa, mia sagen des dem Dwuud net, de hält euch sonst füa Unglücksbwinga!«
Der Commander seufzte. »Also gut. Wir warten dein Gespräch mit den anderen Lords und dem Druiden ab. Aber lange können wir uns nicht mehr aufhalten. Rulfan braucht uns.«
Paacival nickte. Er legte Matt die Hand auf den Arm. »Kannst dich auf mich vealassen, Maddwax.«
***
London, nahe Westminster Station
Rulfan verharrte und sog den modrigen Geruch der Abwasserröhre tief in sich ein. Er stand an einem Übergang zu den U-Bahn-Tunneln. Bald würde er wieder in den Bereich kommen, der nach Taratzen stank.
Der Albino schloss die Augen und dachte an sein Gespräch mit Traysi zurück. Die Lord-Hexe tat ihm leid, gleichzeitig ängstigte ihn ihr Wahnsinn. Sollte er Hrrney wirklich ihre Botschaft überbringen?
Ich habe keine Wahl. Chira ist für mich in die Hölle gekommen. Und jetzt kehre ich zu ihr zurück.
Rulfan ging weiter, hinein in das unterirdische Reich der Riesenratten. Es dauerte nicht lange, bis der vertraute Gestank ihn umwehte. Zwei Taratzen ergriffen ihn unsanft, durchsuchten ihn nach versteckten Waffen und führten ihn zu Hrrney. Rulfan war wieder einmal erstaunt darüber, dass sie ihn nicht gleich zerrissen und auffraßen. Was das betraf, hatte Hrrney sein Rudel gut im Griff.
Der Taratzenkönig thronte am Feuer auf einem zerschlissenen, barock anmutenden Samtsessel. Das Möbelstück hatte seinerzeit sicher als Couch für zwei Personen gedient. Für Hrrney war es kaum mehr als ein Hocker. Der König sah den Albino aus seinen bösartigen kleinen Augen herausfordernd an. »Warrsst bei Trrayssi?«
Rulfan nickte. »Ja, ich war bei Traysi. Aber ehe ich dir ihre Nachricht überbringe, lässt du meine Lupa frei.«
Hrrney fletschte die Zähne. »Lupa bleibt angebunden! Lupa beissst!«
»Sie trägt einen Maulkorb«, erinnerte ihn Rulfan. Er wägte ab, ob eine Flucht möglich war, sobald Chira von der Eisenkette losgemacht würde. Die beiden Taratzen an seiner Seite hielten seine Arme fest umklammert. Vielleicht konnte er mit ihnen fertig werden. Aber Chira musste abgekettet sein.
»Lupa bleibt an derr Kette!« Hrrneys Pranken lagen auf den Lehnen des roten Sessels. Er beugte sich ein Stück mit dem Oberkörper vor. »Und jetzzt errzähl, Rrulfan!«
»Mach Chira los!«
»Chirra kommt mit dirr frrei! Wenn du mirr gessagt hasst, wass ich wisssen will!«
Rulfan schluckte. Ob Hrrney diese Zusage ernst meinte? Einer Taratze konnte man nicht vertrauen, ganz gleich wie intelligent sie war.
Der Taratzenkönig beugte sich noch weiter vor. »Wass ssagt Trrayssi? Wass will die entsstellte Göttin?«
Rulfan begegnete Hrrneys Blick ohne zu blinzeln. »Sie will die Köpfe zweier Lords auf einem silbernem Tablett: den des Druiden, und den von Grandlord Paacival. Und sie möchte, dass du, Hrrney, dich vor all deinen Taratzen auf Knien bei ihr entschuldigst.«
Mehrere Lidschläge herrschte im Nest absolute Ruhe. Dann kam langsam Bewegung in die Taratzen um Hrrney herum. Sie wichen zurück! Rulfan bemerkte verblüfft, dass ihn die beiden Wächtertaratzen, die ihn hielten, unvermittelt losließen. Er musste nur einen Blick in Hrrneys Fratze werfen, um zu wissen, warum. So sieht jemand aus, der jeden Moment einen Tobsuchtsanfall bekommt …
Hrrney sprang auf, packte Rulfan und schüttelte ihn wie eine Stoffpuppe. Der Albino
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