2542 - Perry Rhodan - Shandas Visionen
eigenartiges Schweben
zwischen Wachsein und Bewusstlosigkeit. Shanda fühlte sich elend und hilflos.
Der Ton wurde schrill, er steigerte
sich zum unangenehmen Vibrieren. Ihr
Schädel schien in diesen heftigen
Schwingungen zerspringen zu wollen.
Jäh tauchte Shanda Sarmotte aus
dem Nichts empor, hinein in eine verwirrende Fülle der unterschiedlichsten
Wahrnehmungen.
Alles in ihr sträubte sich gegen das
Gefühl, rasend schnell herumgewirbelt zu werden. Brennende Übelkeit
stieg aus ihrem Magen auf – und zugleich stürmten verzerrte Stimmen auf
sie ein. Shanda verstand nicht, was
diese Stimmen sagten, ob sie überhaupt zu ihr redeten. Sie achtete auch
schon nicht mehr darauf, denn sie
würgte ... wimmerte ...
Zugleich bemerkte sie die Schatten
über ihr. Eine grässliche Fratze senkte
sich aus der Höhe herab.
Shanda keuchte. Versuchte, die bedrohliche Gestalt abzuwehren. Aber
sie schaffte es nicht, die Arme hochzureißen, irgendetwas hielt sie gnadenlos
fest.
»Versuch wenigstens, gleichmäßiger
zu atmen, Kind«, sagte eine raue Stimme. »Du hyperventilierst sonst. Dir ist
nichts geschehen.«
Die Fratze wurde zum markanten
Gesicht. Üppig rote Haarpracht rahmte
es ein.
Die alte Frau, die Springerfrau, erkannte Shanda.
Ihre Erinnerung an die letzten Minuten kam zurück. Die Frau hatte sie
wohl bereits eine ganze Weile beobachtet.
Sie wollte sich aufrichten, aber da
waren die unnachgiebigen Hände wieder und drückten sie zurück.
»Du warst völlig weggetreten«, sagte
ein Mann. Mit einem pulsierenden Instrument fuhr er über ihre Stirn hinweg, dann drückte er das kühle Ding
an ihren Hals. »Kein allergischer
Schock, auch kein epileptischer Anfall. Der Bioscan zeigt lediglich einen
hohen Adrenalinausstoß – und immer
noch rasenden Puls.«
»Wie fühlst du dich, Kind?«, wollte
die Frau wissen.
Shanda nickte schwach. Im Gang
zwischen den Sitzreihen standen weitere Leute. Sie spürte deren Neugierde.
Und es gefiel ihr weiß Gott nicht, so
angestarrt zu werden.
»Hast du solche Anfälle öfter?«
Der Mann hantierte wieder mit dem
faustgroßen leuchtenden Gerät.
Es gehört zur Medoausstattung des
Busses! Irgendwann war Shanda beigebracht worden, dass diese kleinen
Scanner in lebensbedrohlichen Situationen einen Notruf aussandten. Egal
wo sich der Bus gerade befand, wenigstens ein Medoroboter würde nach
längstens sechzig Sekunden zur Stelle
sein.
Immer noch stumm, schüttelte sie
den Kopf. Sie schwitzte und blinzelte
hastig, um das Brennen aus den Augen
zu vertreiben.
Als die Springerfrau ihr mit einem
Tuch über die Stirn tupfte, versuchte
Shanda, sich wieder aufzurichten. Sie
lag auf den beiden Sitzen, und beinahe
wäre sie jetzt abgerutscht. Nur, weil
der Mann blitzschnell zugriff, stürzte
sie nicht.
»Vielleicht wäre es doch besser, den
Medodienst ...«
Shanda machte eine heftig abwehrende Bewegung. »Ist schon ... wieder
okay.«
»Bist du sicher? So einen Anfall
darfst du nicht einfach so hinnehmen.
Du warst vorübergehend nicht mehr
ansprechbar. Offenbar völlig geistesabwesend.«
»Wie in Trance«, bestätigte jemand
im Hintergrund.
»Es ist nichts, nur eine leichte
Schwäche. Zu viel Arbeit – und zu wenig Schlaf.« Shanda war froh, dass ihr
wenigstens das in den Sinn kam. Mit
beiden Händen massierte sie ihre
Schläfen. Sie spürte die Besorgnis der
Umstehenden, und das machte ihr erneut zu schaffen.
Seufzend lehnte sie sich zurück und
schaute nach draußen.
Der Bus hatte ihr Ziel beinahe erreicht. Ein Turm wie eine kolbenförmige Blüte schob sich hinter anderen
Komplexen hervor. An der Basis des
Bauwerks spreizten sich Büroetagen
ab. Für Shanda war dieses Gebäude
das Wahrzeichen des Stadtteils Estaril.
Sie wurde abgelenkt, denn die Hologramme mit der Ankündigung der
kommenden Haltestelle leuchteten
auf.
»Du siehst noch sehr mitgenommen
aus«, sagte der Mann warnend. »Ich
halte es für sinnvoll, dass du dich in
medizinische Kontrolle begibst.«
»Ich arbeite in der Pharmazie. Ist
schon in Ordnung.« Shanda wischte
sich das Haar aus der Stirn.
Nichts war in Ordnung. Zumindest
war ihre Starre eben schlimmer gewesen als nach zwei ähnlichen Situationen in den letzten Wochen. Shanda
hatte aber auch nie zuvor so intensiv
mit einem Fremden mitgelebt.
Sie atmete auf, als der Bus endlich
von der Avenida abschwebte und eine
Rampe hinaufglitt. Unmerklich bremste das Fahrzeug bis zum Stillstand
ab.
Shanda nickte dem Mann
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