257 - Die Spur der Schatten
Waldbarbaren gerichtet, stapfte Fletscher an den aus der Grube ragenden Rädern des Buggys vorbei. Er schätzte, dass die Barbaren die Fallgrube eigentlich für nachtaktives Großwild gegraben hatten. Purer Zufall wahrscheinlich, dass sie sich nun einer für sie lebensgefährlichen Beute gegenüber sahen. Selbst schuld. »Hey, Georgie, was liegst du da rum? Steh endlich auf!« Der Sergeant reagierte nicht. »Steh schon auf, Georgie! Eine kleine Asientournee wartet auf uns!«
In diesem Moment erloschen die Scheinwerfer! Und auch das Brummen des Motors erstarb.
»Verflucht!«, zischte Fletscher. Eigentlich hätte das Licht weiterhin brennen müssen; der Motor unterstützte lediglich das Aufladen der Akkumulatoren.
Nun beleuchteten nur noch die flackernden Flammen der beiden brennenden Barbaren die Szenerie. Fletscher hob das LP-Gewehr weiter an und drohte damit. »Bleibt, wo ihr seid!«
Aber die Jäger schienen die veränderte Situation eh nicht ausnutzen zu wollen. »Nix mehr Feuerspeer!«, jammerte einer von ihnen. »Bitte…!« Inzwischen knieten alle drei im Unterholz. Man verstand sie schlecht, doch ihr Idiom war eindeutig eine Abart des Englischen.
Neben dem Kopf des reglosen Buck blieb Fletscher stehen. Der lag auf der Seite und seine im Flammenschein glänzenden Augen starrten starr an Fletschers Stiefelspitze vorbei. Seine Rechte umklammerte noch den Kolben des LP-Gewehrs. Das Oberteil seines Kampfanzuges war blutgetränkt an der Seite. Er lag auf einem Speer, dessen Schaft unter seiner linken Schulter hervorragte. Vermutlich hatte der Speer ihm das Herz durchbohrt, kaum dass er sich am Rand der Fallgrube gezeigt hatte, und vermutlich hatte er sterbend das Feuer eröffnet. Vielleicht schon halb bewusstlos, vielleicht sogar aus Versehen.
»Shit!« Fletscher zog den Rotz hoch und spuckte aus. Er hob das Laser-Phasen-Gewehr und zielte auf den ersten der drei Waldwilden. Der Major war entschlossen, sie alle drei zu töten.
»Nix schießen! Bitte, bitte…!« Mit dem Gesicht voran warfen die Jäger sich in den Dreck und verschränkten die Arme über ihren Köpfen. Sie heulten und jammerten.
Vergeblich - Robin Fletscher war ein harter Mann. Nicht einmal ein Communitymitglied hätte er in einer solchen Situation geschont; und Barbaren glichen in seinen Augen eher gefräßigen Taratzen. So war Fletscher eben. Er drückte ab.
Nichts tat sich.
Er drückte erneut auf den Auslöser. Wieder nichts.
Er schielte auf das Display an der kleinen Kugel über dem Kolben der Waffe - die LED-Leuchten dort waren erloschen.
Der Mikro-Reaktor in der schwarzen Kugel lieferte keine Energie mehr, war genauso tot wie die Scheinwerfer und der Motor!
Und wie er selbst in wenigen Sekunden. Denn die halbnackten Jäger richteten sich nacheinander auf…
***
24. November 2525
Früh am Morgen war es noch, und die obligatorischen Nebelschwaden verhüllten die Burg und die Welt ringsum. Der Dunst reichte den Pferdemutanten teilweise bis zu den Nüstern, als die kleine Gruppe kurz vor Sonnenaufgang die Zugbrücke überquerte und den Reitweg nahm, der direkt nach Norden in die Wälder führte. Die Bäume, knapp hundert Meter entfernt, ragten aus dem Nebelmeer hervor wie eine gezahnte Klippe.
Matthew Drax sog tief die kühle feuchte Luft ein. Rulfan auf dem schwarzen Pferdemutanten neben ihm - Horseys nannte man die schuppigen und teilweise sogar gehörnten Reittiere - hatte noch kein Wort gesprochen seit dem Frühstück. Genau wie er. Chira hatte Matt schon seit Tagen nicht mehr gesehen; sie trieb sich immer öfter und länger mit dem Luparudel in den Wäldern herum.
Die Frauen hielten ihre Tiere an, die beiden Reiter der Vorhut ebenfalls. Die in weißen Pelz gehüllte Nimuee, die neben Aruula ritt, wandte sich um und winkte zurück zur Burg. Auch Matt drehte sich im Sattel. Auf der Wehrmauer über dem Burgtor standen drei Männer in langen schwarzen Mänteln: Jed Stuart, sein Heiler Cris Crump und Jeds Vertrauter und Leibgardist Patric Pancis.
Matt Drax grüßte flüchtig zurück und Rulfan reckte den Daumen hoch. Für Matt und Aruula war es ein Abschied auf längere Zeit, während Rulfan im Land blieb, auf seiner eigenen kleinen Burg, die Jed ihm überlassen hatte und zu der sie jetzt unterwegs waren. In den letzten Tagen hatten sie gemeinsam geholfen, erste notwendige Arbeiten an dem Gemäuer durchzuführen, bis Jed Hilfskräfte organisiert hatte, die sich weiter darum kümmerten.
Gestern Abend dann hatte Jed Stuart zu einem
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